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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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Übung ist! Daher folgende diskrete Hinweise:
    Das Wort »Mutter«, und ohne dieses wird ja schwerlich auszukommen sein, reimt sich bloß auf: Butter, Futter und Kutter.
    »Kutter« taugt nur für Mütter, die früher zur See gefahren sind, und mit »Butter« und »Futter« lassen sich kaum würdige, dem Anlass entsprechende Verse schmieden. Etwa:
    »Meiner lieben Mutter danke ich fürs Futter aus reiner Markenbutter«, entspricht nicht jedermutters Poesieverständnis. Beachte daher:
    Entweder »Mutter« nicht ans Zeilenende setzen, oder auf »Mütterlein« kommt auch der Anfänger bestens voran.
    »... nur du allein«
    »... Not und Pein«
    »... auf ewig dankbar sein«
    »... heute groß, früher klein«
    »... nie einsam sein«
    »... Liebe, gut und rein« und so weiter und so fort. Auch »Mutterherz« bietet eine wunderbare Möglichkeit. Aber nein! Nicht »Nerz« und auch nicht »Scherz«. Und »Sterz« schon gar nicht. »Schmerz« natürlich! Weil der Muttertag je kein Fest voll ausgelassenem Frohsinn ist, sondern eine rührselige Sache, mit mütterlichen Opfertränen im Augenwinkel und kindlicher Reueeinsicht. Und nimmt man das Herz in der Mehrzahl, kann man auf »Herzen« gut »Kerzen« tun. »Mütter, tief in euren Herzen, leuchten 1000 Opferkerzen!«
    Gefällt Ihnen nicht? Na bitte, dann wird’s eben heuer wieder eine Hortensie.
Arg überbetreut
    Kinder müssen beschützt und behütet werden, damit sie -heil an Leib und Seele – ihre Kindheit überstehen. Dieses weiß wohl jeder, doch die Vorstellungen darüber, wie das Beschützen und Behüten in der Praxis auszusehen hat, sind verschieden. Was die eine Mutter als Minimum ihrer Sorgepflicht ansieht, hält eine andere bereits für »Gluckhennenwahn«, was eine als »ausreichend betreut« versteht, verdammt eine andere als »unglaubliche Verwahrlosung«.
    Sicher ist auch, dass nicht jedes Kind das gleiche Ausmaß an Obhut und Zuwendung braucht. Oft ist die kleine Schwester selbstständiger als der große Bruder und kommt mit Problemen und Situationen zurecht, in denen der große Bruder noch immer des mütterlichen Beistandes bedarf. Sicher ist aber auch, dass sehr viele Kinder unter »Übertreibung« enorm zu leiden haben.
    »Meine Mutter macht mich noch wahnsinnig«, sagte unlängst ein zwölfjähriger Bub zu mir.
    »Gelt, sie ist ein bisserl eine Glucke«, meinte ich.
    »Was heißt da eine Glucke!«, rief er verbittert. »Sie hockt auf mir drauf und drückt mir die Luft ab!«
    Des verbitterten Knaben Mutter sagt aber immer, sie wolle nur »das Beste«. Das wollen sie alle, die lieben Überbetreuerinnen! Warum kann Frau Meier nicht einsehen, dass es lächerlich ist, einen Zwölfjährigen tagtäglich von der Schule abzuholen? Warum stopft die Frau Huber ihrer armen Tochter jeden Morgen Watte in die Ohren, obwohl die Mittelohrentzündung seit zwei Jahren vorüber ist? Warum besteht die Frau Berger darauf, jedes Kind, mit dem ihr Sohn mehr als drei Worte redet, kennen zu lernen, um zu beurteilen, ob das auch »ein Umgang« für ihr Burli sei? Und warum darf Frau Schestaks Liebling, bloß weil er einmal geniest hat, drei Wochen nicht schwimmen gehen? Und wieso kapiert Frau Eder nicht, dass es lächerlich ist, die Teenager-Tochter nur in Begleitung des großen Bruders das Theater besuchen zu lassen?
    »Man hat halt immer Angst«, erklären die Damen meistens ihr sonderliches Verhalten, welches ihre Kinder zur Verzweiflung treibt.
    Also: Angst, verehrte überbetreuende Mütter, haben andere Mütter auch um ihre Kinder. Und nicht minder! Doch mit dieser Angst muss man allein fertig werden. Sie einfach auf dem Buckel der Kinder abzuladen, ist selbstsüchtig.
    »Ich bin nur ruhig, wenn ich ihn in meiner Nähe hab«, sagt Frau Meier über ihren Sohn und kommt sich dabei noch als Gipfel der guten Mütterlichkeit vor. Sie wäre wohl arg entsetzt, wenn sie wüsste, was sich ihr Sohn so über die schöne mütterliche Nähe denkt ...
Nur ein Blick
    Frau Z. liebt ihren Sohn. Aber den Vater ihres Sohnes liebt Frau Z. überhaupt nicht, von dem hat sie sich vor zehn Jahren scheiden lassen, und richtig verheilt sind die Wunden, die er ihr zugefügt hat, noch immer nicht.
    Erst zwei Jahre alt war der Sohn, als die Scheidung ausgesprochen wurde. Sein Vater kümmert sich seither nicht um ihn, nimmt das Besuchsrecht kaum wahr, schickt höchstens zu Weihnachten und zum Geburtstag ein Paket mit unpassenden Geschenken.
    Gesehen hat Frau Z.s Sohn seinen Vater in diesen zehn Jahren

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