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Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Titel: Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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Ablagerungen auf der Innenseite gebildet haben. Einige der frühesten Töpfe, die heute auf eine Zeit vor rund 14.000 Jahren datiert werden – ihr Alter wurde aufgrund der schwarzen Verkrustungen ermittelt –, wurden vermutlich verwendet, um Gemüse auszukochen. Vielleicht kochten sie auch Fischbrühe aus? Und möglicherweise kochten sie auch Nüsse aus, ganz verschiedene Nüsse – darunter auch Eicheln –, die man sehr lange kochen muss, bevor man sie essen kann.»
    Das ist ein entscheidender Aspekt: Töpfe verändern die Ernährungsweise. Neue Nahrungsmittel werden erst essbar, wenn man sie kochen kann. Erhitzt man Meeresfrüchte in Flüssigkeit, so öffnen sich die Schalen und man gelangt leichter an den Inhalt, aber beim Kochen erweist sich auch, welche Exemplare schlecht und welche gut sind – die schlechten bleiben geschlossen. Mit Schrecken denkt man daran, wie es sein muss, mittels des Prinzips von Versuch und Irrtum herauszufinden, welche Nahrungsmittel essbar sind, doch dank des Kochens wird dieser Prozess deutlich vereinfacht und beschleunigt.
    Die Lebensweise der Jōmon als Jäger und Sammler, die durch die Fertigung von Keramik erweitert und verändert wurde, hat sich 14.000 Jahre lang nicht wesentlich verändert. Zwar wurden die ältesten Gefäße dieser Welt in Japan gefertigt, doch die Technik der Herstellung hat sich von dort nicht ausgebreitet. Ähnlich wie die Schrift ist auch die Töpferei offenbar zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten dieser Welt erfunden worden. Die ersten bekannten Gefäße aus dem Nahen und Mittleren Osten und aus Nordafrika wurden ein paar tausend Jahre nach den Jōmon-Töpfen angefertigt, und auf dem amerikanischen Kontinent dauerte es noch einmal ein paar tausend Jahre. Doch fast überall ging die Erfindung der Töpfe mit neuen Arten des Kochens und einem abwechslungsreicheren Speiseplan einher.
    Heute fungieren die Gefäße der Jōmon-Kultur bei großen Ausstellungen überall auf der Welt als Kulturbotschafter Japans. Die meisten Nationen präsentieren sich im Ausland, indem sie auf imperialen Glanz oder Invasionsarmeen zurückblicken. Das technisch und wirtschaftlich mächtige Japan hingegen bezieht seine Identität bemerkenswerterweise aus den Schöpfungen der frühen Jäger und Sammler. Auf mich als Außenstehenden wirkt das sehr beeindruckendund auch nachvollziehbar, denn die Akribie, mit der die Jōmon auf Details und Muster achteten, das stete Streben nach ästhetischer Verfeinerung und die lange Kontinuität der Jōmon-Traditionen scheinen bereits etwas sehr spezifisch Japanisches zu sein.
    Doch die Geschichte unseres kleinen Jōmon-Gefäßes ist damit noch nicht zu Ende, denn das vielleicht Bemerkenswerteste daran habe ich noch gar nicht erwähnt – dass die Innenseite sorgfältig mit einer Blattgoldlackierung ausgekleidet ist. Erzählt man Geschichte mittels Objekten, so ist das Faszinierende daran immer wieder, dass diese Objekte ein Fortleben und Schicksale haben, von denen diejenigen, die sie hergestellt haben, niemals auch nur zu träumen gewagt hätten – und für unser Gefäß gilt das ohne jeden Zweifel. Das Blattgold wurde irgendwann zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert aufgetragen, als japanische Wissenschaftler alte Gefäße entdeckten, sammelten und ausstellten. Es handelte sich vermutlich um einen wohlhabenden Sammler, der die Innenseite des Gefäßes mit einer dünnen Schicht Blattgold auskleiden ließ. Nach 7000 Jahren seiner Existenz begann für unseren Jōmon-Topf somit ein neues Leben – als
mizusashi
oder Frischwassergefäß für das japanische Ritual schlechthin, nämlich die Teezeremonie.
    Ich glaube nicht, dass der Hersteller dieses Gefäßes auch nur entfernt an eine solche Möglichkeit gedacht hatte.

Teil III
Die ersten Städte und Staaten
4000–2000 v. Chr.
    Die ersten Städte und Staaten entstanden
vor rund fünf- bis sechstausend Jahren in den
Flusstälern Nordafrikas und Asiens. Im heutigen Irak,
Ägypten, Pakistan und Indien lebten erstmals Menschen in
Siedlungen zusammen, die größer waren als Dörfer, und es
gibt Hinweise auf Könige, Herrscher und eine große Ungleichverteilung
von Reichtum und Macht; zu dieser Zeit entstand auch die
Schrift als Instrument, um wachsende Bevölkerungen unter Kontrolle
zu halten. Die ersten Städte und Staaten unterschieden sich in diesen
drei Regionen deutlich voneinander: In Ägypten und im Irak waren
sie äußerst kriegerisch, im Tal des Indus hingegen

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