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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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woll-verrückten Herde vor. Irgendwann stoppte River von sich aus, warf sich in Pose und verkündete, er würde nun den Bergkamm mit dem Fernglas absuchen und versuchen, den bislang wenig zeigefreudigen Bären vor die Linse zu bekommen. Ich sah nur meinen Mann an und verdrehte die Augen.
    »Wen juckt das aus dieser Entfernung?«, fragte ich ihn. Tim erhob sich halb von seinem Sitz. »Komm, ich hole dir ein Walkie-Talkie.«
    Die acht Stunden krochen dahin - in einer Geschwindigkeit, die ich mir gelegentlich von Tim wünschte, wenn er vom Highway auf die Ausfahrt bog. Die Lunchbox machte es auch nicht besser. Beim Verlassen des Busses ließ ich eine Limonadendose auf meinem Sitz liegen, worauf Tim noch einmal zurückging. »Das ist kein Flugzeug«, tadelte er. »Ehrlich? Beim Mittagessen ist mir aber kein Unterschied aufgefallen.« Doch Denali hielt noch weitere Würdelosigkeiten für uns bereit. Als wir ausstiegen, entschuldigte sich River (der, wenn er während der Nebensaison in irgendeinem anderen Bundesstaat arbeitete,
bestimmt Bernie hieß, ätzte Tim) für die geringe Zahl an Tieren, die wir gesehen hatten.
    »Ich glaube, die Erkenntnis, die Sie aus diesem Tag mitnehmen sollten«, erklärte er uns, »ist folgende: Viel wichtiger als das, was wir gesehen haben, ist das, was wir nicht gesehen haben: Einkaufsmeilen, Cafés, Restaurants und …« Die restlichen Worte gingen im tosenden Applaus der Anwesenden unter - dem sich alle anschlossen außer uns. Als könnten Walter und Edna auch nur einen weiteren Tag ohne all das leben .
    Doch an irgendeinem Punkt dieses denkwürdigen Ausflugs musste ich feststellen, dass ich keine Angst gehabt hatte. Nicht ein einziges Mal. Wie war das möglich? Im Vergleich zu unserem Prevost war der Parkverwaltungsbus der reinste Albtraum gewesen, auch ohne Walter und Edna. Woran lag es dann? Die Fahrt in diesem Schulbus war zweifellos unbequemer gewesen. Und dank all der anderen Fahrgäste auch wesentlich lauter. Nur … der Lärm war anders gewesen. Es gab kein … Schlagartig begriff ich, dass meine Bus-Phobie des letzten Jahres nicht nur mit zusammengebissenen Zähnen und abgekauten Fingernägeln zu tun hatte. In Wahrheit ging es gar nie darum, von der Straße abzukommen, es ging nicht um Leben und Tod, sondern um den potenziellen Verlust von Dingen . Wann immer etwas in unserem Bus krachte, polterte oder schepperte, erinnerte es mich an all das, was wir hineingesteckt hatten. Dabei hatte ich das allerwichtigste »Ding« vergessen: uns.
    Der Brand und der bewaffnete Überfall hatten mich erkennen lassen, wie wichtig Dinge in meinem Leben geworden waren. Die Tatsache, dass ich ein ganzes Jahr praktisch rund um die Uhr mit Tim zusammen war, dass ich all
die netten Menschen wiedertraf, zu denen wir nahezu den Kontakt verloren hatten, unterstrich nur noch, was wichtig im Leben sein sollte. Als ich endlich begriffen hatte, dass ich nur Angst um unseren Bus und all die Besitztümer darin hatte, gelang es mir, die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken: Es ist völlig in Ordnung, Sachen zu mögen (wer will all das schon aufgeben und wie ein Mönch leben? Ich bin sicher, selbst Richard Gere wohnt in einem hübschen Haus), solange man nicht vergisst, Gefühle und Erfahrungen, die Familie, Freunde und sich selbst vor all das zu setzen.
    Das Leben im Bus ließ mich erkennen, wie wenige Dinge ich in Wahrheit brauchte und was ich wirklich wertzuschätzen wusste. Ich hatte nicht mitbekommen, wie wichtig mir meine Besitztümer geworden waren, bis ich mich vom Großteil von ihnen verabschiedet und alles andere zu verlieren riskiert hatte - durch ein Leben in einem Bus. Und Risiko, so stellte sich heraus, war genau das, was ich brauchte. Es mag sich zwar sicherer anfühlen, sich mit der Masse treiben zu lassen (selbst in einem alten, heruntergekommenen Schulbus), viel befriedigender ist es aber, sich allein hinauszuwagen, seine eigene Richtung festzulegen und eigene Erfahrungen zu machen.
    Mir war nie klar gewesen, wie wichtig es ist, sich zu bemühen und sich ständig neuen Herausforderungen zu stellen. Meine Arbeit und mein Leben waren zur Gewohnheit, zur Routine geworden, wenn auch einer angenehmen. Ich dachte, ich hätte alles, was ich mir je gewünscht hatte. Da ist der Grund, weshalb ich mich am Anfang so vehement gegen diese Bus-Geschichte gesträubt habe. Doch mit einem Leben auf gut dreißig Quadratmetern Wohnfläche - besonders angesichts der damit verbundenen
Prüfungen und

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