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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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Fast jede hält sich für eine Ausnahme und meint, gerade ihr Mutterauge habe keine trübe Linse und sei nicht mit Blindheit geschlagen.
    Und wenn einmal das Bild, das sich die Mama vom Kind macht, mit der Realität so wenig übereinstimmt, dass das sogar der Mama auffallen muss, sucht die gute Frau Gründe für das kindliche »Fehlverhalten«, die das schöne Bild vom Sproß möglichst wenig ramponieren.
    Warum das – laut Mama – hochbegabte Kind die Klasse wiederholt? Na, so »verspielt« ist es! Oder an anderen interessanten, aber außerschulischen Problemen mehr interessiert. »Stinkfaul« ist auch eine Möglichkeit, denn faul sein ist in unserer Gesellschaft ein geringerer Makel als minder begabt sein!
    Wo es um künstlerisches Talent oder Schönheit geht, braucht es keine mütterlichen Zusatzerklärungen, denn ob eine große Nase oder ein gekleckstes Gemälde von Schönheit beziehungsweise Talent zeugt, ist Geschmackssache und unterliegt keinen gültigen Regeln. Und wenn es um das gute »Herzerl« geht, lassen sich im Konfliktfall leicht böse, verführende Freunde ins Feld führen, die das Kind nicht so gut und edel sein lassen, wie es seiner Natur entspräche.
    Aber schelten wir das kurzsichtige Mutterauge nicht, denn letztlich ist es nämlich sehr »weitsichtig« und verschafft dem Kind, was jedes Kind braucht, um zu einem unverzagten, lebensfrohen, optimistischen Menschen heranzuwachsen, nämlich: die Sicherheit, dass es wenigstens einen Menschen auf der Welt gibt, der es für schön, klug und gut hält!
    Davon wird ein Kind zwar weder schön noch klug oder gut, aber es ist wenigstens ein fester Grundstein dafür, dass man im Leben nicht unglücklich wird.
Sandwich – menschlicher Art!
    Psychologen kennen das »Sandwich-Kind«. Es ist das mittlere von drei Geschwistern und arm dran, denn es bekommt zu wenig Zuwendung von den Eltern, die sich mehr um das »große« und das »kleine« Kind kümmern. Und so fristet das »mittlere«, zwischen oberer und unterer Brotschnitte, ein Dasein im Verborgenen; dabei weiß ja jeder, dass der Belag das Köstliche am Sandwich ist! (Bei Familien mit 5, 7 oder 9 Kindern tritt der Sandwich-Effekt nicht ein, obwohl es auch ein »mittleres« gibt. Wahrscheinlich deshalb, weil bei so großer Kinderschar nimmer leicht auszumachen ist, wem etwas mehr elterliche Zuwendung zuteil wird.)
    Trägt man diese Sandwich-Theorie einem »mittleren« Kind (ganz gleich, welchen Alters) vor, bekommt man heftige Zustimmung. Da können siebzigjährige Damen – immer noch weidwund – Erinnerungen vorbringen, die von liebloser Vernachlässigung zeugen!
    Ja, ja, die große Schwester war immer die Kluge und Vernünftige, die dauernd gelobt wurde! Und der kleine Bruder war der verhätschelte Darling, dem man alles durchgehen ließ!
    Anders hört sich das an, wenn man »große« und »kleine« Geschwister fragt. Erstgeborene behaupten, sie seien die ärmsten in der Familie gewesen!
    Enormer Leistungsdruck! Und immer hieß es: »Du bist doch der (die) Große! Gib nach, sei vernünftig!« Versuchskaninchen für elterliche Erzie hungwaren sie zudem. Bei den Nachkommenden sei die Mama schon viel lockerer mit Ge- und Verboten gewesen! Manch erwachsene Frau kann heute noch vor Wut beben, wenn sie daran denkt, dass sie mit 16 Jahren um 9 Uhr abends daheim zu sein hatte, ihren Geschwistern aber – Jahre später – im gleichen Alter Ausgang bis 11 Uhr gestattet war!
    Und die »Kleinen«? Na, die beklagen sich, dass sie von den zwei größeren unentwegt schikaniert wurden und die vermehrte elterliche Zuwendung, die ihnen eher lästig als angenehm war, mit sadistischen Akten der Geschwister zu bezahlen hatten.
    Und in schöner Einigkeit sind sich »Große« und »Kleine« ganz sicher, dass ihr »Sandwich-Geschwister« das beste Kinderleben hatte, weil es sich ungestört ganz nach eigenen Vorstellungen und Zielen entwickeln durfte. »So sei doch froh, dass sie dich in Frieden gelassen haben«, schnauzen obere und untere Brotschnitte vergrämt den Belag an!
    Einzig möglicher Schluss daraus: Kind zu sein ist so schwierig, dass jeder Mensch sein Kindheitslos für das härteste hält!
Ein Platz im Mutterherzen!
    In alten Lustspielen und noch älteren Witzen ist es gern die Schwiegermutter, die dem Manne das Leben schwermacht, weil sie meint, ihre Tochter hätte sich »was Besseres als den Kerl« verdient!
    Mag sein, dass es früher Schwiegermütter dieser Art gab, aber wenn man sich heutzutage bei Müttern

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