Eine ganz andere Geschichte
Waldgebiet, das sich über den Hügel bis nach Kerran und Rimminge erstreckte.
Und wenn wirklich ein Mörder in seinem Kopf stecken sollte, wie Hauptkommissar Jonnerblad und Kommissar Tallin vom Zentralkriminalamt offenbar annahmen, dann müsste doch eine ungestörte Wanderung von einigen Stunden in angemessenem Tempo durch diese friedliche Landschaft die ideale Methode sein, um ihn herauszuholen. Oder etwa nicht?
Dachte Inspektor Barbarotti – mit einer Art Optimismus, der ihm eigentlich nicht besonders vertraut war, aber vielleicht als theoretischer Ausgangspunkt gar nicht schlecht war. Als Tonart.
Dann begann er damit, auf Gotland anzurufen. Damit er hinterher mit gutem Gewissen sein Handy ausschalten konnte, das war der Beweggrund, den er sich zurechtlegte.
Sie klang etwas betrübt. Sie behauptete, das liege daran, dass es ihr letzter Tag in Gustabo war, sie und die Kinder sollten am nächsten Tag zurück nach Skåne fahren, aber er glaubte ihr nicht. Nicht ganz, da steckte noch etwas anderes dahinter. Zuerst fragte er, ob es damit zusammenhing, dass sie am Montag wieder anfangen sollte zu arbeiten, und sie gab zu, dass das natürlich auch eine Rolle spielte.
»Ich muss morgen das Paradies verlassen, mein Urlaub ist in drei Tagen zu Ende, und ich warte auf meine Menstruation. Nichts ist richtig schön. Ich fühle mich …«
»Wie fühlst du dich?«
»Einsam.«
»Du hast zwei Kinder bei dir und einen Polizisten, der dich liebt, wie kannst du dich da einsam fühlen?«
»Na, da ist das …«
»Ja?«
»Da ist das mit dem Polizisten.«
»Aha?«
Er wusste nicht, warum er ›aha?‹ gesagt hatte. Es bedeutete auf jeden Fall nicht, dass ihm etwas klar geworden war. Ganz im Gegenteil, es erschien ihm eher, als würde sich ein dunkler Vorhang schnell senken, und er fühlte sich für einen Augenblick so matt, dass er gezwungen war, stehenzubleiben und sich gegen einen Baumstamm zu lehnen. Es vergingen einige Sekunden, ohne dass sie etwas sagte.
»Was … was ist denn dabei nicht in Ordnung?«, brachte er heraus.
Er hörte, wie sie schluchzte.
»Ich bin zweiundvierzig«, sagte sie. »Ich lebe jetzt seit vier Jahren allein. Ich will nicht, dass es noch ein Jahr lang so weiter geht. Ich genieße es, dich zu sehen, wenn wir uns treffen, so wie wir es bisher getan haben, aber das … ja, das genügt mir nicht.«
Er dachte eine Sekunde lang nach. Möglicherweise auch anderthalb.
»Dann heiraten wir«, sagte er. »Ich meine, wenn du willst?«, fügte er hinzu.
Es blieb still in der Leitung, aber er konnte ihren Atem hören. Etwas angestrengt, es klang, als würde sie auch wandern, ja, wenn er genau er hinhörte, konnte er tatsächlich ihre Schritte auf dem Kies verneh
men.
»Ich will nicht, dass du das sagst, weil du es musst.«
»Nein, ich …«
»Ich will dich nicht drängen.«
»Du drängst mich nicht.«
»Wenn wir zusammenziehen, und es funktioniert nicht, dann sterbe ich. Ich halte so eine Prozedur nicht noch einmal durch.«
»Verflucht noch mal«, sagte Gunnar Barbarotti. »Das ist mir schon klar. Ich bin siebenundvierzig, glaubst du, ich will vier Frauen haben, um mich auf meine alten Tage zu vergnügen?«
Sie lachte. Ich kann sie zum Lachen bringen, dachte er. Das ist nicht schlecht.
»Das ist nicht dein Ernst?«
»Doch.«
»Aber es klang nicht ernst.«
Er räusperte sich. »Willst du in Helsingborg wohnen bleiben?«
»Ich …«
»Weil ich nämlich gern nach Skåne ziehen würde.«
Sie begann zu weinen. Ich kann sie auch zum Weinen bringen, dachte Gunnar Barbarotti und spürte einen Anflug von Panik. Aber warum? Will sie mich nicht haben? Oder ist sie … überwältigt?
»Du willst nicht?«, fragte er.
»Doch«, sagte Marianne. »Ich will. Aber ich weiß nicht, ob du wirklich willst. Vielleicht ist es nicht so einfach, mit mir zu leben, wie du dir das einbildest. Wir haben uns bisher nur unter den besten Voraussetzungen getroffen, vielleicht hast du nicht …«
»Quatsch«, unterbrach Barbarotti sie. »Ich liebe dich. Ich hasse es, nicht bei dir zu sein.«
Er hörte, wie sie sich die Nase putzte. »Gut«, sagte sie. »Aber du bekommst eine Woche Bedenkzeit. Du rufst mich am nächsten Mittwoch an, und wenn du dann immer noch das Gleiche sagst, dann gibt es kein Zurück. Okay?«
»Okay«, sagte Gunnar Barbarotti. »Du kannst ja schon mal nach ei ner größeren Wohnung Ausschau halten, wenn du wieder zu Hause bist.«
Nachdem sie aufgelegt hatten, stellte er das Telefon ab. Spürte, wie
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