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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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herumlagen, auf die Küchentür zu.
    Eine hübsche Frau Ende Dreißig und zwei zehnjährige Jungen saßen um den kleinen, aus Chrom und Plastik bestehenden Frühstückstisch herum. Sie waren mit dem Essen fertig; ungeduldig rutschten die beiden Jungen auf ihren Stühlen hin und her. Sonnenlicht fiel durch das Fenster über der Spüle. Die elektrische Uhr stand auf halb acht. In der Ecke dudelte das Radio. Eine große Kanne voll schwarzem Kaffee stand auf dem Tisch, umgeben von leeren Tellern und Milchgläsern und Besteck.
    Die Frau trug eine weiße Bluse und einen karierten Tweedrock. Beide Jungen hatten verwaschene Blue jeans, Turnhemden und Tennisschuhe an. Noch hatten sie ihn nicht bemerkt. Miller stand wie erstarrt im Türrahmen, während ihm Gelächter und Gesprächsfetzen entgegenschlugen.
    »Du mußt deinen Vater fragen«, erklärte die Frau mit gespielter Strenge. »Wartet, bis er zurückkommt.«
    »Er hat es uns bereits erlaubt«, protestierte einer der Jungen.
    »Nun, dann fragt ihr ihn eben noch einmal.«
    »Aber morgens ist er doch immer so brummig.«
    »Heute nicht. Er hat in der Nacht gut geschlafen. Und sein Heuschnupfen plagt ihn auch nicht mehr. Das liegt an dem neuen Antihistamin, das ihm der Arzt verschrieben hat.« Sie sah auf die Uhr. »Schau einmal nach, wo er so lange bleibt, Don. Er wird noch zu spät zur Arbeit kommen.«
    »Er wollte die Zeitung holen.« Einer der Jungen schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Der Zeitungsbote hat wieder einmal die Veranda verfehlt und sie in das Blumenbeet geworfen.« Er wandte sich zur Tür, und Miller und er standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Unvermittelt überfiel ihn die Erkenntnis, daß ihm der Junge vertraut war. Verdammt vertraut – wie jemand, den er kannte, nur jünger. Er wappnete sich für das, was auf ihn zukam, als der Junge abrupt stehenblieb.
    »He«, sagte der Junge. »Du hast mir einen Schrecken eingejagt.«
    Die Frau warf Miller einen kurzen Blick zu. »Was hast du dort draußen gemacht, George?« fragte sie. »Komm schon herein und trink deinen Kaffee aus.«
    Langsam ging Miller in die Küche. Die Frau leerte ihre Kaffeetasse; die beiden Jungen waren aufgestanden und drückten sich um ihn herum.
    »Hast du uns nicht erlaubt, daß wir das Wochenende mit der Gruppe aus der Schule am Russian River verbringen dürfen?« fragte Don. »Du sagtest, ich könnte mir einen Schlafsack von der Turnhalle ausborgen, weil du meinen einzigen an die Heilsarmee abgegeben hast wegen deiner Allergie gegen das Kapok, mit dem er gefüttert ist.«
    »Ja«, murmelte Miller unsicher. Don. Das war der Name des Jungen. Und sein Bruder hieß Ted. Aber woher wußte er das? Die Frau war vom Tisch aufgestanden und stapelte die schmutzigen Teller übereinander, um sie zur Spüle zu tragen. »Sie sagen, du hättest es ihnen bereits versprochen«, sagte sie über die Schulter hinweg. Die Teller klirrten in der Spüle und sie goß ein Spülmittel darüber. »Aber das eine Mal, als sie den Wagen fahren wollten und das gleiche behauptet hatten und ich glaubte, sie hätten deine Erlaubnis, da besaßen sie sie natürlich nicht.«
    Miller ließ sich benommen am Tisch nieder. Geistesabwesend spielte er mit seiner Pfeife. Er legte sie in den Kupferaschenbecher und fummelte an seinem Jackenärmel. Was ging hier vor? In seinem Kopf drehte sich alles. Abrupt richtete er sich auf und eilte zu dem über der Spüle angebrachten Fenster.
    Häuser, Straßen. Die fernen Berge jenseits der Stadt. Lärmende Menschen. Der dreidimensional projizierte Hintergrund war vollkommen realistisch; aber handelte es sich dabei denn um einen projizierten Hintergrund? Wie konnte er sicher sein? Was ging hier vor?
    »George, was ist los mit dir?« fragte Marjorie, als sie die rosa Plastikschürze umband und heißes Wasser in die Spüle laufen ließ. »Du solltest dich besser in den Wagen setzen und zur Arbeit fahren. Hast du gestern nacht nicht gesagt, daß der alte Davidson über die Angestellten schimpft, die zu spät zur Arbeit kommen und um den Wasserspender herumstehen und schwatzen und sich auf Kosten der Firma einen feinen Lenz machen?«
    Davidson. Der Name bohrte sich in Millers Gedanken. Natürlich kannte er ihn. Ein deutliches Bild stieg in ihm auf; ein großer, weißhaariger alter Mann, hager und ernst. Eine Weste und eine Taschenuhr. Und das ganze Büro der United Electronic Supply. Das zwölfstöckige Gebäude in der City von San Francisco. Der Zeitschriften- und

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