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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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meisten Fällen – abgesehen vom Mangel an liebenswerten Bezugspersonen und positiven Vorbildern – auch eine ganz gewaltige Einbuße an kindlichem Lebensstandard.
    Nehmen wir zum Beispiel das Osterfest: Zu einem Einzelkinder-Kind kommen im Höchstfall drei Osterhasen; ein elterlicher, zwei großelterliche. Bei einem Kind hingegen, dem die Zeugungsfreude der Großeltern viele Onkel und Tanten beschert hat, stehen Osterhasen in Spendierhosen Schlange.
    Besondere Glücksfälle sind da natürlich die Onkel und Tanten, die selbst keinen Nachwuchs haben und ihr Quantum an Kinderliebe bei Nichten und Neffen abarbeiten.
    Da kann der »Standard« eines Kindes in der sozialen Hierarchie direkt von der Basis an die Spitze klettern.
    Wo vier Tanten und drei Onkel die modische Bekleidung eines Kindes mitfinanzieren, können geschwisterlose Papas und Mamas wirklich nicht »mithalten«.
    Dazu kommt noch, dass Onkel und Tanten meistens keinerlei erzieherische Verpflichtung fühlen, ein elterliches »Das brauchst du nicht!« augenzwinkernd mißachten und gern Wünsche erfüllen, die Papa und Mama ablehnten.
    Einziger Ausgleich für Einzelkinder-Kinder: Sie haben Großeltern, die ihnen nicht nur ihre ganze Zuneigung, sondern auch ihre gesamte »Sponsor-Tätigkeit« ungeteilt zukommen lassen können.
Lebendige Spielgefährten
    Kinder früherer Zeiten hatten’s schwer. Ihre Mamas verstanden nichts von kindlichen Seelen; woran die aber kein Eigenverschulden traf, denn kinderpsychologische Erkenntnisse waren damals noch nicht in jeder Frauenzeitschrift zu lesen. Heutzutage ist dies aber längst der Fall, und so wissen alle einsichtigen Mamas, dass Kinder »von Natur aus Chaoten sind«!
    Knirpse haben eben ein anderes Verhältnis zur Ordnung als Erwachsene. In einem einfühlsamen Artikel las ich das so: »Das Chaos, das Kinder um sich herum haben, ist für sie ein lebendiger Spielgefährte.«
    Woraus die Autorin folgert, dass man Kinder nicht zum Aufräumen drängen oder gar zwingen sollte. Der Ordnungssinn, tröstet sie, komme dann später ganz von allein.
    Nun, Kinder zum Aufräumen drängen oder zwingen sollte man wirklich nicht. Allein schon deswegen, weil man sich nur den Mund fusselig redet, gereizte Stimmung erzeugt, aber keinen Erfolg hat. Auf den tröstenden Hinweis jedoch, dass später dann der Ordnungssinn von allein komme, sollte man nicht bauen.
    Man hat schließlich schon eine Generation Kinder in dieser Hoffnung großgezogen, aber unzählige Mütter stehen Tag für Tag in Gemächern erwachsener Kinder und staunen darüber, dass das 25jährige Bubi oder das gleichaltrige Mädi noch immer so viele »lebendige Spielgefährten« hat.
    Und was für welche! Leere Cola-Dosen, volle Aschenbecher, benutzte Kaffeetassen, Staub und Altpapier. Und nach wie vorstellen sie ihren »lebendigen Spielgefährten« die ganze elterliche Wohnung zur Verfügung. Speziell das Badezimmer. Besonders gern hinterlassen sie da Spielgefährten, für die mir nur der Ausdruck »Textil-Krapfen« einfällt.
    Selbige entstehen, wenn jemand zu müde oder zu faul ist, Kleidungsstück um Kleidungsstück einzeln vom Körper zu entfernen, sondern sich des Textilen mit zwei Handgriffen entledigt; einen von der Taille abwärts, einen von der Taille aufwärts. Wodurch der eine auf dem Boden lagernde »Krapfen« (wenn wir von einem Mädi ausgehen) aus Strumpfhose, Hose und Unterhose besteht, der andere aus BH, Pulli, Bluse und Hemderl. Der Unterschied zu frühen Kindertagen liegt allerdings darin, dass die Mama nun alle »lebendigen Spielgefährten« ruhig schlachten darf.
    Heißt: in Einzelteile zerlegen, waschen, bügeln und im Kasten stapeln, damit Bubi und Mädi alle seine »Spielgefährten« wieder findet.
Mutterauge: kurzsichtig – weitsichtig!
    Hört man Mamas zu, die von ihren Kindern erzählen, kommt man aus dem Staunen nicht heraus, falls man diese Kinder kennt. Da sieht die Mama den Knirps, den man für »geistig träge« hält, als »hochintelligent«. Das Mäderl, das man wegen seines unvorteilhaften Äußeren bemitleidet, wird von seiner Mama als »Schönheit« hochgelobt, und der kleine Satan, der sich gern Fliegen vom Fliegenfänger grapscht und ihnen die Flügel ausrupft, ist in seiner Mama Augen »ein weichherziges Patscherl«.
    Vernünftige Mütter müssten eigentlich aus solchen »Anhörungen« auf sich schließen und einsehen, dass auch sie ihre Kinder nicht objektiv beurteilen. Aber kaum eine Mama schafft diesen simplen logischen Schluss.

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