Eine Handvoll Buchstaben
oft ins Grübel, aber ich finde es nicht gut, dass du das charmelos ausnutzt.“
„Ich nutze gar nichts charmelos aus“, sagt Simon und trinkt wieder so verführerisch aus dem Glas, wie jemand, der einen anderen bezirzen möchte.
„Hör auf mich so anzusehen, du weißt was ich meine.“ Er hört auf mich so anzusehen, als ob er mich gleich vernaschen möchte. Dann sehe ich hinüber zu Vincent, der mit Silvia, Stroch, Susi und den anderen Gangmitgliedern um das Lagerfeuer sitzt und eine Flasche nach der anderen leert.
„Siehst du den Unterschied?“, fragt mich Simon und ich nicke. Dann sagt er, dass er gerne über Veränderungen reden möchte. In kurzen Sätzen sagt er, dass er sich endlich dazu entschlossen hätte, die Abendmatura zu machen.
„Hast du dich schon angemeldet?“
„Ja, habe ich?“
„AHS, HAK?“
„Ich werde die AHS machen, denn da hab ich die Möglichkeit Latein dazu zu nehmen, dass kann mir später helfen.“
„Ja, sicherlich.“
„Hattest du Latein?“
„Ja, hatte ich.“
„Da kann ich ja zu dir kommen, Nachhilfe und so.“
„Na ja, ich denke, nach dem heutigen Abend ist das keine so gute Idee.“
„Kevin“, sagt Simon zu mir und schluckt den Inhalt seines Glases wieder in einem Zug aus, „es war schon einmal so weit, du kannst unsere Anziehung nicht verleugnen.“
„Also, jetzt mach ‘mal halblang, ich bin mit Vincent zusammen, und werde es nicht aufgeben … okay?“
„Gut, du hast dich entschieden. Viel Spaß mit deiner Entscheidung.“
Dann geht Simon von mir weg und geht zu seinen Freunden, die um das Lagerfeuer sitzen oder stehen und trinken.
Ich schenke mir den letzten Rest des Weißweins in mein Glas und setzte mich auf den Klapptisch.
Irgendwo hat Simon ja recht, ich und Vincent … kann das wirklich gut gehen? Einmal wäre es schon fast passiert, dass Simon und ich uns näher als erlaubt gekommen wären, als niemand zu unserem Spieleabend kam, obwohl wir alles vorbereitet und alle eingeladen hatten. Nicht einmal Vincent war in Erscheinung getreten, er ist auf dem Nachhause weg in sin Lieblingspub gegangen und hatte die Zeit übersehen, wie er mir später sagte.
So was kotzt mich an, Simon würde mir das niemals antun, weil er Spieleabende, Literatur, Gedichte, Musik und Filme ganauso liebte wie ich. Aber von einer Beziehung in die nächste zu laufen, ist für mich nicht das Gelbe vom Ei und außerdem liebe ich doch Vincent, also warum sich Sorgen machen?
„Stimmt“, sage ich und fühle mich gleich besser.
Dann blicke ich das leere Glas Weißwein an und denke mir, dass Weißwein schmeckt, Vincent soll trinken, was immer er möchte. Er ist im besten Alter, ist hier mit seinen Freunden, er soll die Sau rauslassen. In dem Augenblick lallt Vincent und grölt ein paar Fußballsongs …
Frau Kogler kommt zu mir, sie wankt von einer Seite auf die andere und sagt: „Hal(l)o- Genlampe.“
„Eine schöne Lampe“, sage ich und sie blickt die Lampe an und nickt.
„Soll ich sie zu ihrem Wohnwagen begleiten?“
Heftiges Nicken.
„Gut“, sage ich und nehme ihr die Halogenlampe aus der Hand und begleite sie zu ihrem Wohnwagen. Tiefes Schnaufen und ärgerliches Jammern kommt mir entgegen, als ich die Tür zu ihrem Wohnwagen öffne und sie auf ihr Ehebett lege.
„Mama?“
„Ich bin auch noch da“, sage ich zu dem jungen Mann.
„Ach du?“
„Lieber Freund, ein wenig freundlicher kann man schon sein.“
„Warum?“
Ich blicke streng – so streng ich kann – den jungen Mann an, schüttle dann meinen Kopf und sage: „Darum, du Rotzlöffel, der sitzen bleibt, weil sein Freund sitzen geblieben ist.“
„Klaus hat das für mich getan“, sagt er, „und ich hab eh voll das schlechte Gewissen, er ist eigentlich ziemlich gut in der Schule, aber wir wollen zusammen den Abschluss machen.“
„Zwei Holzköpfe.“
„Geh! Und lass uns in Ruhe.“
Frau Kogler ist wieder wach geworden, nachdem ihr Sohn seine Stimme erhoben hat und lauter geworden ist.
„Ich gehe schon, schönen Abend. Und damit du gleich weißt, morgen wird gelernt. Nachhilfestunden.“
„Ja, das ist gut“, sagt Frau Kogler und fällt komatös wieder ins Bett. Ich lasse die Halogenlampe vor ihrem Wohnwagen und entferne mich und merke, dass es schon ein wenig leiser geworden ist. Einige Kerzen sind ausgegangen und das Singen von Vincents Freunden verstummt langsam in
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