Eine Freundschaft im Winter
an, der so lustig und voller Kraft und Energie war. Und sie fragte sich, was so toll daran war, erwachsen zu sein.
Eine Weile später saßen sie gemeinsam mit Eric und Hans auf den Gartenstühlen am Feuer. Tom hob den Truthahn mit einem Haken aus dem Bräter, legte ihn auf eine Platte und begann, ihn zu zerschneiden. Lisa nahm die Kartoffeln vom Feuer und zerstampfte sie, während sich Jill den grünen Bohnen widmete, die ebenfalls gar waren, und sie auf den Tellern verteilte. Der Schmortopf mit dem Apfelauflauf begann schon, verführerisch zu duften, obwohl sie ihn gerade erst aufs Feuer gestellt hatten.
Tom verteilte Gabeln, und als er Lisa eine reichte, sagte sie: »Danke, Baby. Ich werde sie brauchen, schließlich bin ich keine Kostverächterin.«
»Ach, Lisa, wie lange schon brenne ich darauf, dir das richtige Besteck zu reichen«, erwiderte er und lachte.
»Zehn Dollar, dass sie spätestens im April miteinander ins Bett hüpfen«, flüsterte Eric Jill zu, als er ihr eine Serviette gab.
Jill schüttelte grinsend den Kopf und nippte an ihrem Wein. Sie betrachtete die Sterne und fragte sich, wer sie heute wäre, wenn sie niemals von hier fortgegangen wäre. Wäre sie wie Lisa geworden? Wäre sie derselbe Mensch, der sie jetzt war – nur ohne gebrochenes Herz? Wäre sie mit einem treuen Ehemann verheiratet und hätte ein gesundes Kind?
»Gute Arbeit, Leute«, sagte Hans, als er den ersten Bissen im Mund hatte. »Cajun-Truthahn! Ich liebe es!«
»Genau wie Mom ihn immer gemacht hat«, fügte Tom hinzu.
»Ich liebe die knusprige Haut«, sagte Eric genießerisch.
Lisa lächelte. »Und ich weiß, wie ich meine Männer zufriedenstelle.«
Jill stocherte in ihrem Essen herum, damit es so aussah, als würde sie tatsächlich davon probieren, doch sie hatte keinen großen Appetit. Die Widersprüchlichkeit des ganzen Tages machte ihr zu schaffen. Sie nahm ein paar Löffel voll Kartoffelpüree und einen Bissen von dem Truthahn.
Als alle fertig waren, öffnete Lisa den Schmortopf und gab den dampfenden Apfelauflauf auf die Teller. Tom reichte die Teller weiter.
Der Duft des süßen Auflaufs tröstete Jill. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Es duftete nach ihrem Zuhause. Aber als sie die Augen wieder aufschlug und Lisas Freunde um sich herum erblickte, war sie irritiert. Es kam ihr seltsam vor, dass dieser Berg vor langer Zeit ihre Heimat gewesen war und dass sie sich jetzt wie eine Fremde fühlte.
Dann bat Tom alle, ein Stück zurückzutreten, und als sie in sicherem Abstand zum Topf standen, schüttete er eine Schüssel voll Schnee in das heiße Öl. Es zischte gefährlich, und im nächsten Moment erhob sich ein riesiger Feuerpilz aus dem Topf. Versonnen betrachtete Jill das Feuer und erkannte darin diesen Moment ihres Lebens wieder. Ihr altes Leben war das siedende Öl, die andere Frau war der Schnee, der sie mit einer ähnlich explosionsartigen Kraft nach Sparkle getrieben hatte. Für die fünf Sekunden, in denen die riesige Feuerwolke brannte, war Jill vor Schreck wie erstarrt, dass sie David verlassen hatte und hierhergekommen war. Doch als die Flamme niedergebrannt war, der Himmel wieder dunkel und das Öl langsam kalt wurde, fragte sich Jill: Und was jetzt?
5. Kapitel
Schneebericht für den 24. November
Aktuelle Temperatur: –3,3°C, Höchstwert: –1,1°C um 14.30 Uhr, Tiefstwert: –7,2°C um 4.30 Uhr.
Teilweise bedeckt mit gelegentlichen Schneeschauern. Wind aus Südwest mit 8 km / h.
84 cm am Berg, 102 cm auf dem Gipfel; 8 cm Neuschnee in den letzten 24 Stunden; 13 cm Neuschnee in den letzten 48 Stunden.
L isa«, rief Jill, »Eric hat mir angeboten, in Travis’ Zimmer zu ziehen. Ich denke, das wäre eine gute Idee, um mein Wohnungs problem zu lösen.«
»Du machst Scherze, stimmt’s?«, erwiderte Lisa und kam ins Wohnzimmer.
»Na ja, du steckst mitten in der Renovierung und … Ich habe das Gefühl, dass ich in meiner momentanen Situation auch mal eine Tür hinter mir zumachen möchte. Du weißt schon, wenn ich ein Tief habe. Ich glaube, ich brauche einen Ort, an den ich mich auch mal zurückziehen kann.«
»Bei der bloßen Vorstellung daran kriege ich eine Gänsehaut, aber wenn du dir das Zimmer ansehen möchtest, komme ich natürlich mit«, sagte Lisa kopfschüttelnd.
Der Zwinger war ursprünglich ein einfacher großer Trailer gewesen, doch im Laufe der Jahre hatte man ihm ein stabiles Dach aufgesetzt und einen langen Anbau angefügt. Die Proportionen sahen nicht besonders
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