Eine ganz andere Geschichte
konnte die Antwort sozusagen von allein geboren werden, das war eine Methode, die manchmal funktionierte –, aber der einzige kleine Bruchteil von Erklärung, den er zum Schluss, nach acht, zehn Minuten, überhaupt erkennen konnte, war der alte, der übliche: um es der Polizei schwer zu machen.
Probleme zu schaffen. Sie zu zwingen, große Ressourcen einzusetzen. Die Kräfte zu spalten und sie dazu zu bringen, die Konzentration auf das Einfache, das Wichtige, zu verlieren.
Nun gut, dachte Gunnar Barbarotti, und was ist dann das Einfache und Wichtige?
Wenn man einmal von den Briefen absah.
Da gab es nur eine Antwort.
Die Verbindung zwischen den Opfern.
Es musste eine Verbindung geben. Wenn der Mörder einen Grund hatte, wie gesagt, aber das war ja gerade der Ausgangspunkt der Überlegungen gewesen. Irgendwo mussten sich die Wege von Erik Berg-man und Anna Eriksson gekreuzt haben, und auf dieser Kreuzung war auch der Mörder zu finden.
Vermutlich auch jemand, der Hans Andersson hieß.
Und Barbarotti war sich plötzlich sicher, dass er keinen dritten Brief bekommen hätte, wenn Hans Andersson beispielsweise Leopold Bernhagen geheißen hätte. Da sie den richtigen Leopold Bernhagen sofort aufgespürt hätten.
Warum tauchte ausgerechnet dieser Name auf? Bernhagen? Er klang bekannt, aber er konnte ihn nicht einordnen.
Er schüttelte den Kopf. Aber genau das tun wir doch. Nach der Verbindung zwischen den beiden Opfern zu suchen. Wir arbeiten nicht in der falschen Richtung. Wir sind auf dem richtigen Weg.
Obwohl ein nicht unbedeutender Teil der Kräfte damit beschäftigt war, eine Menge von Leuten zu bewachen, die den Namen Hans Andersson trugen, das war nicht zu leugnen.
Und ein gewisser Teil der Kräfte lief im Wald herum und dachte nach. Was ein wenig absurd erschien, wenn man genauer darüber nachdachte.
Den Job wechseln?, hatte er Marianne gefragt. Warum nicht? Wenn er nun heiraten und nach Skåne ziehen würde, dann könnte er ebenso gut auch auf diesem Gebiet reinen Tisch machen. Der Sommer der Veränderung, wie gesagt.
Aufbruchszeit. Zeit der Häutung.
Er schaute auf die Uhr. Es war zwanzig Minuten nach eins, ein kühlerer Wind fuhr durch die Bäume, und man konnte damit rechnen, dass es bald anfangen würde zu regnen. Er holte die Jacke aus dem Rucksack und schob stattdessen Stift und Notizblock hinein.
Außerdem, fiel ihm ein, als er gerade mit gewisser Mühe über den Bach von Rimminge sprang, außerdem bleibt natürlich noch die Frage, wie gefragt ein siebenundvierzigjähriger ehemaliger Kriminalbeamter eigentlich auf dem Arbeitsmarkt ist.
Ich bin mein Gewicht vermutlich nicht in Gold wert, dachte Gunnar Barbarotti.
In keinerlei Hinsicht.
14
H auptkommissar Jonnerblad lehnte sich zurück, dass der Stuhl knackte.
»Wir sind vollzählig«, stellte er fest. »Gut, dass du auch kommen konntest, Lillieskog.«
Gunnar Barbarotti schaute sich am Tisch um. Es stimmte. Sie waren tatsächlich zu acht: Er selbst, Eva Backman und Sorgsen repräsentierten die regulären Einsatzkräfte, Jonnerblad, Tallin und Astor Nilsson die Verstärkung.
Kommissar Asunander repräsentierte sich selbst, wie es schien, er saß nicht mit am Tisch, sondern ein wenig abseits, schräg hinter Jonnerblads Rücken, in einer Art Lauschposition. Lillieskog ist natürlich auch als Verstärkung zu betrachten, dachte Barbarotti – insofern er etwas repräsentierte, das man wohl als Psychologie und Wissenschaft beschreiben kann. »Ich würde gern anfangen«, sagte er. »Mein Zug geht um halb vier.«
Jonnerblad nickte. Barbarotti schaute auf die Uhr. Ein paar Minuten nach zwei. Es war Freitagnachmittag, es war klar wie Kloßbrühe, dass Lillieskog daran interessiert war, zu seinen Liebsten nach Hause zu kommen.
Oder zu seinem Goldfisch oder wie immer es sich auch diesbezüglich verhielt.
Warum bin ich so zynisch, dachte er schließlich und beschloss, seine Einstellung zu ändern. Es gab keinen Grund, überheblich zu sein; was ihn selbst betraf, so hatte er nicht einmal einen Goldfisch.
»Ich habe in der Angelegenheit mit ein paar Kollegen gesprochen«, begann Lillieskog. »Die Sache ist die, dass wir es mit einer ganz unge wöhnlichen Situation zu tun haben. Einem ganz ungewöhnlichen …
Täter, wahrscheinlich.«
»Ungewöhnlich?«, fragte Jonnerblad.
»Ja, genau«, sagte Lillieskog. »In jeder Beziehung ungewöhnlich. Wenn wir das Worst-case-Szenario skizzieren wollen, dann haben wir es wahrscheinlich mit einem äußerst
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