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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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Zustand, dann beendete ihn die Mutter durch Abschrauben des Türriegels. Diese Geschichte, so sonderlich sie ist, ist aber nur die Zuspitzung eines Morgenzustands, der in allen Familien von einiger Größe auftritt. Es gibt ja nicht nur verzweifelte Knirpse, sondern auch hartleibige Dauerhocker und Kloleser und Bauchwehkranke. Und wenn der Lokus nicht Ursache des Morgenelends ist, ist es das Bad.
    Schon eine Tochter, die das hygienische Recht wahrnimmt, zu duschen, Wimmerl auszudrücken und sie unter perfektem Make-up zu verdecken, bringt alle andern in Morgenpanik. An das schreckliche Los derer, denen satanische Bauherren das Klo ins Bad gebaut haben, will ich gar nicht denken! Warum es in Wohnungen für größere Familien nicht schon längst zwei Klos gibt und im Bad mehrere Waschbecken, ist rätselhaft, denn für alle Architekten ist das eine Selbstverständlichkeit! – Zumindest in ihren eigenen Wohnungen.
»Sei ruhig, geh spielen, Schatz!«
    Kinder, das weiß doch jeder, haben ein paar kleine Pflichten-wie Schulgang und Mistkübel ausleeren – zu erfüllen, ansonsten aber verbringen sie ihren Wachzustand spielend. Dieser kindlichen Tätigkeit gehen sie mit enorm viel Phantasie nach. Ein Stück Holz nehmen sie als Tragflügelboot und ein Waschbecken als Ozean, ein Bündel alter Socken wiegen sie als ihr Baby, ein aufgeklapptes Bilderbuch ist ihnen der Semmering-tunnel und manchmal führen sie ganz allein mit sich selbst ein dreiaktiges Vier-Personen-Stück auf. Und ganz versunken sind die lieben Kleinen in ihre phantasievollen Spiele! So ist das doch, oder? Es muss so sein, denn ich habe das schon sehr oft irgendwo gelesen und auch von vielen Leuten gehört, dass sie solche Kinder gewesen seien. Schaue ich mich allerdings in der Bekanntschaft um, muss ich das schöne Bild vom versunkenen Spielkind bezweifeln. »Geh doch spielen, Schatzi«, ist ein flehender Muttersatz, den man oft hört, und genauso oft kann man hören: »Er hat Berge von Spielsachen, aber er spielt nicht. Dauernd ist ihm fad. Er wartet nur, bis im Fernsehen das Kinderprogramm anfängt!«
    Es stimmt! Viele Kinder können nicht mehr spielen. Sie können ihre Unterhaltung nicht aktiv gestalten, sondern warten darauf, unterhalten zu werden.
    Woher sie das wohl haben, die lieben Kleinen? Vielleicht gar vom lieben Papi und der lieben Mami, die ihre Freizeit so arg kreativ vor dem Fernseher zubringen und für das liebe Kind eine Gute-Nacht-Geschichten-Platte gekauft haben, um den Anfang des Hauptabendprogramms in Ruhe und Frieden konsumieren zu können?
    Eine Verkäuferin in einem Spielzeuggeschäft erklärte mir: »Die Eltern suchen gern Spielwaren aus, mit denen sich ein Kind allein beschäftigen kann. Bietet man ihnen Gesellschaftsspiele an, haben sie gleich Angst, dass sie dann mitspielen müssten!«
    Spielen scheint für viele Eltern so viel wie »ruhigstellen« zu bedeuten. Kein Wunder, dass die Kinder das bestreiken!
Müttersorgen in den Ferien
    Um diese Jahreszeit gibt es hierzulande eine Menge Mütter, die täglich voll der guten Hoffnung des Briefträgers harren und dann tief enttäuscht allerhand Reklamematerial durchschauen und bekümmert murmeln: »Warum schreibt er (sie) denn noch immer nicht?«
    Mütter wollen immer wissen, wie es ihren Kindern geht. Haben sich die Kinder von ihnen entfernt, wollen sie es besonders dringend wissen. Das ist zu verstehen. Man macht sich schließlich Sorgen! Züge können entgleisen, in Heimen grassieren gern Infektionen, auch Heimweh ist eine schreckliche Krankheit.
    Und wenn dem Buben keiner sagt, dass er die nasse Hose ausziehen muss, dann hat er doch gleich den Schnupfen! Und wenn auf das Mädel keiner richtig aufpasst, dann verliert sie doch alles, Geld und Regenmantel, guten Mut und Zuversicht!
    Der Sohn der Frau X., der kleine Depp, hat in London eine Schallplatte gestohlen. Das hat Folgen gehabt, die kann man sich gar nicht vorstellen! Die arme brieflose Mutter durchzuckt ein eiskalter Blitz und sie denkt: »Vielleicht sitzt meiner auch schon auf einer Polizeistation!« Wäre heute endlich ein Brief von dem Kerl gekommen, wüsste die arme Mama wenigstens, dass es dem Sohn vorgestern noch gut gegangen ist. Dann wäre ihr schon ein wenig leichter.
    »Zwei Zeilen wenigstens«, klagt die arme Mama dem Papa, »könnten wir ihm doch wert sein!« Und der Papa tut dann auf Optimist und so, als wäre es ganz ausgeschlossen, dass einem Kind in der Urlaubsferne etwas zustoßen könnte, und er spricht den

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