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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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verstummte. »Das ist es wieder.«
    »Das ist was?«
    »Alles!« Miller deutete ungeduldig aus dem Fenster. »Dieser ganze Ort. Diese verdammte Welt. Diese Ausstellung.«
    »Ich habe eine Idee«, erklärte Doktor Grunberg langsam. »Ich werde sie Ihnen verraten, und Sie hören einfach zu. Wenn sie Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es nur.« Er hob das kluge Gesicht und sah ihn ruhig an. »Haben Sie jemals Kinder mit Spielzeugraketen spielen sehen?«
    »Gott«, entgegnete Miller verdrossen, »ich habe Frachtraketen, die zwischen der Erde und dem Jupiter verkehren, auf dem Raumhafen La Guardia landen sehen.«
    Grunberg lächelte matt. »Hören Sie zu. Eine Frage. Ist Ihr Beruf anstrengend?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Es wäre hübsch«, sagte Grunberg leise, »in der Welt von morgen zu leben. Wo es Raketenschiffe und Roboter gibt, die alle Arbeit machen. Man könnte sich einfach zurücklehnen und sich am Leben erfreuen. Keinen Ärger, keine Sorgen. Keine Frustrationen.«
    »Meine Stellung in der Geschichtsagentur bereitet mir genug Sorgen und Frustrationen.« Miller stand abrupt auf. »Sehen Sie, Grunberg. Entweder ist dies eine Ausstellung in der Etage R der Geschichtsagentur, oder ich bin ein kleiner Angestellter mit einer Fluchtpsychose. Im Moment kann ich mich noch nicht entscheiden. In dem einen Moment wirkt alles real auf mich, und im nächsten ...«
    »Wir können das leicht feststellen«, bemerkte Grunberg.
    »Wie?«
    »Sie haben die Zeitung gesucht. Auf dem Weg, auf dem Rasen. Wo ist es geschehen? Auf dem Weg? Auf der Veranda? Versuchen Sie sich zu erinnern.«
    »Ich brauche mich nicht zu erinnern. Ich war noch auf dem Straßenpflaster. Ich war gerade an den Sicherheitssperren vorbei und über das Geländer gesprungen.«
    »Auf dem Straßenpflaster. Dann gehen Sie zurück. Suchen Sie die genaue Stelle.«
    »Warum?«
    »Damit Sie sich selbst davon überzeugen können, daß sich nichts auf der anderen Seite befindet.«
    Miller holte tief und ausgiebig Luft. »Angenommen, dort befindet sich etwas?«
    »Das ist unmöglich. Sie sagten selbst, daß nur eine der Welten real sein kann. Diese Welt ist real ...« Grunberg klopfte auf den massiven Mahagonischreibtisch. »Ergo werden Sie auf der anderen Seite nichts entdecken können.«
    »Ja«, nickte Miller nach einem Augenblick des Schweigens. Sein Gesicht nahm einen eigenartigen Ausdruck an. »Sie haben den Fehler gefunden.«
    »Welchen Fehler?« Grunberg war verwirrt. »Was ...«
    Miller näherte sich der Tür der Praxis. »Ich beginne zu verstehen. Ich habe die falsche Frage gestellt. Ich habe versucht zu entscheiden, welche Welt real ist.« »Natürlich sind beide real.«
    Er nahm sich ein Taxi und fuhr zum Haus zurück. Er traf niemanden an. Die Jungen waren in der Schule, und Marjorie war in die Stadt zum Einkaufen gegangen. Er wartete, bis er sicher war, daß niemand die Straße beobachtete, und ging dann über den Weg zum Bürgersteig.
    Er fand die Stelle ohne Schwierigkeiten. Ein blasser Schimmer hing in der Luft, eine durchlässige Öffnung nahe dem Parkstreifen. Dahinter konnte er verschwommene Gestalten erkennen.
    Er hatte recht gehabt. Dort lag sie – vollständig und real. So real wie der Bürgersteig unter seinen Füßen.
    Eine lange Metallstange wurde von den Rändern des Kreises abgeschnitten. Er erkannte sie; das Sicherheitsgeländer, über das er gesprungen war, um die Ausstellung zu betreten. Dahinter befand sich das Sicherheitsfeldsystem. Natürlich war es ausgeschaltet. Und jenseits davon waren der Rest des Stockwerkes und die fernen Wände des Geschichtsgebäudes.
    Er machte einen vorsichtigen Schritt durch das matte Flimmern. Es funkelte schwach und schräg um ihn. Die Gestalten wurden deutlicher. Ein Mann in einer dunkelblauen Robe. Einige neugierige Besucher, die sich die Ausstellung ansahen. Der Mann ging weiter und verschwand. Jetzt konnte er seinen Schreibtisch erkennen. Sein Lesegerät und die Studienbänder. Auf dem Schreibtisch lag die Aktentasche, genau dort, wo er es erwartet hatte.
    Während er nachdachte, ob er über das Geländer klettern und die Aktentasche holen sollte, erschien Fleming.
    Ein Instinkt zwang Miller dazu, aus dem matt flimmernden Kreis zurückzutreten, als Fleming näher kam. Vielleicht wegen Flemings Gesichtsausdruck. Auf jeden Fall stand Miller bereits auf dem festen Betonbürgersteig, als Fleming direkt vor der Barriere stehenblieb.
    »Miller«, begann er heiser. »Kommen Sie da heraus.«
    Miller lachte. »Seien

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