Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Freundin zum Anbeissen

Eine Freundin zum Anbeissen

Titel: Eine Freundin zum Anbeissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
Vom Netzwerk:
kam, war nur angelehnt. Herr van Kombast zögerte. Der Lärm hörte sich gerade so schrill, verzerrt und ohrenbetäubend an, dass er einen Moment daran dachte, schnell wieder die Treppe hinunter und über die Terrasse zurück zum Grundstück Nummer 21 zu laufen.
    Er könnte sich mit einer Segelzeitschrift und einem Glas Buttermilch einen gemütlichen Nachmittag machen. Er könnte Herrn Dr. Bohne, den Hals-Nasen-Ohren-Arzt, anrufen und sich zum Squash verabreden. Er könnte sich mal wieder die Nasenhaare rasieren, ein Vollbad mit Bourbon-Vanille-Zusatz nehmen oder sich die Fußhornhäute abfeilen. Die Möglichkeiten waren vielseitig und verlockend.
    Dirk van Kombast starrte auf die angelehnte Tür, dann blickte er kurz zurück auf die Treppe. Er schüttelte den Kopf. »Ich tue es für dich, Mami«, flüsterte er. Mit einem Schritt war er bei der Tür. Er schob sie vorsichtig ein Stückchen weiter auf und spähte in das Zimmer. Was er sah, ließ seine Nasenhaare vibrieren und ihm den Mund offen stehen.
    Silvania Tepes, das Mädchen mit den altmodischen Röcken und Hüten, hing wie ein Neandertaler über einem Cello und bearbeitete es mit dem Bogen, als wollte sie das Instrument zersägen. Dakaria Tepes erkannte Dirk van Kombast zunächst nicht. Er sah nur ein Schlagzeug, über dem sich eine schwarze, stachelige Kugel in der Luft drehte. Die Stachelkugel rief »YEAH, YEAH, YEAH!« und schlug mit zwei Drumsticks aufeinander. Erst als Daka nach dem Looping mit einem WUMMS! wieder auf dem Schlagzeughocker landete, erkannte Dirk van Kombast sie. Er starrte Daka an, sein Mund stand offen, doch es kam kein Ton heraus.
    Das machte nichts. Silvania und Daka hätten den Nachbarn sowieso nicht gehört. Sie waren mitten in der Radical Rage Jam. Erst als Silvania den Kopf nach hinten warf, wobei ihr Hut auf den Fußboden flog, entdeckte sie den Nachbarn. Er stand wie eine Wachsfigur von Madame Tussaud in der Zimmertür. Silvania ließ vor Schreck den Cellobogen fallen. Das Cello verstummte.
    Daka hatte die Augen geschlossen und schlug mit voller Kraft auf das Schlagzeug ein. »Onu, zoi, trosch, boi schlappo noku mosch, BOI, BOI, BOI!«, schrie sie dabei.
    Silvania schielte zu ihrer Schwester und räusperte sich. Das Räuspern ging im Schlagzeuglärm unter wie das Piepen einer Maus bei Löwengebrüll. Bevor Daka zum nächsten Looping ansetzen konnte, nahm Silvania ihren Schuh und warf ihn Daka an den Kopf.
    Es wirkte. Daka unterbrach die Radical Rage Jam. »He, was soll denn das? Keine Gewalt. Peace, Schwester!«
    Silvania deutete mit den Augen zur Tür.
    »Hä?« Daka rieb sich den Kopf.
    Silvania setzte ein Lächeln auf und wandte sich an die Wachsfigur. Selbst mit offenem Mund und verdutztem Blick sah Herr van Kombast noch gut aus, fand sie. »Guten Tag, Herr van Kombast.«
    Daka sah endlich zur Tür. »Oh. Hallo.« Geräuschvoll zog Daka die Nase hoch. Es roch schon wieder unangenehm nach Knoblauch.
    »Ich hoffe, unsere ... Musik hat Sie nicht gestört?«, fragte Silvania.
    Herr van Kombast blieb stocksteif stehen. Nur seine Augen wanderten zwischen den Zwillingen hin und her. Dann hob er langsam die Hand und zeigte auf Daka. »Du!« Er holte dreimal tief Luft. »Du bist eben geflogen.«
    Daka sah sich um, wen Dirk van Kombast wohl meinen könnte. »Wer? Ich?« Dann lachte sie laut, und Silvania stimmte in das Lachen ein. Die Mädchen hofften, dass ein Mann, der immer ein Nussknackerlächeln zur Schau trug, nicht merkte, wie künstlich ihr Lachen klang.
    Dass Herr van Kombast immer ein Nussknackerlächeln trug, stimmte nicht ganz. Es gab Ausnahmen. Wie jetzt zum Beispiel. Sein Mund war ein dünner Strich. Die Oberlippe zitterte leicht. Er hatte den Zeigefinger noch immer auf Daka gerichtet. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Du – bist – geflogen.«
    »Echt?« Daka runzelte die Stirn. Dann zuckte sie die Schultern. »Na ja, wenn Sie es so genau gesehen haben, wird es schon stimmen, was? Wie bin ich denn geflogen? Wie eine Hummel, wie ein Flugsaurier oder wie ein Pinguin?«
    Dirk van Kombast schnaufte kurz, als wäre er ein Stier in der Arena. »Wie eine Feuerkugel.«
    Daka zog die Augenbrauen nach oben. »Interessant. Hast du das gehört, Silvania?«
    Ihre Schwester nickte. »Eine Feuerkugel. Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Könnten Sie das vielleicht mal vormachen?«
    Herrn van Kombasts Zeigefinger wanderte zu Silvania. »Ihr! Wenn ihr mich veralbern wollt, müsst ihr früher aufstehen!«
    »Ich kann auch mitten

Weitere Kostenlose Bücher