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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Hintertür und betrat das Haus. „Wirklich nicht schlecht.“
    „Was ist nicht schlecht, Schatz?“ fragte Mary und blickte kurz vom Tisch auf. Sie legte ihre Zeitschrift beiseite und erhob sich. „Warum siehst du so glücklich aus? Was ist geschehen?“
    „Nichts. Wirklich nichts.“ Er küßte sie zärtlich auf den Mund. „Du siehst heute wunderschön aus, Kleines.“
    „Oh, Henry!“ Sie errötete. „Wie süß.“
    Er sah bewundernd seine Frau an, die einen zweiteiligen Badeanzug aus durchsichtigem Plastik trug. „Sehr hübsch, was du da anhast.“
    „Aber Henry! Was ist denn in dich gefahren? Du siehst so … so gutgelaunt aus!“
    Ellis lächelte. „Oh, ich glaube, mir macht meine Arbeit Spaß. Weißt du, nichts ist mehr wert, als wenn einem der Beruf Freude bereitet. Wenn man gute Arbeit leistet, wie man sagt. Eine Arbeit, auf die man stolz sein kann.“
    „Du hast doch immer behauptet, daß du nur ein winziges Rädchen in einer großen unpersönlichen Maschinerie bist.“
    „Die Dinge haben sich geändert“, erklärte Ellis fest. „Ich arbeite an einem … hm … an einem neuen Projekt. An einer neuen Aufgabe.“
    „Einer neuen Aufgabe?“
    „Ich sammle Informationen. Eine Art … kreative Tätigkeit. Wie man so sagt.“
    Bis Ende der Woche hatte er ihnen eine Menge Informationen übermittelt.
    Gegen neun Uhr dreißig brach er zur Arbeit auf. Dadurch konnte er eine volle halbe Stunde damit verbringen, auf Händen und Knien dazuhocken und durch die transparente Stelle im Nebel zu blicken. Es machte ihm Spaß, sie und das, was sie in ihrer mikroskopischen Welt taten, zu beobachten.
    Ihre Zivilisation war noch sehr primitiv. Daran bestand kein Zweifel. Im Vergleich zum irdischen Standard konnte man sie nicht einmal als Zivilisation bezeichnen. Soweit er es beurteilen konnte, verfügten sie über keinerlei technische Hilfsmittel; es war eine Art Agrarkultur, ein primitiver Kommunismus, eine monolithische, in Stämmen organisierte Gesellschaft, die offenbar relativ wenig Köpfe zählte.
    Allerdings traf dies nur auf eine bestimmte Periode zu. Das war etwas, das er nicht verstand. Jedesmal, wenn er durch den Tunnel kam, wartete eine andere Gruppe auf ihn. Niemals traf er vertraute Gesichter wieder. Und auch ihre Welt veränderte sich. Die Bäume, die Felder, die Tiere. Offenbar auch das Wetter.
    Unterlagen sie einem anderen Zeitablauf? Sie bewegten sich schnell, ruckhaft. Wie ein Videoband, das mit zu hoher Geschwindigkeit ablief. Und ihre schrillen Stimmen. Vielleicht war es so. Ein völlig anderes Universum, in dem auch die Zeitstruktur radikal verschieden war.
    Und ihr Verhältnis zu ihm warf keine Fragen auf. Nach den ersten Kontakten begannen sie Opfergaben zusammenzutragen, unglaublich kleine Stücke rauchender Nahrung, die sie über Feuerstellen oder in offenen Ziegelkaminen zubereiteten. Wenn er seine Nase gegen das graue Wallen preßte, konnte er das matte Aroma der Opfergaben riechen. Es war stark und scharf. Gut gewürzt. Hauptsächlich Fleisch.
    Am Freitag nahm er ein Vergrößerungsglas mit und beobachtete sie damit. Es war tatsächlich Fleisch. Sie schafften ameisengroße Tiere herbei, die sie töteten und kochten und über den Feuern verbrannten. Mit dem Vergrößerungsglas konnte er weitere Einzelheiten ihrer Gesichter erkennen. Es waren seltsame Gesichter. Markant geschnitten und dunkel, mit einem erstaunlich festen Blick.
    Aber natürlich sah man ihn ganz anders an. Mit einer Mischung aus Furcht, Vertrauen und Hoffnung. Es verschaffte ihm ein gutes Gefühl, daß dieser Blick allein ihm vorbehalten war. Untereinander brüllten sie sich an und stritten – und manchmal bekämpften sie sich und stachen voller Wildheit aufeinander ein, rollten in einem wilden Durcheinander mit ihren braunen Roben über den Boden. Sie waren mutige und kräftige Menschen. Er bewunderte sie sogar.
    Und dies war gut – denn so fühlte er sich besser. Von einem derart stolzen, wilden Volk ehrfurchtsvoll bewundert zu werden, das war schon etwas. Nichts Feiges war an ihnen.
    Beim fünften Zusammentreffen entdeckte er ein beeindruckendes Gebäude, das sie errichtet hatten, eine Art Tempel. Ein Ort religiöser Verehrung.
    Ihm geweiht! Sie entwickelten anhand seiner Person tatsächlich eine Religion. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Er begann, bereits um neun zur Arbeit aufzubrechen, und verbrachte mit ihnen eine volle Stunde. Gegen Mitte der zweiten Woche existierten bereits ausgefeilte Rituale. Prozessionen,

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