Eine Frau sein ist kein Sport
gegründet hat, im Grippefall die Tuchent wenden lassen, um Majorantee bitten und Essigpatschen und Wollschal anfordern. Aber einen zu finden, den man ganz ernsthaft wegen der Halsschmerzen anjammern kann, ist schon schwerer. Und an die Arbeit, die man gerade erledigen würde, wäre man gesund, lässt sich überhaupt nicht denken. Vor allem aber kann sich der erwachsene Grippekranke nicht mehr als geliebter Mittelpunkt der Familie vorkommen. Und das ist es ja, was die Krankenstände der Kinderzeit so wunderschön gemacht hat.
Die Bescheidenheit der Mütter
In vielen Familien gibt es ein Problem, das früher kaum auftrat. Kinder weigern sich – oft von einem Tag auf den ändern -, die »höhere Schule« weiter zu besuchen. Das tun nicht nur Schüler mit schlechten Noten, bei denen dieses Verhalten leicht zu begreifen wäre. Auch Jugendliche mit gutem Schulerfolg erklären immer öfter: »Keinen Tag länger bringt ihr mich in diesen Tempel!« Dann fragt man in der Schule nach, »ob es etwas gegeben habe«, aber da sind keine disziplinären Schwierigkeiten, da ist kein Lehrer, mit dem das Kind auf speziellem Kriegsfuß stünde, auch bei den Mitschülern ist es nicht so unbeliebt, dass man da einen Grund für die Schulablehnung sehen könnte.
Was aber noch schlimmer ist: Der junge Mensch kann nicht sagen, was er denn lieber möchte als Schule! Er hat kein Berufsziel, für das eine andere Art von Ausbildung nötig wäre. Grundtenor des Jugendlichen in dieser Situation: Ich weiß nicht, was ich will, ich weiß nur, was ich nicht will! Das Argument, dann sei es besser, in der Schule zu bleiben, bis er wisse, was er wolle, zieht nicht. Kein Argument zieht. Je mehr der verwirrte, streikende Schüler mit Argumenten bombardiert wird, umso panischer und verzweifelter reagiert er.
Rezepte zur Behandlung von Schulverweigerern gibt es nicht. Aber Ruhe bewahren und Gelassenheit zeigen, könnte ein Ratschlag sein. Und nicht so tun, als sei die elterliche Enttäuschung nun perfekt, als gehe das Leben nicht weiter, als habe man einen Versager und Tunichtgut großgezogen. Ein ratloser junger Mensch braucht Hilfe und wenn wir ihm die nicht geben können, weil wir nicht verstehen, wo sein wirkliches Problem liegt, dann können wir wenigstens versuchen, ihn nicht in bockende, trotzende Isolation zu treiben.
Wir müssen schauen, dass ihm »Hintertürln« offen bleiben, dass der Schritt von der Schule weg, so er als falsch eingesehen wird, wieder revidiert werden kann. Manchmal, ich weiß es aus Erfahrung, genügt schon ein zweiwöchiger gemogelter Krankenstand, um eine Siebzehnjährige hinterher wieder grämig, aber doch, zum Schulgang zu bewegen.
Sagen Sie nicht, das sei bloß ein »Aufschub« und ändere die Lage nicht. Viermal aufgeschoben ist schon halb maturiert! Man wird sehr bescheiden als Mutter in diesen Zeiten!
Morgenelend vor dem Badezimmer
Eine Mutter berichtete mir, dass ihr Sohn in letzter Zeit von dem, was die Schule zu bieten hat, nicht angetan war und ihr fernbleiben wollte.
Als ein Taferlklassler – ohne die raffinierten Schwänzermöglichkeiten der reiferen Jugend – verfiel er auf die verzweifelte Idee, gleich nach dem Erwachen aufs Klo zu gehen, um sich dort einzuschließen. Weder freundliches Locken noch wildes Pochen, noch Drohungen konnten ihn zum Verlassen des Örtchens bewegen. Er rief bloß: »Ich bin noch nicht fertig!« Ein Psychologe riet zur Geduld. Man müsse, sagte er, den Grund des Schulunwillens erforschen; dann werde sich der Klotick von selber geben.
Die Mutter wäre zu dieser geduldigen Methode bereit gewesen, hätte der Knirps nicht das Klo als Zuflucht gewählt. Aber in diesem Haushalt gibt es auch noch einen Vater und zwei Töchter! Herzzerreißende, nervenzermürbende Szenen spielten sich jeden Morgen vor dem Klo ab. Der Vater, ansonsten liberaler Erzieher, ließ sich zu Morddrohungen hinreißen und die Schwestern waren willens, diese ohne Skrupel auszuführen.
Es gab einen Trick, das Kind aus dem Klo zu locken! Die Mutter rief: »Dreiviertel acht! Wir müssen gehen!« Dann imitierten alle hastige Schritte und Aufbruch. Man riss die Wohnungstür auf, schlug sie wieder zu, schlich leise zum Klo und wartete mit angehaltenem Atem, bis der getäuschte Knabe die Tür Öffnete. Dann entriss man ihm die Tür, stieß ihn ins raue Leben hinaus und stritt nun untereinander, wer in größerer »Not« und in welcher Reihenfolge das Örtchen nun zu benutzen sei.
Eine Woche währte dieser unwürdige
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