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Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Titel: Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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dem Kinder am Strand spielen. Es besteht aus braungrauem Ton und ist rund 15 Zentimeter hoch. Betrachtet man es genauer, so erkennt man, dass es spiralenförmig aufgebaut ist und anschließend Schnüre in die Außenseite gedrückt wurden, so dass es sich anfühlt, als würde man einen Korb in Händen halten. Dieses kleine Jōmon-Gefäß sieht aus wie ein Korb aus Ton.
    Die korbähnlichen Muster auf dieser und anderen japanischen Keramiken aus der gleichen Zeit sind sogenannte Schnurmuster – genau das nämlich bedeutet «Jōmon» auf Japanisch, doch der Begriff wird nicht nur für die Gefäße verwendet, sondern auch für die Menschen, die sie fertigten, und sogar für den gesamtem Zeitraum, in dem sie lebten. Dieses Jōmon-Volk, das im Norden Japans zu Hause war, schuf die weltweit ersten Gefäße. Simon Kaner, Experte für die Kultur des alten Japan an der University of East Anglia, skizziert den Kontext:
    «Im Falle Europas haben wir immer vermutet, dass es Bauern waren, die Keramik herstellten, und dass die Menschen dank der Landwirtschaft an einem Ort bleiben konnten, weil sie Vorräte anlegen konnten, die sie dann durch die Wintermonate brachten; und nur wenn man das ganze Jahr über an einem Ort blieb, würde man Keramik herstellen, denn es ist ein recht heikle Sache, sie zu transportieren. Aber das japanische Beispiel ist wirklich interessant, denn hier haben wir Keramik, die nicht von Bauern angefertigt wurde. Das ist einer der augenfälligsten Belege aus der Vorgeschichte weltweit, dass auch Menschen, die sich vom Fischen, vom Sammeln von Nüssen und anderen wild wachsenden Produkten und von der Jagd ernährten, Kochtöpfe brauchten.»
    Die Jōmon scheinen ein recht komfortables Dasein geführt zu haben. Sie lebten nahe am Meer, und ihre Hauptnahrungsquelle waren Fische – Nahrung, die zuihnen kam, so dass sie nicht wie die Jäger und Sammler umherziehen mussten. Sie hatten zudem Zugang zu üppigen Pflanzen mit Nüssen und Samen, insofern bestand keine Notwendigkeit, Tiere zu zähmen oder bestimmte Getreidesorten anzubauen. Vielleicht hatte es mit dieser reichhaltigen Versorgung mit Fisch und anderen Nahrungsmitteln zu tun, jedenfalls dauerte es vergleichsweise lange, bis sich in Japan die Landwirtschaft durchsetzte. Einfache Agrikultur in Form des Reisanbaus gelangte erst vor 2500 Jahren nach Japan – im internationalen Vergleich also sehr spät; bei den Töpfen jedoch waren die Japaner führend.
    Vor der Erfindung des Topfes lagerten die Menschen ihr Essen in Löchern im Boden oder in Körben. Beide Methoden boten wenig Schutz vor Insekten und allen diebischen Kreaturen, und die Körbe waren oft rasch abgenutzt und dem Wetter ausgesetzt. Packte man das Essen in stabile Tonbehältnisse, blieb es frisch, und die Mäuse hatten keine Chance – eine großartige Neuerung. Doch was Form und Beschaffenheit der neuen Gefäße anging, waren die Jōmon keineswegs innovativ: Sie sahen aus wie das, was man bereits hatte – Körbe. Immerhin verzierten sie die Tongefäße üppig. Professor Takashi Doi, leitender Archäologe bei der nationalen Kulturbehörde in Japan, beschreibt die Muster, die sie dabei verwendeten:
    «Die Verzierungen orientierten sich an dem, was sie um sich herum in der Natur sahen – Bäume, Pflanzen, Muscheln, Tierknochen. Die Grundmuster wurden mittels gewundener Pflanzenfasern oder Schnüren angebracht – wie wir herausgefunden haben, gibt es dabei eine recht ausgefeilte regionale und zeitliche Abfolge. Im Verlauf der Jōmon-Zeit finden sich mehr als 400 lokale Typen oder regionale Stile. Manche dieser Stile weisen derart markante Schnurmuster auf, dass man sie zeitlich ziemlich exakt bestimmen und auf 25 Jahre genau festlegen kann.»
    Die Jōmon fanden eindeutig Gefallen an diesem ausgefeilten ästhetischen Spiel, aber auch die praktischen Vorzüge ihrer neuen auslaufsicheren, hitzebeständigen Küchenutensilien dürften sie begeistert haben. Auf ihrem Speiseplan standen Gemüse und Nüsse, doch in ihren neuen Töpfen konnten sie auch Meeresfrüchte kochen – Austern und die verschiedensten Muscheln. Auch Fleisch wurde im Topf gebraten oder gekocht – Japan scheint der Geburtsort der Suppe und Heimat des Eintopfs zu sein. Simon Kaner erklärt, wie uns diese neue Form des Kochens heute dabei hilft, das Material zu datieren:
    «Zum Glück waren diese Kerle mit dem Abwasch ziemlich nachlässig – und so haben sie in diesen Töpfen verkohlte Essensrückstände hinterlassen, die schwarze

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