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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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schnitt ihm Cupertino das Wort ab und gab ihm den Zettel zurück. „Die Direktoren sind für diese ganze Tragödie verantwortlich; deretwegen hatte ich es tun müssen. Und Sie wissen das, also schauen Sie mich nicht so an. Es war ihr Plan, der geheimgehalten werden mußte; ist das nicht so?“
    Dr. Hagopian seufzte. „Um vier Uhr morgens wirkt alles konfus. Die ganze Welt erscheint bedrohlich. Mir ist bekannt, daß Sie zu dieser Zeit bei Sechs-Planeten beschäftigt waren, oben auf Ganymed. Aber die moralische Verantwortung …“ Er verstummte. „Es ist schwer zu sagen, Mr. Cupertino. Sie haben den Abzug des Laserstrahlers betätigt, also haben Sie die letzte moralische Verantwortung.“
    „Carol wollte den örtlichen Homöozeitungen verraten, daß es bald einen Aufstand geben würde, um Ganymed zu befreien, und die bourgeoise Regierung von Ganymed, die in der Hauptsache von Sechs-Planeten gestellt wurde, war darin verwickelt; ich sagte ihr, daß wir nicht zulassen konnten, daß sie alles verriet. Sie tat es aus niedrigen, boshaften Motiven, aus Haß auf mich; es hatte nichts mit den eigentlichen Problemen zu tun.“
    „Gehen Sie zu dieser Adresse in South Pasadena“, drängte ihn Dr. Hagopian. „Besuchen Sie Carol. Überzeugen Sie sich selbst, daß Sie sie nicht getötet haben, daß das, was vor drei Jahren auf Ganymed geschehen ist, ein …“ Er gestikulierte und suchte nach Worten.
    „Ja, Doktor?“ fragte Cupertino scharf. „Was war es wohl? Denn an diesem Tag – oder besser in dieser Nacht – habe ich Carol mit dem Laserstrahl genau über die Augen getroffen, genau in den vorderen Hirnlappen; sie war tatsächlich tot, bevor ich das Konap verließ, mich zum Raumhafen wandte und an Bord eines Interplanschiffes ging und zur Erde flog.“ Er wartete; es würde Hagopian schwerfallen, die richtigen Worte zu finden, und gewiß einige Zeit beanspruchen.
    Nach einer Weile gab Hagopian zu: „Ja, Ihre Erinnerungen sind sehr genau; es steht alles in meiner Akte, und ich sehe keinen Grund, daß Sie noch einmal alles wiederholen – offen gesagt halte ich es in Anbetracht dieser frühen Morgenstunde sogar für überflüssig. Ich weiß nicht, warum Sie diese Erinnerungen besitzen; ich weiß nur, daß sie nicht stimmen, weil ich Ihre Frau getroffen habe, mit ihr gesprochen und korrespondiert habe, noch nach diesem Tag auf Ganymed, an dem Sie sie getötet haben – wie Sie sich einreden. Zumindest da bin ich mir sicher.“
    „Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund, warum ich sie besuchen soll“, forderte ihn Cupertino auf. Er machte Anstalten, den Zettel zu zerreißen.
    „Einen?“ Dr. Hagopian dachte nach. Er wirkte müde und erschöpft. „Ja, ich kann Ihnen einen vernünftigen Grund nennen, aber womöglich werden Sie ihn nicht akzeptieren.“
    „Versuchen Sie es.“
    „Carol“, erklärte Dr. Hagopian, „war in jener Nacht auf Ganymed, in der Nacht, in der Sie sie angeblich getötet haben. Vielleicht kann sie Ihnen sagen, warum Sie diese falsche Erinnerung besitzen; sie deutete in ihren Briefen an, daß sie etwas darüber wüßte.“ Er musterte Cupertino. „Mehr wollte sie mir nicht verraten.“
    „Ich werde gehen“, sagte Cupertino. Und näherte sich flink der Tür von Dr. Hagopians Praxis. Seltsam, dachte er, daß man versucht, von einer Toten etwas über ihren Tod zu erfahren. Aber Hagopian hatte recht; Carol war die einzige Person, die in jener Nacht anwesend gewesen war … Er hätte schon vor langer Zeit erkennen können, daß er sie eines Tages würde aufsuchen müssen.
    Um sechs Uhr morgens stand er vor Carol Holt Cupertinos Tür. Er mußte lange klingeln, bevor sich die Tür des kleinen Einfamilienhauses öffnete. Carol, bekleidet mit einem blauen, durchsichtigen Nylonnachthemd und weißen, pelzbesetzten Sandalen, erschien mit verschlafenem Gesicht im Türrahmen. Eine Katze drängte sich an ihr vorbei.
    „Kennst du mich noch?“ fragte Cupertino und machte der Katze Platz.
    „O Gott.“ Sie strich eine blonde Haarsträhne aus ihren Augen und nickte. „Wieviel Uhr ist es?“ Graues, kaltes Licht lag über der fast leeren Straße; Carol fröstelte und verschränkte die Arme. „Warum kommst du so früh? Du bist doch sonst nie vor acht Uhr aufgestanden.“
    „Ich war noch nicht im Bett.“ Er schob sich an ihr vorbei und betrat das dunkle Wohnzimmer mit den zugezogenen Vorhängen. „Wie wäre es mit Kaffee?“
    „Natürlich.“ Lustlos ging sie in die Küche und preßte am Herd den

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