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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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neben einem sehr großen Barbecue-Grill. Die Vorstellung, wie diese beiden Geräte einzeln oder hintereinander zum Einsatz gekommen waren, beschwor Bilder herauf, bei denen einem Verstand und Magen überzugehen drohten.
    Burt hatte eine aggressive Kampagne gestartet, um den Fall in den Medien zu halten, und seine Strategie war aufgegangen. Immer mehr Mandanten ließen sich von ihm vertreten, und die Summe seiner Schadensersatzforderungen stieg unaufhörlich. Innerhalb von drei Wochen hatten sich der Klage dreißig Kläger angeschlossen, und Burt forderte für jede klagende Partei eine Million Dollar. Wenn sich alle Angehörigen der Klage anschlossen, konnte es durchaus sein, dass sich die Schmerzensgeldforderungen am Ende auf 900 Millionen Dollar beliefen.
    An einem sengend heißen Nachmittag während der Hundstage im August brachte der UPS-Mann mir statt der Urnen, mit denen ich inzwischen schon rechnete, wenn er kam, einen flachen Pappumschlag. Darin steckte ein Briefumschlag mit dem geprägten Namen von Burts Kanzlei, und darin wiederum war ein Scheck über fünfzigtausend Dollar – nicht vom Konto der Kanzlei, sondern von Burts Privatkonto. Ich wählte die Nummer der Kanzlei und hatte Chloe am Apparat.
    »Hi, Chloe. Ist der Fürsprecher der Underdogs im Augenblick da?«
    »Was den Fürsprecher der Underdogs angeht, bin ich mir nicht so sicher«, sagte sie, »aber Mr. DeVriess ist da. Möchten Sie mit ihm sprechen?«
    »Sicher, zur Not tut er’s auch.« Ich hörte das Klicken in der Leitung.
    »Hallo, Doc«, sagte Burt.
    »Hallo, Burt«, sagte ich. »Ich habe Ihren Scheck bekommen. Wie kommen Sie dazu? Das ist ungefähr das Zehnfache dessen, was ich Ihnen in Rechnung gestellt habe.«
    »Ich retourniere das Honorar, das Sie mir im Frühling gezahlt haben«, sagte er.
    »Warum? Sie hatten es verdient«, sagte ich. »Sie haben mir geholfen, meinen Namen reinzuwaschen, und mich vor dem Gefängnis bewahrt. Es war jeden Penny wert, ich stehe in Ihrer Schuld. Und werde immer in Ihrer Schuld stehen.«
    »Ich schulde Ihnen auch was«, sagte er. »Sie haben meine Tante Jean gefunden. Und Sie haben mir den größten Fall meiner Karriere beschafft.«
    »Dann sind Sie zuversichtlich in der Sache?«
    »Könnte man so sagen, Doc. Ich habe gerade ein Vergleichsangebot über dreißig Millionen Dollar akzeptiert.«
    Ich pfiff. »Phantastisch, Burt«, sagte ich. »Das sind über eine Million Dollar pro Familie. Selbst nachdem Sie Ihr räuberisches Erfolgshonorar in Abzug gebracht haben, bleiben pro Familie mehr als siebenhunderttausend.«
    »Nun, ganz so üppig wird es nicht ausfallen«, sagte er. »Diese dreißig Millionen müssen alle Ansprüche abdecken, die in den nächsten zwölf Monaten noch angemeldet werden. Es wird den Anteil aller beträchtlich schmälern, wenn sich noch fünfzig oder gar hundert Menschen melden. Trotzdem«, sagte er, »bleiben für jede Familie mindestens ein paar hunderttausend Dollar.«
    Und Burt blieben coole neun Millionen Dollar. Ich warf noch einmal einen Blick auf den Scheck in meiner Hand, und plötzlich kamen mir die fünfzigtausend gar nicht mehr so viel vor. Trotzdem war es der größte Betrag, den mir je jemand überreicht hatte.

32
    Seit Tagen hatte sich die Hitze aufgebaut: 35 Grad, 36 Grad, 37 Grad. Die Sonne schwamm jeden Morgen durch den Dunst wie eine Blutorange und ging genauso unter, verschleiert und schimmernd. Die Zikaden zirpten wütend vom Vormittag bis in die Nacht, und je heißer es wurde, desto lauter zirpten sie. Vielleicht war es auch umgekehrt: Je lauter sie zirpten, desto heißer wurde es, all das Reiben der Beine und das Vibrieren der Membranen erzeugte eine gewaltige Hitze. Ich schaute an einem besonders lauten Baum in meinem Hof hinauf, halb in der Erwartung, Hunderte von Zikaden in Flammen aufgehen zu sehen.
    Die Türme der Innenstadt von Knoxville waren auf eine Entfernung von zwei Kilometern kaum noch zu sehen. Flussaufwärts über den Neyland Drive in Richtung Campus und Innenstadt zu fahren war fast wie ein Schöpfungsakt: Gebäude nahmen aus dem Dunst Gestalt an, auch wenn man leicht das Gefühl hatte, so recht scharfkantig und solide wurden sie nicht. Gehen war, als würde man durch Wackelpudding waten.
    Wo nicht gewässert wurde, riss die Erde von der Hitze und der Trockenheit auf. Maisstängel verdorrten auf den Feldern; die einst smaragdgrünen Weiden auf der anderen Flussseite gegenüber von Sequoyah Hills waren inzwischen wüstenbraun. Die Holsteiner

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