Eine für alle
Firma nicht dazu bringen, mit mir zu reden. Wenn ich nicht bald mit jemandem spreche, der Verbindungen zu Diamond Head hat, muss ich meine Ermittlung einstellen. Ich kann nirgends sonst einen Hebel ansetzen.«
»Ich weiß, Engelchen, ich weiß«, murmelte er kläglich. »Das verstehe ich alles. Es gefällt mir trotzdem nicht.«
44
Letzter Besuch
Wir sagten beide nichts mehr, bis wir an der Kedzie Avenue vom Stevenson Expressway abbogen. Wir waren in einer Gegend, wo sich Wohnstraßen mit Lagerhäusern und Fabriken abwechselten. Die Kedzie Avenue hatte hier üble Schlaglöcher von den Sattelschleppern, die über sie hinwegdröhnten. Wir holperten zwischen zwei schnell fahrenden Sechzigtonnern nach Süden. Ich hielt den Impala bei achtzig, biss gegen die Stöße die Zähne zusammen und hoffte, dass niemand plötzlich hielt. Mr. Contreras riss sich aus seinen Sorgen, um mich auf der Albany Avenue zu Eddie Möhrs Haus in der Nähe der Fortieth Street zu dirigieren. Wir waren plötzlich in einer Oase aus Bungalows mit gepflegten Gärten, einer jener sauberen Enklaven, die in Chicago wie freundliche Kleinstädte wirken.
In solchen Gegenden führen die Gassen hinter den Häusern zu den Garagen. Ich hielt vorn und fragte mich, ob der Oldsmobile, der beim Überfall auf Lotty benut zt worden war, hinten stand. Ich hätte gern einen Blick auf ihn geworfen, bevor wir gingen. Ein makelloser Riviera stand vor dem Haus - vermutlich war das Mrs. Möhrs Auto. Ich parkte den Impala dahinter.
Mr. Contreras ließ sich Zeit beim Aussteigen. Ich schaute mir sein unglückliches Herumgerutsche einen Augenblick lang an, dann drehte ich mich um und ging flott auf die Vordertür zu. Ich klingelte, ohne darauf zu warten, dass er mich einholte - ich wollte nicht, dass das hier zu einer Nachtwache wurde, während er sich überlegte, ob er ein Streikbrecher war, weil er mich hergebracht hatte.
In den Fenstern des Hauses hingen schwere Vorhänge. Es wirkte, als wäre es unbewohnt. Nach einer langen Weile, in der ich überlegte, ob ich um das Haus herumgehen oder einfach im Impala warten sollte, bis jemand kam, erhaschte ich eine Bewegung im dicken Vorhang neben der Tür. Jemand inspizierte mich. Ich versuchte, ein ernstes, aufrichtiges Gesicht zu machen, und hoffte, dass Mr. Contreras, der jetzt hinter mir stand, nicht zu verzweifelt für ein Gespräch wirkte.
Eine Frau um die fünfzig machte die Tür auf. Ihr ausgebleichtes blondes Haar war zu ungleichmäßigen Büscheln verklebt, als hätte es ihr ein ungeschickter Perückenmacher an den Kopf geklebt. Sie starrte uns aus vorstehenden, stumpfen Augen an.
»Wir wollen zu Eddie Mohr«, sagte ich. »Sind Sie Mrs. Mohr?«
»Ich bin seine Tochter, Mrs. Johnson. Die Aufbahrung ist erst nächste Woche, aber Sie können mit Mutter sprechen, wenn Sie alte Freunde von ihm sind.«
»Die Aufbahrung?« Mein Kinn sackte nach unten. »Ist er - er ist doch nicht etwa tot?«
»Sind Sie nicht deshalb gekommen? Ich habe mich gefragt, wie Sie es so schnell erfahren haben. Ich habe gedacht, der Mann bei Ihnen ist vielleicht Ihr Vater.«
Mr. Contreras, plötzlich unsicher auf den Beinen, klammerte sich an meinen Arm. »Ich habe erst heute Morgen mit ihm gesprochen, Engelchen. Er - er hat uns erwartet. Ich ... Da klang er ganz gesund.«
Ich drehte mich um und schaute ihn an, aber nichts, was ich sagen wollte, war in einem solchen Augenblick passend. Kein Wunder, dass er so gedämpft gewesen war: Er wusste, dass ich Eddie hatte überrumpeln wollen. Vielleicht hatte er das Gefühl gehabt, er verrate die Gewerkschaft, aber vermutlich glaubte er, er habe auch mich verraten.
»Es tut mir leid«, sagte ich zu Mrs. Johnson. »Es tut mir leid, dass ich Sie in einem solchen Augenblick störe. Es muss ein furchtbarer Schock gewesen sein. Ich habe gar nicht gewusst, dass er krank war.«
»Es war nicht sein Herz, falls Sie das glauben. Jemand hat ihn erschossen. Als er die Albany Avenue entlangging. Hat ihn kaltblütig erschossen und ist weitergefahren. Verfluchte Nigger. Es reicht ihnen nicht, dass sie Englewood verwüsten und sich gegenseitig abknallen. Sie müssen herkommen und in McKinley Park Leute erschießen. Warum können sie nicht einfach bleiben, wo sie sind, und sich um ihren eigenen Kram kümmern?« Ihr Gesicht lief vor Zorn rot an, in den vorstehenden Augen schwammen Tränen.
»Wann war das?« Ich versuchte es mit einem sanften Ton, aber das gelang mir nur, indem ich mir die Nägel in die Handflächen
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