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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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metallische Stimme. „Die nicht!“
    Abrupt verstummte der Mann. Die beiden Frauen sahen einander an, und dann kehrten ihre Blicke wieder zu dem Mann und der kleinen Metallfigur zurück. Hastig eilten sie weiter.
    Der kleine Soldat blickte auf und die Straße hinunter, betrachtete die Autos und die Kauflustigen. Plötzlich zitterte er und stieß mit leiser, heiserer Stimme etwas hervor.
    Der Mann schluckte. „Nicht das Kind“, bat er rauh. Er versuchte, die Figur festzuhalten, aber die Metallfinger gruben sich tief in seine Hand. Er keuchte auf.
    „Sag ihnen, daß sie stehenbleiben sollen“, schrillte die kleine Figur. „Sie müssen stehenbleiben!“ Die Metallfigur riß sich los und klapperte mit steifen, ungelenkigen Beinen über das Pflaster.
    Der Junge und sein Vater verlangsamten ihre Schritte, blieben schließlich stehen und sahen dem Spielzeug interessiert zu. Der sitzende Mann lächelte schwach; er verfolgte, wie die Figur sie erreichte und sich drehte, während die Arme sich auf und ab bewegten.
    „Machen Sie Ihrem Jungen eine Freude. Es ist ein wundervolles Spielzeug. Ein aufregender Zeitvertreib.“
    Der Vater lächelte und beobachtete, wie die Figur sich seinem Schuh näherte. Der kleine Soldat stieß gegen den Absatz. Er summte und klickte. Dann hörte er auf, sich zu bewegen.
    „Zieh ihn auf!“ rief der Junge.
    Sein Vater griff nach der Figur. „Wieviel?“
    „Fünfzig Cent.“ Der Verkäufer erhob sich unsicher und hielt die Schachtel fest umklammert. „Machen Sie Ihrem Jungen eine Freude.“
    Der Vater drehte die Figur. „Du bist sicher, daß du ihn haben willst, Bobby?“
    „Klar! Zieh ihn auf!“ Bobby griff nach dem kleinen Soldaten. „Laß ihn wieder gehen!“
    „Ich kaufe ihn“, erklärte der Vater. Er holte aus seiner Tasche eine Dollarnote hervor.
    Benommen, mit abgewandtem Gesicht gab ihm der Verkäufer das Wechselgeld.
     
    Alles lief ausgezeichnet.
    Die kleine Figur lag ruhig da und überdachte alles. Alle Umstände hatten zusammengewirkt und zu einer optimalen Lösung geführt. Das Kind hätte vielleicht nicht stehenbleiben mögen und der Erwachsene kein Geld haben können. Viele Dinge hätten schiefgehen können; allein daran zu denken, war schrecklich genug. Aber alles war ideal verlaufen.
    Die kleine Figur blickte zufrieden von dem Rücksitz des Autos auf. Korrekt hatte sie gewisse Hinweise interpretiert: Die Erwachsenen hatten die Macht, und deshalb besaßen die Erwachsenen auch das Geld. Sie waren stark, und ihre Stärke verhinderte, daß man sie überwältigte. Ihre Stärke und ihre Größe. Bei den Kindern war es anders. Sie waren klein, und es war leichter, mit ihnen zu reden. Sie akzeptierten alles, was sie hörten, und sie taten, was man ihnen sagte. Zumindest behauptete man dies in der Fabrik.
    Die kleine Figur lag da und gab sich verträumten, lustvollen Gedanken hin.
    Das Herz des Jungen pochte heftig. Er lief die Treppen hinauf und öffnete die Tür. Nachdem er sie sorgfältig wieder geschlossen hatte, trat er ans Bett und ließ sich darauf nieder. Er betrachtete das Spielzeug in seinen Händen.
    „Wie heißt du?“ fragte er. „Wie nennt man dich?“
    Die Metallfigur antwortete nicht.
    „Ich werde dir alles zeigen. Du mußt jeden kennenlernen. Es wird dir hier bestimmt gefallen.“
    Bobby legte die Figur auf das Bett. Er hastete zum Kleiderschrank und holte einen Karton hervor, der bis zum Bersten mit Spielsachen gefüllt war.
    „Das ist Bonzo“, erklärte er und hielt einen zerrupften Stoffhasen hoch. „Und das ist Fred.“ Er drehte das Gummischwein, damit es der Soldat von allen Seiten sehen konnte. „Und natürlich Teddo. Das ist Teddo.“
    Er trug Teddo zum Bett und legte ihn neben den Soldaten. Teddo lag still da und blickte mit glasigen Augen hinauf zur Decke. Teddo war ein brauner Bär, und durch das Fell hindurch lugte schon das Stroh.
    „Und wie sollen wir dich nennen?“ fragte Bobby. „Ich glaube, wir sollten eine Versammlung abhalten und dann entscheiden.“ Er schwieg und dachte nach. „Ich werde dich aufziehen, damit wir alle sehen können, wie du funktionierst.“
    Er begann vorsichtig die Figur aufzuziehen und drehte sie dazu auf den Rücken. Als sich der Schlüssel nicht mehr weiterbewegte, bückte er sich und stellte die Figur auf den Boden.
    „Geh schon“, sagte Bobby. Die Metallfigur stand reglos da. Dann begann sie zu summen und zu klicken. Steifbeinig stakste sie über den Boden. Plötzlich veränderte sie ihre Richtung und

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