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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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überreichen, aber die lehnte auch ab, hob ihren Nachwuchs hoch und strebte dem Ausgang zu.
    Die Frau saß da, mit dem tropfenden, klebrigen Lolli in der Hand, und in mir wuchs die Hoffnung, dass da ein Miterzieher »umerzogen« worden ist.
Die kleinen Prinzen
    Das Schuljahr ist jung und, was Konflikte zwischen Lehrern, Eltern und Schülern angeht, meistens noch im Stande der Unschuld. Im berühmten »Eltern-Schüler-Lehrer-Dreieck« überwiegen an allen Eckpunkten gute Vorsätze. Bloß bei Schulanfängern und deren Eltern kommt bereits oft Schul-Frust auf.
    Viele Knirpse, denen die gesamte Verwandtschaft vorgeschwärmt hat, wie schön es in der Schule sein wird, sind enttäuscht. So »lieb«, wie man ihnen erzählt hat, finden sie weder die anderen Bubis und Mädis noch die Lehrerin. Und manch Papa und Mama können gar nicht verstehen, dass ihnen die Lehrerin nicht bereits Dankesworte übermittelt hat, weil sie glücklich ist, ein so gescheites, über sein Alter hinaus reifes Kind in der Klasse zu haben.
    Besonders kleine »Prinzen« und »Prinzessinnen«, aus Familien, wo sich alles um sie dreht, vielleicht auch noch ohne Kindergarten-Erfahrung, haben es anfangs in der Schule schwer. Dass sie am Vormittag, wenn sie nimmer »Mamas Liebling« sind, nicht automatisch »Lehrers Liebling« sind, müssen sie erst verdauen. Und von anderen Kindern nicht als »Star« behandelt zu werden, sondern sich in die Gemeinschaft einzuordnen, müssen sie erst lernen. Da kann es während dieses Lernprozesses passieren, dass Prinz oder Prinzessin schreit: »Ich geh’ nimmer in die Schule, dort sind alle blöd! Die Lehrerin auch!«
    Ist leider kein Einzelfall, dass sich Eltern dann vorschnell dieser Kindesmeinung anschließen. Natürlich gibt’s ekel hafte Mitschüler. Keine Frage, es gibt auch unmögliche Lehrer! Momentane Schul-Verweigerung eines Kindes ist aber kein Beweis, dass das Kind an solche Mitschüler und einen solchen Lehrer geraten ist. Man sollte in so einer Lage eher das eigene Verhalten überdenken und, falls einem klar wird, dass man sich einen »Prinzen« oder eine »Prinzessin« herangezogen hat, darangehen, den »Star« zum »Choristen« zu machen. Manchmal reicht es schon, regelmäßig ein paar Mitschüler zum Spielen einzuladen, damit sie vom Kind akzeptiert werden. Vor allem aber – und das ist härtere Arbeit – hat man sich von den Erwartungen zu trennen, die man in sein Kind setzte.
    Ein Kind, dessen Eltern sich lauter »römische Einser« von ihm erwarten, weiß das; selbst wenn es ihm nie gesagt wird. Ist es ein Wunder, wenn dieses Kind die »böse Schule« ablehnt, die ihm nicht gibt, was es heimbringen müsste, um die Eltern zu erfreuen und der kleine »Prinz« zu bleiben?
Die Vertreibung aus dem Paradies
    Viele erwachsene Menschen, die auf eine halbwegs glückliche und halbwegs behütete Kindheit zurückblicken können, bedauern des öfteren die Vertreibung aus dem sogenannten »Paradies der Kindheit«.
    Meistens ist der erwachsene Mensch bei diesem nostalgischen Rückblick ja enorm im Irrtum. So schön, so ungetrübt, so voll Glückseligkeit, wie er das verklärt erinnert, war sein Kinderleben garantiert nicht. Aber es gibt schon Sachen, die einem unwiederbringlich verloren gegangen sind, wenn man erst einmal sich selbst verantwortlich geworden ist und seinen Mann oder seine Frau zu stehen hat. Ich, zum Beispiel, trauere Herbst für Herbst, wenn mich ungeimpfterweise Schnupfen-Husten-Heiserkeit mit erhöhter Temperatur überfällt, meinen Kinderkrankenständen nach. Zehn Jahre alt sein, einen Wollschal um den Hals gewickelt haben und die Füße in sauer riechende Essigpatschen gepackt zu drei winzigen Schlückchen Majorantee überredet werden, einen vierten Polster anfordern dürfen, »Mama, der Hals tut weh« jammern können, etwas Schöneres hat das Leben nie mehr zu bieten!
    Vor dem Fenster regnet es und der Wind heult, wer von draußen hereinkommt, ist nass und durchfroren und sagt, man könne froh sein, im warmen Bett zu liegen. Und in der Schule haben sie gerade Mathe-Schularbeit und man ist total unschuldig daran, dass man sie versäumt. Ob man Lust auf Apfelkompott hat, wird man gefragt, und jede halbe Stunde wird einem die Tuchent gewendet. Und wenn man leidend klagt, dass einem bettlägerig »fad« sei, erbarmt sich ein Familienmitglied und spielt Karten mit einem und verliert dabei aus lauter Mitleid absichtlich. Natürlich kann man auch als Erwachsener, so man sich eine nette Familie

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