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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Bish dachte nach, klopfte mit den Fingern auf die Schreibtischfläche, auf die polierte Mahagoniplatte. Er schloß kurz die Augen, öffnete sie wieder und schien an Ed vorbeizusehen. »Ja. Ja, ich weiß, wo sich Ihr Sohn befindet, Mr. Doyle.«
    Ed Doyle entspannte sich. »Schön.« Er nickte und stieß erleichtert die Luft aus der Lunge.
    »Ich weiß genau, wo sich Ihr Sohn befindet. Vor ungefähr einem Jahr habe ich ihn an die Biologische Forschungsstation Los Angeles überwiesen. Dort wird er einer spezialisierten Ausbildung unterzogen. Ihr Sohn, Mr. Doyle, verfügt über ganz außergewöhnliche Anlagen. Er ist, würde ich sogar sagen, einer der wenigen, der ganz wenigen, bei denen wir wirkliches Talent festgestellt haben.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    »Ihn sehen? Wie meinen Sie das?«
    Doyle zwang sich zur Ruhe. »Ich glaube, der Ausdruck ist klar verständlich.«
    Doktor Bish kratzte sich am Kinn. Sein Fotozellengehirn summte und arbeitete mit höchster Kapazität. Schaltungen lenkten Kraftströme, bauten Ladungen auf und ab, während er den vor ihm sitzenden Mann betrachtete. »Sie wollen ihn betrachten? Das wäre eine Bedeutung dieses Ausdrucks. Oder möchten Sie mit ihm sprechen? Manchmal benutzt man dieses Wort dann, um einen direkteren Kontakt zu umschreiben. Es handelt sich um einen sehr unpräzisen Begriff.«
    »Ich möchte mit ihm sprechen.«
    »Ich verstehe.« Langsam zog Bish einige Formulare aus dem Postkorb auf seinem Schreibtisch. »Natürlich müssen Sie zunächst ein paar Routinedokumente ausfüllen. Wie lange möchten Sie denn mit ihm sprechen?«
    Ed Doyle sah fest in Doktor Bishs freundliches Gesicht. »Ich würde mich gern ein paar Stunden mit ihm unterhalten. Allein.«
    »Allein?«
    »Ohne Roboter.«
    Doktor Bish sagte nichts. Er strich über die Papiere, die er in der Hand hielt, und glättete die Ecken mit seinem Nagel. »Mr. Doyle«, erklärte er bedächtig, »ich frage mich, ob Sie sich in der richtigen Gefühlsverfassung befinden, um Ihren Sohn zu besuchen. Sie sind soeben von den Kolonien zurückgekommen?«
    »Ich verließ Proxima vor drei Wochen.«
    »Also sind Sie gerade erst in Los Angeles eingetroffen?«
    »So ist es.«
    »Und Sie sind gekommen, um Ihren Sohn zu sehen? Oder haben Sie noch andere Dinge zu erledigen?«
    »Ich kam wegen meines Sohnes.«
    »Mr. Doyle, Peter befindet sich in einem sehr kritischen Stadium. Er ist erst kürzlich zur Biologiestation versetzt worden, um seine Ausbildung zu vertiefen. Bis jetzt wurde er nur allgemein unterrichtet. Wir nennen dies das non-differenzierte Stadium. Soeben erst hat für ihn ein neuer Abschnitt begonnen. Innerhalb der letzten sechs Monate hat Peter mit fortgeschrittenen Arbeiten in seinem Spezialgebiet, der organischen Chemie ...«
    »Was hält Peter davon?«
    Bish runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht, Sir.«
    »Wie fühlt er sich dabei? Ist es das, was er wollte?«
    »Mr. Doyle, Ihr Sohn hat das Talent, einer der besten Biochemiker der Welt zu werden. Während der ganzen Zeit, in der wir mit menschlichen Wesen gearbeitet und für ihre Ausbildung und Fortentwicklung gesorgt haben, sind wir noch nie auf jemanden gestoßen, der bessere Fähigkeiten für die Aufnahme von Informationen, das Formulieren von Theorien und die Erarbeitung des Materials besaß als Ihr Sohn. Alle Tests besagen, daß er rasch bis zur Spitze seines gewählten Fachbereichs vorstoßen wird. Er ist noch immer ein Kind, Mr. Doyle, aber es sind die Kinder, die ausgebildet werden müssen.«
    Doyle erhob sich. »Sagen Sie mir, wo ich ihn finden kann. Ich werde mit ihm zwei Stunden lang sprechen, und der Rest liegt dann bei ihm.«
    »Der Rest?«
    Doyle preßte die Lippen zusammen. Er schob die Hände in die Taschen. Sein Gesicht war gerötet und grimmig vor Entschlossenheit. In den neun Jahren war er schwerer, untersetzter und rosiger geworden. Sein dünneres Haar hatte eine eisgraue Färbung angenommen. Seine Kleidung war zerknittert und ungebügelt. Er machte einen halsstarrigen Eindruck.
    Doktor Bish seufzte. »In Ordnung, Mr. Doyle. Hier sind die Papiere. Das Gesetz erlaubt Ihnen, Ihren Sohn zu besuchen, wenn Sie einen formellen Antrag stellen. Da er das non-differenzierte Stadium hinter sich hat, können Sie ihn neunzig Minuten lang sprechen.«
    »Allein?«
    »Für diesen Zeitraum dürfen Sie mit ihm das Stationsgelände verlassen.« Doktor Bish schob die Unterlagen zu Doyle hinüber. »Füllen Sie das hier aus, und ich werde Peter hierherbringen

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