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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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langsam auf der weißen Decke der Kommode neben dem Metallsoldaten nieder. Es war ein winziges Modellflugzeug.
    „Wie steht es?“ fragte das Flugzeug. „Ist bis jetzt alles in Ordnung?“
    „Ja“, erklärte Mein Gebieter. „Und die anderen?“
    „Es sieht nicht besonders gut aus. Nur einer Handvoll von ihnen ist es gelungen, in die Nähe von Kindern zu kommen.“
    Der Soldat keuchte entsetzt auf.
    „Die größte Gruppe fiel den Erwachsenen in die Hände. Wie du weißt, ist dies nicht sonderlich befriedigend. Es ist sehr schwierig, Erwachsene zu kontrollieren. Sie zerbrechen sie, oder sie warten, bis die Feder abgelaufen ist …“
    „Ich weiß.“ Mein Gebieter nickte düster.
    „Vermutlich wird sich die Lage auch nicht bessern. Wir müssen darauf vorbereitet sein.“
    „Du verschweigst mir etwas. Heraus damit!“
    „Offen gesagt, über die Hälfte von ihnen sind bereits zerstört, von den Erwachsenen zertreten worden. Es wird berichtet, auch ein Hund hätte einen erwischt. Kein Zweifel, unsere einzige Hoffnung liegt bei den Kindern. Wenn überhaupt, dann haben wir bei ihnen Erfolg.“
    Der kleine Soldat nickte. Natürlich hatte der Bote recht. Sie hatten nie damit gerechnet, einen offenen Krieg gegen die herrschende Rasse, die Erwachsenen, zu gewinnen. Ihre Größe, ihre Stärke, ihre ungeheure Macht beschützte sie. Der Spielzeughändler war ein gutes Beispiel. Oft hatte er zu fliehen, sie zu täuschen und davonzulaufen versucht. Ein Teil der Gruppe mußte ihn die ganze Zeit über beobachten, und zu frisch im Bewußtsein war noch jener entsetzliche Tag, an dem er sie nicht aufgezogen und gehofft hatte …
    „Hast du dem Kind die Instruktionen gegeben?“ fragte das Flugzeug. „Hast du es vorbereitet?“
    „Ja. Es akzeptiert, daß ich hierbleiben werde. So sind die Kinder eben. Als unterworfene Rasse hat man ihnen das Gehorchen beigebracht; das ist alles, was sie können. Ich bin nichts als ein weiterer Lehrer, der in sein Leben dringt und ihm Befehle erteilt. Eine andere Stimme, die ihm sagt …“
    „Hast du die zweite Phase eingeleitet?“
    „So bald?“ Mein Gebieter war erstaunt. „Warum? Ist es erforderlich, so schnell vorzugehen?“
    „Die Fabrik beginnt, sich Sorgen zu machen. Wie ich schon bemerkte, ist der Großteil der Gruppe zerstört.“
    „Ich weiß“, nickte Mein Gebieter geistesabwesend. „Wir haben dies erwartet, realistisch geplant, das Risiko durchdacht.“ Auf der Kommodendecke ging er unruhig auf und ab. „Natürlich wußten wir, daß viele in ihre, in die Hände der Erwachsenen, fallen würden. Die Erwachsenen sind überall, in allen Schlüsselpositionen, an jedem wichtigen Ort. Es ist die Psychologie der herrschenden Rasse, jede Phase des gesellschaftlichen Lebens zu kontrollieren. Aber solange jene überleben, die die Kinder erreichen …“
    „Selbstverständlich kannst du es nicht wissen, aber außer dir sind nur drei weitere übriggeblieben. Nur drei.“
    „Drei?“ stieß Mein Gebieter hervor.
    „Selbst jene, die Kinder erreicht hatten, sind zumeist vernichtet worden. Eine tragische Situation. Deshalb möchte man, daß du mit der zweiten Phase beginnst.“
    Mein Gebieter krümmte die Finger, und sein Antlitz verriet eisernes Entsetzen. Nur noch drei waren übrig … Welche Hoffnungen hatte man doch in ihre Gruppe gesetzt und sich hervorgewagt, obwohl so klein, so vom Wetter abhängig – und darauf angewiesen, aufgezogen zu werden. Wenn sie doch nur größer wären.
    Aber die Kinder. Was hatte versagt? Was war aus ihrer einzigen Chance, ihrer einzigen, ungewissen Hoffnung geworden?
    „Wie ist es passiert? Was geschah?“
    „Niemand weiß es. In der Fabrik herrscht Aufruhr. Und jetzt gehen die Rohstoffe zur Neige. Einige der Maschinen sind defekt, und niemand weiß, wie sie zu reparieren sind.“ Das Flugzeug näherte sich dem Rand der Kommode. „Ich muß zurück. Ich werde mich später wieder melden und mich nach deinen Fortschritten erkundigen.“
    Das Flugzeug hob ab und flog durch das offene Fenster hinaus. Benommen blickte Mein Gebieter ihm nach.
    Wie konnte das geschehen? Sie waren sich mit den Kindern so sicher gewesen. Sie hatten alles geplant …
    Er meditierte.
    An diesem Abend saß der Junge am Tisch und starrte gedankenversunken auf sein Geographiebuch. Unbehaglich bewegte er sich und blätterte weiter. Schließlich klappte er das Buch zu. Er griff in den Schrank, um den großen Karton herauszuholen, als ihn eine leise Stimme von der Kommode aus

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