Eine Frau zum Heiraten
geschnappt und einen Flug gebucht. Kurz danach waren wir schon unterwegs.”
Als sie aufstand, musste sie ein Gähnen unterdrücken.
Erst als sie sicher war, dass Mary-Beth schlief, rief Claire im Büro an.
Da Alex jedoch nicht da war, sprach sie stattdessen mit Tim. Er sagte ihr, dass er Alex in spätestens einer Stunde zurückerwarte.
“Kannst du ihm ausrichten, er möchte mich bitte gleich anrufen?”, bat sie ihn. Den Grund dafür nannte sie ihm nicht, weil sie es nicht für richtig hielt, mit anderen über Alex’ Privatangelegenheiten zu sprechen.
Nachdem sie aufgelegt hatte, sah sie noch einmal oben nach, um sich zu vergewissern, dass ihre Besucher schliefen.
Während sie frische Handtücher ins Bad legte, überlegte sie, wie lange die drei wohl bleiben würden. Außerdem fragte sie sich fast ein wenig neidisch, wie es wohl sein mochte, jemanden wie Alex zu haben – jemanden, auf den man sich so bedingungslos verlassen konnte, dass man einfach mit zwei Kindern und ein paar Koffern das Haus verließ, weil man wusste, dass er alle Probleme für einen lösen würde.
Dann rief sie sich allerdings ins Gedächtnis, dass sie ein bisschen unfair war. Schließlich konnte kein noch so hilfsbereiter Bruder einer Frau helfen, deren Ehemann untreu war und deren Ehe in die Brüche ging. Sie hatte den verwirrten, ängstlichen Ausdruck in den Augen der kleinen Tara gesehen. Ein Onkel konnte den Vater nicht ersetzen.
Claire konnte Mary-Beth gut verstehen. Es musste eine der schlimmsten Erfahrungen für eine Frau sein, herauszufinden, dass ihr Ehemann – der Mann, den sie liebte und dem sie sich ewige Treue gelobt hatte, der Vater ihrer Kinder – mit einer anderen Frau geschlafen hatte.
Nun ging Claire nach unten, um einen Blick in ihren Kühlschrank zu werfen. Mary-Beth würde vermutlich keinen großen Appetit haben, da sie vorhin lustlos in ihrem Essen herumgestochert hatte. Die Kinder dagegen mussten etwas essen.
Claire stellte fest, dass sie einen großen Vorrat an frischem Gemüse und Obst hatte. Damit konnte sie für die beiden etwas kochen. Vielleicht half Tara ihr sogar dabei, sodass Mary-Beth ungestört mit Alex reden konnte.
Den ängstlichen Blicken nach zu schließen, die Tara ihrer Mutter zugeworfen hatte, ahnte sie vermutlich schon, dass mit ihren Eltern irgendetwas nicht stimmte.
Claire wusste aus Erfahrung, dass Kinder in dieser Hinsicht sehr feinfühlig waren und oft sich die Schuld daran gaben, wenn ihre Eltern Probleme miteinander hatten.
Plötzlich hielt sie inne, denn sie glaubte, von oben ein Geräusch gehört zu haben. Vielleicht war es das Baby, das schrie.
Als sie zur Tür ging, hörte sie draußen einen Wagen vorfahren.
Ob es Alex war? Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er gleich kommen würde. Vor Angst wurde ihr ganz flau im Magen.
Seitdem sie mit ihm geschlafen hatte, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Nun würde sie ihm zum ersten Mal gegenübertreten … Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um mich mit meinen Gefühlen zu beschäftigen, ermahnte sie sich.
Unwillkürlich verspannte sie sich, als die Küchentür geöffnet wurde und Alex hereinkam. Als er ihre ängstliche Miene sah, runzelte er die Stirn und kam sofort auf sie zu.
“Claire, was ist los?” Er streckte die Arme aus, als wollte er sie an sich ziehen.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und Claire errötete. Obwohl sie sich danach sehnte, ihm so nahe zu sein wie in der letzten Nacht, widerstand sie der Versuchung, auf ihn zuzugehen. Dabei wäre es so leicht gewesen, sich ihm in die Arme zu werfen.
Unwillkürlich betrachtete sie seinen Mund und merkte, wie ihre Lippen dabei bebten. Sie stand noch immer so sehr unter dem Eindruck des gemeinsam Erlebten, dass sie seinen Mund auf ihrem zu spüren glaubte.
“Claire …”
Sein eindringlicher Tonfall brachte sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Wieder verspannte sie sich, als sie Geräusche aus der Eingangshalle hörte.
“Alex …”, begann sie, doch es war bereits zu spät. Im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen, und Mary-Beth stürmte herein. Weinend warf sie sich ihrem Bruder in die Arme.
“Oh Alex, dem Himmel sei Dank, dass du da bist!”
“Mary-Beth?”, sagte Alex überrascht und schaute Claire über den Kopf seiner Schwester hinweg fragend an. “Was …?”
Leise verließ Claire die Küche und schloss die Tür hinter sich, damit die beiden allein sein konnten.
Da Abe nun zu schreien begann, ging sie nach oben, um ihn zu beruhigen.
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