Eine Frau - Ein Bus
waren, sondern auch kleinere, scheinbar unwichtigere Dinge. Welchen Sinn soll es beispielsweise haben, Toilettenrollen in den Halter zu geben? Toilettenpapier ist doch nichts, was ein Jahr lang halten würde oder so. Schon bald muss man eine neue Rolle einlegen. Wieso sie also nicht irgendwo liegen lassen, wo man sie griffbereit hat, wie zum Beispiel oben auf der Wasserspülung? Jahrelang hatte Tim vergeblich versucht, es auszusitzen, aber bei jeder neuen Rolle hatte er irgendwann aufgegeben und sie selbst in den Halter gesteckt. Zu diesem Zeitpunkt war die Rolle jedoch jedesmal bereits halb leer, was meiner Auffassung nach seinen lächerlichen Versuch, sie in den Halter zu geben, nur noch sinnloser machte.
Grundsätzlich bedeutete das Leben in einem Bus, dass man ihn sauber halten muss: Wann immer uns zum Aufbruch bereit machten, gab es irgendetwas, was in den Schränken verstaut werden musste, um zu verhindern, dass es bei einem Unfall zum potenziellen Projektil wurde. Geschirr, Besteck, Zeitungen, Bücher - alles musste weggeräumt werden. Zum ersten Mal in unserem gemeinsamen
Leben schufen wir eine Art Umgebung, nach der Tim sich gesehnt hatte, seit wir eine Bleibe teilten.
Irgendwann nach unserem ersten Rendezvous, das eigentlich keines sein sollte, besuchte ich Tim in seiner Junggesellenbude. Ich dachte, ich stünde in einem Möbelkatalog, und konnte kaum fassen, dass hier ernsthaft jemand lebte. Führte er mich schon wieder hinters Licht? Der Teppich sah aus, als wäre er mit dem Kamm frisiert worden, und ein ordentlicher Stapel Coffeetable-Bücher lag auf dem Couchtisch(!). Die Arbeitsflächen in der Küche waren leer. Hätte er einen Hund, läge garantiert ein Kauknochen auf dem Kissen in seiner Schlafstätte, jede Wette. Ich hatte Angst, irgendetwas anzufassen. Bestimmt stand ich mitten in einer Filmkulisse. Nun lebte ich selbst in einer Art Heim aus dem Katalog, und was noch viel unglaublicher war, einem mobilen.
Miles hatte zwar weder ein Kissen noch einen Knochen drauf, und Morty interessierte all das sowieso nicht. Beide Katzen schliefen nachts bei uns im Bett (und Shula verbrachte meistens auch die Tage dort, wenn wir nicht unterwegs waren), wobei Morty morgens ins »Hundebett« umzog, wenn wir aufstanden. »Ist das nicht nett von Miles, Morty in seinem Bett schlafen zu lassen?«, meinte Tim oft. Genau. Wie sein Bruder kapierte auch Miles den Begriff »Hundebett« nicht so recht. Oder vielleicht ging es Miles, so wie seinem Vater, hauptsächlich um die kleinen Freuden im Leben: Es war völlig ausreichend, eine Schüssel mit etwas Essbarem und ein hübsches Plätzchen zum Ausruhen zu haben, während man umgeben von den Menschen war, die einen liebten. Wieso mehr verlangen?
Von diesen beiden konnte ich eine Menge lernen.
Kapitel Acht
Florida, wir kommen!
Ein Hoch auf die Sezession!
4 Teile Wodka
3 Teile Guavensaft
1½ Teile Himbeerlikör
Frische Limone
Zutaten in einen Mixer geben. Beim Trinken eine eigene Flagge entwerfen und sich einen griffigen Staatennamen überlegen. Trinken. So lange wiederholen bis zur völligen Kapitulation vor unsichtbaren Eindringlingen oder dem harten, kalten Fußboden.
E s war Zeit für einen Ölwechsel.
Für normale Menschen wäre das nichts Weltbewegendes. Doch ich hatte jede Menge Erfahrungswerte mit Ölwechseln, besser gesagt, mit Tim, der sie erledigte. Ja, Tim. Ölwechsel sind viel zu banal (theoretisch) und deshalb unterhalb der Würde eines Allround-Freaks.
Auf meinem Ehemann scheint ein Ölwechselfluch zu liegen. Auch wenn die Erklärungen, weshalb etwas schiefläuft, variieren, gibt es eine einzige Konstante: Sie sind
mir allesamt völlig unbegreiflich. Die Ölablassschraube klemmt, nachdem sie vom Letzten, der das Öl gewechselt hat, zu fest angezogen wurde. Dies macht einen Gang in den Eisenwarenhandel erforderlich - oh Gott, wie grauenhaft! -, um einen speziellen Steckaufsatz (was auch immer das sein mag) für den Rätschenschlüssel (dito) zu besorgen, mit dem er die festgefressene, mit einer Mutter fixierte (hey, ich erfinde das nicht!) Schraube lösen kann. Natürlich war mein Ehemann niemals dieser geheimnisvolle »Letzte«, der, wie sich herausstellen sollte, in punkto Einfalt nur deshalb nachstand, weil ich darauf bestanden hatte, einen Wartungsvertrag abzuschließen und dann die Stirn besaß, ihn auch noch in Anspruch zu nehmen. Kein Wunder, dass wir grundsätzlich mehrere Autos brauchten: Tim musste eines haben, an dem er nicht gerade
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