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Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Titel: Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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welche Geschichten sich mit ihnen verbanden. Manchmal waren sie einfach nur Werkzeuge, die man benutzte und mit sich herumtrug und dabei vergaß, manchmal gerieten sie als wichtige Symbole in den Blick, die man emporhielt, die einen an Geschichten aus der Welt draußen erinnerten und die man mitunter weitergab – im Tausch mit einem Nachbarn, einem Verbündeten, jemandem, mit dem man sich gestritten hatte, und in Ausnahmefällen vielleicht auch beim Tod einer Person spielte das Beil eine Rolle. Es musste wie der Leichnam beseitigt oder bestattet werden, und in Großbritannien gibt es Hunderte, wenn nicht Tausende von Beilen, mit denen offenbar genau das geschah: Sie wurden in Gräbern bestattet, an Ritualstätten abgelegt und sogar in Flüsse geworfen.»
    Dass unser Beil keinerlei Gebrauchsspuren aufweist, hat ohne Zweifel damit zu tun, dass seine Besitzer es nicht benutzen wollten. Dieses Beil sollte nicht in der Landschaft Spuren hinterlassen, sondern in der Gesellschaft, seine Funktion bestand darin, ästhetischen Genuss zu bereiten. Dass es in so gutem Zustand erhalten geblieben ist, lässt darauf schließen, dass die Menschen es vor 6000 Jahren genauso wunderschön fanden wie wir heute. Unsere Vorliebe für das Edle und Exotische kann auf eine lange Tradition zurückblicken.



15
Frühe Schrifttafel
    Tontafel, gefunden im Südirak
3100–3000 v. Chr.
    Stellen Sie sich eine Welt vor, in der es keine Schrift gibt – überhaupt keine Schrift. In einer solchen Welt müsste man erfreulicherweise keine Formulare und Steuererklärungen ausfüllen, es gäbe aber auch keine Literatur, keine fortgeschrittene Wissenschaft, keine Geschichte. Man kann sich ein solches Szenario letztlich gar nicht wirklich ausmalen, denn das moderne Leben und die moderne Regierung basieren fast vollständig auf der Schrift. Von allen großen Fortschritten der Menschheit ist die Entwicklung der Schrift vielleicht der größte. Man könnte durchaus behaupten, dass sie sich auf die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft stärker auswirkte als jede andere Erfindung. Doch wann und wo nahm die Schrift ihren Anfang – und wie? Ein Stück Ton, das vor gut 5000 Jahren in einer Stadt in Mesopotamien hergestellt wurde, ist eines der frühesten Beispiele für Schrift, über das wir verfügen; die Menschen, denen wir die Standarte von Ur zu verdanken haben, haben uns auch eines der frühesten Beispiele für Schrift hinterlassen.
    Unser «Schriftstück» stellt nun wahrlich keine große Literatur dar, sondern handelt von Bier und der Geburt der Bürokratie. Es stammt aus dem heutigen Südirak, und es handelt sich nur um eine kleine Tontafel, ungefähr neun mal sieben Zentimeter groß – Größe und Form entsprechen ziemlich genau der Maus, mit der Sie Ihren Computer bedienen.
    Ton mag uns heute nicht unbedingt als ideales Schreibmedium erscheinen, doch der Lehm von den Ufern des Euphrat und Tigris war für alle möglichen Zwecke von unschätzbarem Wert, vom Städtebau bis zur Töpferei und, wie im Falle unserer Tafel, als schnell verfügbare und einfache Oberfläche, um etwasdarauf zu schreiben. Aus Sicht des Historikers hat Ton einen enormen Vorteil: Er ist beständig. Anders als der Bambus, auf dem die Chinesen schrieben und der schnell verrottet, und im Gegensatz zum Papier, das leicht kaputt geht, übersteht gebrannter Ton in trockenem Boden Tausende von Jahren – und deshalb erfahren wir aus diesen Tontafeln noch immer etwas. Im Britischen Museum haben wir rund 130.000 Schrifttafeln aus Mesopotamien, und aus aller Welt kommen Wissenschaftler zu uns, um diese einmalige Sammlung zu erforschen.
    Die Fachleute beschäftigen sich noch immer intensiv mit der Frühgeschichte der mesopotamischen Schrift, doch einige Fragen sind schon weitgehend geklärt, und zahlreiche Aspekte zeigen sich auch in diesem rechteckigen Stück Ton. Man kann deutlich erkennen, wie mit einem Schilfgriffel die Zeichen in den weichen Ton geritzt wurden, der dann hart gebacken und schön orangefarben wurde. Klopft man dagegen, hört man, dass dieses Täfelchen recht hart ist – darum hat es ja überlebt. Doch selbst gebrannter Ton hält nicht ewig, vor allem wenn er Dampf ausgesetzt war. Wir hier im Britischen Museum stehen unter anderem vor der Herausforderung, dass wir die Tafeln häufig in einem speziellen Ofen noch einmal brennen müssen, um die Oberfläche zu härten und die Inschrift darauf zu erhalten.
    Unser Täfelchen mit der Bierrechnung ist in drei Reihen mit je

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