Eine Frau für Caracas
machen, Gerdachen ! Nicht für Geld und nicht für gute Worte! Christine habe ich dir wegengagiert...«
» Laß diese dummen Witze, Werner!« rief sie energisch, »was soll das heißen? Du wirst doch nicht so unverschämt sein und dem armen Mädel den Kopf verdreht haben, daß sie etwa mit dir nach Caracas geht, um dir deine verlotterte Wirtschaft zu führen!«
»Genau das, mein Herzchen! Ich heirate sie nämlich.«
Sekundenlang blieb es im Apparat still, nur das Knacken und Rauschen in der Leitung war vernehmbar.
»Heda!« sagte Werner, »hast du abgehängt? Oder bist du in Ohnmacht gefallen?«
»Werner!« kam es beschwörend aus dem Apparat, »du bist verrückt! Das kannst du doch nicht machen! Das ist doch nicht möglich! Das kannst du uns doch nicht antun!!«
»Wem nicht antun?« fragte er, »dir...?«
»Einen Augenblick«, stöhnte Gerda, »ich gebe Lothar den Apparat... Warte noch eine Sekunde!«
Er sah genau vor sich, was sich am anderen Ende des Drahtes abspielte. Er sah Gerda, die die Membrane mit der freien Hand bedeckte und auf Dyrenhoff einredete, und er sah, wie Dyrenhoff die Brille auf die Stirn schob, Gerda anblinzelte, die Brille mit einer Muskelbewegung der Stirnhaut wieder auf die Nase fallen ließ, Gerda den Hörer abnahm und »Hallo, Werner!« rief.
»Hallo, Lothar! Was macht dein Herz? Sei vorsichtig! Ruhig durchatmen...!«
»Halt die Luft an, du Idiot!« sagte Dyrenhoff herzlich, »wo willst du dich trauen lassen?«
»Donnerwetter«, staunte Werner, »du trägst den Schlag aber mit Fassung!«
»Ich gratuliere dir von Herzen, Werner! Eine bessere Frau als Christine hättest du nie finden können! Moment! Moment!« aber das galt nicht Werner, sondern Gerda, die ihm den Hörer aus der Hand reißen wollte.
»Wo wollt ihr also heiraten, hier oder in Engling ?«
»Das will ich Christine überlassen. Auf jeden Fall so rasch wie möglich!«
»Dann melde ich mich jetzt schon als Trauzeuge an!«
»Danke, Lothar... Du bist ein feiner Kerl...!«
»Warte, ich gebe dir Gerda noch einmal an den Apparat.«
»Na, Gerdachen ?« fragte Werner, »hast du den ersten Schock überstanden?«
»Noch nicht ganz«, erwiderte sie, »aber es ist nicht der Schrecken darüber, daß du Christine heiratest, sondern daß du sie mir wegnimmst! Grüß Christine von mir und von uns allen und sag ihr, daß sie uns als deine Frau herzlich willkommen ist.«
»Schönen Dank, Gerda, ich will es ihr ausrichten. — Und jetzt noch einen Bonbon nach dem Schrecken. Christine war bei dem Gedanken, daß du jetzt ohne sie auskommen sollst, so verstört, daß sie das ganze Dorf abgeklappert hat, bis sie ein Mädel fand, das gern an ihrer Stelle zu dir kommen möchte. Sie heißt Steffi und ist achtzehn Jahre alt. Ein nettes Ding. Die Eltern haben ganz in der Nähe von Engling einen kleinen Hof. Ich habe mir das Mädel angesehen und meine, daß sie dir Christine bald ersetzen wird...«
»Christine ersetzen? Einen Ersatz für Christine gibt es nicht!« sagte Gerda mutlos.
»Siehst du, mein Herzchen«, sagte er, »genau das gleiche habe ich mir auch gesagt!«
ENDE
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