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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ich.
    »Haben Sie eine Aussage von dem Lastwagenfahrer, der uns entgegenkam? Er kann vermutlich bestätigen, dass Simon sein Bestes tat, mich zu überfahren.«
    Willoughby schaute mich aus tiefliegenden grauen Augen an, sagte aber nichts. Der Uniformierte, der sich Notizen machte, schrieb meine Frage pflichtschuldig auf und wartete mit dem Stift über dem Notizblock auf den nächsten Ausbruch.
    Ich versuchte es noch einmal. »Haben die immer noch Material von Paragon auf Lastwagen geladen, als Ihre Streife kam? Der Controller von Paragon hätte ein Wörtchen dazu zu sagen. Und ich bezweifle, dass er mich in irgendeine Verbindung mit dem Diebstahlring bei Diamond Head bringt.«
    Chamfers und Jason Felitti taten sich zu einem Chor der Entrüstung zusammen. Wer war ich - eine Diebin -, dass ich ihre Geschäftsmethoden in Frage stellte? Als Dick auftauchte - schließlich war er der Anwalt der Brüder Felitti -, glaubte ich allmählich, ich würde festgenommen, während die anständigen Bürger nach Hause ins Bett durften.
    Auf alle Fälle sah ich aus, als wäre ich die Missetäterin.
    Außer den Rissen in meinem Jackett hatte ich mir die Knie der Jeans aufgescheuert, als ich über das Pflaster rutschte. Meine Schuhe waren in Fetzen, das Haar klebte mir verfilzt am Schädel, und wie mein Gesicht aussah, wollte ich lieber nicht wissen. Justitia mag blind sein, aber sie gibt einem sauberen, ordentlichen Äußeren trotzdem den Vorzug. Die Felittis hatten Dick von irgendeiner Party weggeholt, aber er hatte zu Hause Station gemacht, um einen seriösen marineblauen Anzug anzuziehen. Angela Willoughby war eindeutig beeindruckt, sowohl von seinem blonden, guten Aussehen als auch von seinem Auftreten, das Wohlstand vermittelte: Sie erlaubte ihm, sich mit seinen Mandanten in eine Ecke zurückzuziehen.
    Als er zurückkam, sprach er kummervoll mit Angela über die Katastrophe des Abends. Ein Untergebener sei in seiner Loyalität seinen Arbeitgebern gegenüber über das Ziel hinausgeschossen. Es sei tragisch, dass Simon Lezak dabei gestorben sei, aber ein Glück, dass ich überlebt hätte.
    Beim letzten Satz bleckte ich die Zähne. »Ich bin froh, dass du dieser Meinung bist, Dick. Hat dein Schwiegervater dir erklärt, wie es kam, dass der gute alte Simon über das Ziel hinausgeschossen ist? Dass er mich überfallen hat, um mich in die Fabrik zu bringen?« »Fehlgeleiteter Übereifer«, murmelte Dick. »Sie wussten, dass du früher in die Fabrik eingebrochen bist - sie wussten nicht, wie weit du bei einer Ermittlung gehen würdest.« Ich sprang auf, versuchte es jedenfalls - meine Muskeln reagierten mit einer langsamen Bewegung - und packte ihn am Arm.
    »Dick. Wir müssen reden. Sie sagen dir nicht die Wahrheit. Du gerätst auf die ungedeckte Seite.«
    Er bedachte mich mit dem überheblichen Lächeln, das mich vor fünfzehn Jahren so wütend gemacht hatte. »Später, Vic. Ich muss meine Mandanten nach Hause bringen, und ich glaube, du bist auch ganz froh, wenn du zu Hause bist.«
    Inzwischen war es fast Mitternacht. Willoughby erklärte sich gerade damit einverstanden, dass die Felittis und Chamfers mit Dick gingen, als Conrad Rawlings auftauchte. Ich hatte Willoughby gleich am Anfang gesagt, er und Terry Finchley seien beide mit dem Fall befasst, aber nicht feststellen können, ob sie tatsächlich jemanden weggeschickt hatte, um Rawlings zu benachrichtigen. Wie sich herausstellte, hatte sie das nicht getan: Er hatte es von jemandem auf seinem Revier gehört, der es im Polizeifunk mitbekommen hatte. Rawlings schaute sich im Raum um. »Ms. W. Ich hab gedacht, ich hab dir gesagt, dass ich sauer bin, wenn du allein auf Gangster losgehst, ohne es mir zu sagen. Und dann erfahre ich die Geschichte nicht mal von dir persönlich. Irgendein Fremder muss sie mir erzählen.«
    Ich strich mir mit den Händen über die verfilzten Locken. »Detective Willoughby -Sergeant Rawlings. Ich glaube, Dick Yarborough hast du vor ein paar Jahren mal kennengelernt, Conrad. Die anderen Herren sind Peter und Jason Felitti und Milt Chamfers. Sie fahren nach Hause. Detective Willoughby bedauert, dass sie so feine Vorortbewohner belästigen musste. Ich hab dich nicht angerufen, um es dir selbst zu sagen, weil es mir zu peinlich war: Ich bin überfallen worden. Wollte an der Ecke Forty-first Street und Kedzie Avenue mein Auto abholen, und der Lieblingsschläger der Brüder Felitti, Simon, hat mir dort aufgelauert.«
    Dick schaute mich aus hellen, harten Augen an.

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