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Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Titel: Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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der
Daily Mail
geprägt, um die militante Fraktion der Bewegung von den Gruppierungen zu unterscheiden, die ihr Ziel weiterhin mit friedlichen Mitteln zu erreichen suchten.) Das Verfälschen von Münzen war nur eine von vielen Aktionen, aber die Wahl dieses Pennys war wirklich ganz besonders clever: Die vor der Einführung der Dezimalwährung geprägten Bronzepennys, die fast den gleichen Durchmesser hatten wie eine heutige 2-Pfund-Münze, waren einerseits so groß, dass man sie gut leserlich beschriften konnte, andererseits aber von so geringem Wert, dass es sich für die englische Zentralbank nicht lohnte, sie zurückzurufen. So blieben die manipulierten Münzen in Umlauf und konnten sich weiterhin ungehindert verbreiten. Doch die Suffragetten verbreiteten ihre Botschaft auch in eigener Person, indem sie beispielsweise Gerichtsverhandlungen mit der Forderung nach dem Frauenwahlrecht unterbrachen, wie es Emmeline Pankhurst selbst einmal getan hat:
    «Die Gründe, warum Frauen ein Wahlrecht haben müssten, liegen für jeden vernünftig denkenden Menschen klar auf der Hand. In der britischen Verfassung ist festgeschrieben, dass Besteuerung und Repräsentation Hand in Hand gehen sollen, folglich haben Frauen, die Steuern zahlen, auch das Recht zu wählen.»
    Der gemäßigte Ton, den Emmeline Pankhurst hier anschlägt, täuscht über die zunehmende Militarisierung der Bewegung hinweg. Als Mary Richardson in ihrem berühmt gewordenen Akt von Kunstvandalismus in der Londoner Nationalgalerie die
Venus vor dem Spiegel
von Velázquez mit einem Messer zerschlitzte, hielt sie anschließend eine glühende Rede zur Rechtfertigung ihrer Tat:
    «Ich hatte die Absicht, das Bild der äußerlich schönsten Frau in der Geschichte der Mythologie zu zerstören, um gegen die Regierung zu protestieren, die EmmelinePankhurst zerstört hat, die innerlich schönste Frau in der Geschichte der Neuzeit.»
    Die Suffragetten griffen zu kämpferischen Mitteln, die uns auch heute noch radikal erscheinen: Sie ketteten sich am Zaun vor Downing Street 10 an, verschickten Briefbomben und traten, wenn sie inhaftiert wurden, in den Hungerstreik. Eine der militantesten und auch gegen sich selbst rücksichtslosesten Kämpferinnen für das Frauenwahlrecht war Emily Davison, die ihr Leben verlor, als sie sich 1913 beim Derby von Epsom vor das Rennpferd des Königs warf. Die Suffragetten verstießen systematisch gegen das Gesetz, um die Gesetze zu ändern, und die Verfälschung des Pennys war nur eine Strategie in einer Widerstandsbewegung, die weit über den zivilen Ungehorsam hinausging. Wie akzeptabel ist eine solche Form der Gewalt, und wo sind deren Grenzen? Dazu die Menschenrechtsanwältin Helena Kennedy:
    «Die Verfälschung von Münzen verstößt gegen das Gesetz, also ist die Frage, ob es unter bestimmten Umständen moralisch vertretbar ist, Gesetze zu brechen. Meiner Meinung nach gibt es, wenn es um die Durchsetzung von Menschenrechten geht, Situationen, in denen uns gar keine andere Wahl bleibt. Als Anwältin dürfte ich so etwas eigentlich nicht sagen, aber ich glaube, auch die Allgemeinheit würde der Auffassung zustimmen, dass es Zeiten gibt, in denen man einfach Farbe bekennen muss. Natürlich gibt es Grenzen dessen, was wir beim zivilen Ungehorsam für akzeptabel halten. Es gibt politische Aktionen, die wir nie billigen würden, und es ist schwer zu entscheiden, in welcher Situation was moralisch vertretbar ist. Der Mut dieser Frauen war erstaunlich, weil sie bereit waren, ihr Leben für ihre Sache zu opfern. Heute gibt es auch Menschen, die bereit sind, ihr Leben für eine Sache zu opfern, und wieder müssen wir uns fragen, inwieweit das akzeptabel ist. Ich glaube, die meisten würden mir darin zustimmen, dass wir alles, was anderen Schaden zufügt, verurteilen müssen.»
    Der Kampf der Suffragetten kam zum Stillstand, als der Erste Weltkrieg ausbrach, aber der Krieg selbst lieferte letztlich überzeugende Argumente für die Einführung des Frauenwahlrechts. Plötzlich hatten Frauen Gelegenheit, sich in traditionell männlichen und eindeutig «undamenhaften» Domänen zu bewähren – beim Sanitätsdienst an der Front, in der Rüstungsindustrie, in der Landwirtschaft und in den Fabriken –, und sie ließen sich auch nicht in das Klischee der zarten Vornehmheit zurückdrängen, als der Krieg vorbei war.
    Zum hundertjährigen Bestehen der WSPU wurde 2003 ein neues 50-Pence-Stück als Gedenkmünze ausgegeben.
    1918 wurde in Großbritannien das

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