Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
grub.
    »Gegen eins heute Mittag. Mutter hat mich angerufen, und natürlich bin ich sofort gekommen, obwohl ich Maggie die Kasse übergeben musste, was immer ein Fehler ist. Sie ist nicht unehrlich - nur kann sie weder addieren noch subtrahieren. Die Schulen von Chicago sind einfach nicht mehr das, was sie waren, als ich ein Kind war.« Es sind die kleinen Dinge, die uns in Augenblicken großer Verluste Sorgen machen. Maggie an der Kasse ... damit kann man sich beschäftigen. Vater auf der Straße erschossen ... Nein, nur nicht daran rühren.
    Mr. Contreras wurde hinter mir unruhig; er wollte nicht, dass ich nachhakte, als ob ich sensationslüstern wäre. Ich ignorierte ihn und fragte Mrs. Johnson, ob jemand die fraglichen Nigger gesehen habe.
    »Es waren nur zwei Leute auf der Straße - Mrs. Yuall und Mrs. Joyce kamen aus dem Laden. Sie haben nicht auf das Auto geachtet. Man rechnet nicht damit, dass in der eigenen Gegend am helllichten Tag jemand erschossen wird, nicht wahr? Dann haben sie die Schüsse gehört und gesehen, dass Daddy umfiel. Erst haben sie gedacht, er hat einen Herzinfarkt. Erst später ist ihnen klar geworden, dass sie Schüsse gehört hatten.« Sie brach ab und drehte sich um, hörte jemandem hinter ihr zu. »Ich komme gleich, Mutter. Es ist ein alter Freund von Daddy. Er hat heute Morgen angerufen. Willst du ihn sehen? ... Entschuldigen Sie mich einen Augenblick«, fügte sie an uns gewandt hinzu und ging ins Haus zurück.
    »Das ist entsetzlich, Engelchen, entsetzlich«, flüsterte Mr. Contreras dringlich. »Wir können doch diese Leute nicht belästigen.«
    Ich bedachte ihn mit einem angespannten Lächeln. »Ich glaube, es wäre eine gute Idee herauszufinden, was er auf der Straße wollte. Schließlich hatte er zwei Autos. Warum ist er dann zu Fuß gegangen und nicht gefahren? Und warum haben Sie ihn angerufen und ihm gesagt, dass wir kommen?«
    Mr. Contreras wurde rot. »Das war bloß fair. Ich konnte Sie nicht hereinplatzen lassen, damit Sie versuchen, Mitchs Tod der Gewerkschaft anzuhängen, ohne ihn vorher -« Mrs. Johnson kam zur Tür zurück. »Mutter hat sich hingelegt. Eine Freundin ist bei ihr, aber sie möchte gern wissen, ob Daddy irgendetwas Besonderes gesagt hat, als er heute Morgen mit Ihnen gesprochen hat. Können Sie hereinkommen?« Mr. Contreras sah bei dem Gedanken, mit Mrs. Mohr zu sprechen, während sie lag, wie rote Beete aus und versuchte, sich zu entschuldigen. Ich packte ihn am Arm und zog ihn hinein.
    Die Schlafzimmerszene war so keusch, wie sie nur sein konnte. Anstelle des üblichen winzigen Bungalowzimmerchens hatte Mrs. Mohr als Schlafzimmer eine Suite. Eine gerüschte Tagesdecke lag auf dem Bett. Mrs. Mohr ruhte auf einem großen chintzbezogenen Sessel, die Füße auf einen passenden Schemel gelegt. Sie war angezogen, mit Strümpfen und Pumps, hatte das Gesicht geschminkt, in dem die von Tränen und Entsetzen eingegrabenen Furchen ihr Alter unterstrichen. Die Nachbarin saß neben ihr auf einem Stuhl. Eine Kanne Eistee und ein Glas standen neben dem Bett. Die Vorhänge waren zurückgezogen, so dass nur Stores vor den Fenstern hingen. Eine vergla ste Flügeltür führte auf den Pa tio. Dahinter konnte ich einen Swimmingpool sehen. Ein erstaunliches Extra für ein Haus auf der South Side.
    »Hier sind Freunde, die dich sehen wollen, Gladys«, sagte die Nachbarin und stand auf. »Ich gehe eine Weile nach Hause, aber nachher bringe ich dir das Abendessen.« »Das ist nicht nötig, Judy«, sagte Mrs. Mohr mit schwacher Stimme. »Cindy kann sich um mich kümmern.«
    Cindy, Kerry, Kim - all die niedlichen, mädchenhaften Namen, die Eltern ihren Töchtern so gern geben und die nicht zu uns passen, wenn wir in mittleren Jahren und voller Trauer sind. Ich dankte dem Andenken meiner Mutter, dass sie alle, die mich Vicky nannten, wütend verbessert hatte.
    Als Judy ging, trat ich neben Mrs. Mohr. »Ich bin V. I. Warshawski, Mrs. Mohr, und das ist Mr. Contreras, der ein Kollege Ihres Mannes war. Es macht mich sehr traurig, dass er gestorben ist. Und es tut mir leid, dass wir Sie belästigen müssen.«
    Mrs. Mohr schaute mich apathisch an. »Das geht schon in Ordnung. Es ist wirklich nicht so wichtig. Ich wollte nur wissen, worüber die beiden heute Morgen geredet haben. Mein Mann kam mir danach wütend und aufgeregt vor, und ich behalte ihn ungern so in Erinnerung.«
    »Es sieht so aus, als gäbe es viel, wa s Sie an ihn erinnern könnte«, sagte ich und deutete mit einer

Weitere Kostenlose Bücher