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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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einen Kurzschluss in der Abdeckung - vielleicht hat der Deckel eine Benutzerin bewusstlos geschlagen oder durch den Raum geschleudert oder so.«
    Ich tippte das, fügte das Datum und die Uhrzeit des Anrufs hinzu. Dann fälschte ich einen Briefbogen Koslowskis, indem ich den Kopf auf ein Blatt kopierte. Darauf tippte ich auf Mr. Contreras' Geheiß einen Bericht über eine frühere Inspektion nach einem Kurzschluss in der Klimaanlage, dessen Auslöser im Büro von R. Yarborough gefunden worden war. Das Ganze wirkte so unecht, wie man es sich nur vorstellen konnte, aber vielleicht kamen wir damit hinein.

47
    Kurzschluss im System
    Trotz der späten Stunde schwirrte ein Bienenschwarm von unermüdlichen jungen Anwälten in den Büros von Crawford, Mead herum. Wir kamen durch die abgeschlossene Mahagonitür, indem wir einfach dem Nachtwächter in der Eingangshalle den Arbeitsauftrag zeigten.
    Niemand hatte ihm etwas von einem Schaden in der Elektroinstallation gesagt; er machte ein verdrossenes und verängstigtes Gesicht und drohte damit, seinen Boss anzurufen. Wir versicherten ihm, der Schaden beschränke sich auf ein Büro im neunundzwanzigsten Stock - unser Boss habe uns strikt untersagt, Leute zu alarmieren, weil wir uns nur um die Leitungen in einem einzigen Raum kümmern sollten.
    »Sie wollen doch nicht, dass er uns rausschmeißt?«, bettelte ich.
    Er beschloss widerwillig, es für sich zu behalten, und rief oben an. »Aber warnen Sie mich ja rechtzeitig, falls das Gebäude in Flammen aufgeht.«
    »Falls es in Flammen aufgeht, sind Sie der Einzige, dem nichts passieren kann«, erklärte ich ihm und folgte Mr. Contreras zum Aufzug.
    Sobald wir im neunundzwanzigsten Stock waren, übernahm Mr. Contreras die Führung. Obwohl die Koslowski-Mütze mein Haar verdeckte und mein Gesicht abschirmte, wollten wir nicht das Risiko eingehen, dass mich jemand erkannte. Die schlimmste Gefahr war, dass Todd Pichea, der Mr. Contreras so gut kannte wie mich, Überstunden machte. Wir hätten uns jedoch keine Sorgen machen müssen - denn wie der alte Mann gesagt hatte, gelten Handwerker in einem Büro für so menschlich wie Wasserbüffel, nur nicht für so ausgefallen.
    Mr. Contreras hielt unseren Arbeitsauftrag einem jungen Mann in T-Shirt und Jeans hin und unterstrich die Gefahr, die bestünde, wenn jemand Unerfahrenes sich den Elektronen in Dicks Büro nähern würde. Der junge Mann griff nach einem dicken Computerausdruck über Gebäudesicherheit und eskortierte uns zum inneren Treppenhaus.
    »Mr. Yarboroughs Büro ist am Ende des Flurs. Äh, dieser Schlüssel schließt sein Büro auf. Falls Sie, äh, nichts dagegen haben, ich muss wieder an die Arbeit. Vielleicht finden Sie sich von hier aus selbst zurecht. Sie können den Schlüssel auf den Empfangstisch legen, wenn Sie gehen.«
    »Gut«, sagte Mr. Contreras mit strenger Miene. »Und sorgen Sie dafür, dass niemand dorthin kommt, bis wir Entwarnung geben. Wir müssen eine Leitung durchschneiden. Vielleicht fällt Ihnen auf, dass die Lichter hin und wieder etwas trüber werden, aber das ist kein Grund zur Sorge.«
    Unser Führer konnte es nicht erwarten, sich aus dem Bereich zu verziehen. Mit etwas Glück bekamen alle Mitarbeiter so viel Angst, dass sie heute früher Schluss machten. Ich wollte nicht, dass eine tapfere Seele nachschauen kam, während ich Dicks Akten kopierte.
    Als ich das Büro meines Exmanns aufschloss, spürte ich eine Art schuldbewusster Erregung. Sie erinnerte mich daran, wie ich Schubladen nach der Waffe meines Vaters durchsucht hatte, als ich klein gewesen war. Ich wusste, dass ich nicht einmal wissen durfte, wo sie war, und die Erregung und die Scham wühlten mich so auf, dass ich die Rollschuhe anschnallen und ein paarmal um den Block herumrasen musste. Ich fragte mich, ob es dieses Gefühl war, was mich zur Detektivarbeit geführt hatte. Dann erinnerte ich mich an das, was ich Mr. Contreras geraten hatte: Später war jede Menge Zeit zur Selbstanalyse.
    Dick war dem Unternehmen eine Suite wert, mit einem Wartezimmer, einem kleinen Reich für seine Sekretärin und einem großen Büro, dessen geschwungene Fenster auf den Chicago River hinausgingen. Mr. Contreras machte sich im Vorzimmer zu schaffen, nahm ein paar echt aussehende Kabel aus dem Werkzeugkasten und legte sie auf dem Boden aus. Er hatte außerdem einen kleinen Elektroschraubenzieher mitgebracht, mit dem er eine Bodenabdeckung öffnete, unter der ein interessantes Drähtegewirr zum Vorschein

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