Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Freundin zum Anbeissen

Eine Freundin zum Anbeissen

Titel: Eine Freundin zum Anbeissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
Vom Netzwerk:
in der Nacht aufstehen, kein Problem«, meinte Daka und gähnte.
    Herr van Kombast richtete den Zeigefinger abwechselnd auf Silvania und auf Daka, als wäre er eine Pistole, mit der er die Zwillinge in Schach halten wollte. Er suchte nach einer cleveren Antwort, aber ihm fiel keine ein. Das Problem war, dass sich Herr van Kombast mit Kindern nicht auskannte. Er mochte Kinder nicht besonders, hatte keine und wollte auch keine. Denn Kinder waren einfach unberechenbar. Sie hielten sich nicht an die Regeln, stellten merkwürdige Fragen und mussten in unpassenden Momenten aufs Klo oder etwas essen. Kinder waren für Dirk van Kombast nichts als ein Risikofaktor. Er wusste nicht, wie man das Risiko in den Griff bekam. Kinder waren ihm nicht geheuer.
    »Machen Sie die Feuerkugel vor? Nur ganz kurz? Bitte!« Silvania lächelte wie bei der Schuleinführung.
    Dirk van Kombast hasste es, nicht ernst genommen zu werden. Er war 38 Jahre. Er hatte einen ordentlichen Job. Er fuhr einen silbernen Sportwagen. »Schluss jetzt!«, rief er. »Werdet nicht frech, sonst ... sonst ...«
    »SONST?«, fragte Elvira Tepes, die plötzlich hinter Herrn van Kombast stand.
    Er fuhr herum. »Subjekt E.T.«, flüsterte er erschrocken.
    »Wie bitte?«
    »Äh ...« Herr van Kombast räusperte sich, drückte den Rücken durch und ... da war es wieder, das Nussknackerlächeln. »Einen wunderschönen guten Tag, Frau Tepes.« Er schielte auf die Klobrille, die Frau Tepes unter den Arm geklemmt hatte. Sie hatte Spinnweben und Würmer daraufgemalt. Es sollte eine Überraschung für ihren Mann sein. Sie hoffte, ihn damit dazu zu bringen, nicht jede Nacht mit der Klopapierrolle in den Wald zu fliegen.
    »Ebenfalls. Darf ich fragen, was Sie hier machen?« Elvira Tepes sah von Herrn van Kombast zu ihren Töchtern und zurück.
    »Die Terrassentür stand offen, und da ...«
    »Sind Sie einfach ins Haus gegangen?«
    »Natürlich! Das hätte jeder an meiner Stelle getan.«
    »Soll das heißen, Sie gehen in jedes Haus, wo eine Tür offen steht?«
    »Nein. Nur wenn etwas verdächtig ist.« Herr van Kombast lächelte geheimnisvoll. Er hatte noch einen Trumpf in der Tasche und brannte darauf, ihn zu zücken.
    »Ach. Und unser Haus ist verdächtig? Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Zum einen war da dieser ohrenbetäubende Krach ... und so manch andere Merkwürdigkeit.« Dirk van Kombast sah kurz zu Daka.
    »Sie können ruhig offen reden. Wir haben keine Geheimnisse.« Frau Tepes pokerte hoch. Aber sie wirkte sehr glaubwürdig. Ihr fielen zwar selten die besten Lügen ein, doch zum Glück bekam sie bei Aufregung, Lügen und Ärger nie einen roten Kopf, sondern nur feuchte Hände. Solange ihr die Klobrille nicht aus der Hand rutschte, würde das niemand merken.
    »Dann haben Sie sicher eine Erklärung für Ihre fliegende Tochter.«
    Frau Tepes sah mit ausdrucksloser Miene zu den Zwillingen. Daka zuckte die Schultern. Silvania blickte nach unten und zupfte an ihrem Cello.
    »Oder ...« Dirk van Kombast griff mit der rechten Hand in die weiße Plastiktüte, die er die ganze Zeit über in der linken Hand gehalten hatte. »Für das hier!«
    »AAAH!« Frau Tepes machte einen Satz zurück und ließ die Klobrille fallen. Direkt vor ihrer Nase baumelte eine fette, braune Ratte. Sie war sehr groß. Sehr schmutzig. Und sehr tot. Das Fell war blutverschmiert, und im Nacken konnte man zwei tiefe Löcher erkennen. Es war ein Biss.

Ein tragischer
Todesfall
    J e höher die Sonne am Himmel stand, desto tiefer schlief Mihai Tepes. Doch an diesem Nachmittag wälzte er sich in seinem Sarg von einer Seite auf die andere. Immer, wenn er kurz vorm Einschlafen war, tauchte das knallrote Gesicht dieses elenden Playboys, Casanovas und Herzensbrechers in Gedanken vor ihm auf. Drehte Herr Tepes sich dann auf die andere Seite, sah er die traurigen Gesichter seiner Töchter vor sich. Wenn er auf dem Rücken lag, blickte er auf sein Hochzeitsfoto, das er an die Innenseite des Sargdeckels geklebt hatte. Auf dem Foto war Elvira neben Herrn Tepes' Anzug zu sehen. Der Kopf und die Hände fehlten.
    Herr Tepes war weder ohne Kopf und Hände zur Hochzeit erschienen, noch hatte er auf dem Foto etwas ausgeschnitten oder wegretuschiert. Es war ein ganz normales Hochzeitsfoto, wie es viele in Bistrien gab. Da Vampire nicht mit einer Spiegelreflexkamera fotografiert werden konnten, ließen sich die meisten Ehepaare aber lieber malen. (Es sei denn, sie wollten sich nur an die schicken Hochzeitskleider erinnern und

Weitere Kostenlose Bücher