Eine Hexe mit Geschmack
bist mein Vertrauter, oder?
Dein Platz ist an meiner Seite, oder etwa nicht?
»Na ja, schon...«
»Nun gut. Wir werden uns um deinen
gewaltsamen Tod kümmern, auf den du gehofft hast. Auch wenn ich dir nichts
versprechen kann.«
»Ja, Herrin.« Er strahlte.
»Und ich?«, fragte die graue
Füchsin.
»Du kannst tun, was du möchtest«,
sagte ich.
»Dann werde ich mitkommen.«
Gwurm ging, um Wyst zu holen, und
Penelope versuchte, sich in meine Hand zu zwängen.
»Lass das. Du gehst mit Gwurm. Ich
werde höchstwahrscheinlich sehr bald tot sein, und er wird eine Freundin brauchen.
Ich verlasse mich darauf, dass du dich um ihn kümmerst.«
Sie streckte sich und ruckte
einmal.
»Braves Mädchen.« Ich wandte mich
Molch zu. »Es ist Zeit zu gehen.«
Er konnte es sich nicht
verkneifen, Penelope selbstgefällig anzugrinsen, obwohl er eigentlich nicht
mehr bekommen hatte als den beinahe sicheren Untergang.
Der Phantomdiener materialisierte
an der Vordertür. »Hier entlang, meine Dame. Der Herr erwartet dich.«
Gwurm kam mit Wyst über der
Schulter die Treppe herunter. »Viel Glück.«
Ich warf einen Blick zurück auf
meinen Troll, meinen Besen und den schlummernden weißen Ritter. »Sag ihm, es
tut mir leid.«
»Er wird es verstehen.«
Ich war mir da nicht so sicher.
Wyst war ein stolzer Mann. Er hätte gewählt, an meiner Seite zu sterben, und es
war eigentlich nicht richtig, dass ich es ihm nicht erlaubte.
»Sag ihm ...« Es fiel mir schwer,
die Worte zu sagen. Ich hätte es Wyst im Schlafzimmer sagen sollen. Jetzt
konnte ich es nicht.
»Das weiß er schon«, sagte Gwurm.
»Genauso wie du es weißt.«
»Gehen wir nun oder nicht?«
Der Diener führte uns auf einen
gepflasterten Weg, der einen hohen Hügel hinaufführte. Penelope und Gwurm
steuerten mit Wyst und dem Ross im Schlepptau in die andere Richtung. Ich wusste
nicht, ob sie es schaffen würden, aber mich zu begleiten war ihr sicherer Tod.
So hatten sie eine Chance.
Ich schob die Ablenkung von mir,
während wir den Weg hinaufmarschierten. Die Magie ist überall, in allen Dingen
und an allen Orten. Aber in manchen Dingen liegt mehr Magie als in anderen.
Verfluchte Hexen und Zauberer-Inkarnationen ziehen die dunkle Macht magnetisch
an. Als wir näher kamen, knisterte die Macht in der Luft. Die Magie wusste,
dass eine schreckliche Schlacht beginnen würde, und sie bot uns all ihre Stärke
an, um einen schillernden Kampf zu gewährleisten.
Hexenmagie ist eine subtile Kunst.
Ich mochte außerhalb meines Elements sein, aber die Grausige Edna hatte mich
vorbereitet. »Denk daran, Kind, dass die Magie keinen Regeln als ihren eigenen
folgt. Viele ihrer Anhänger verstehen das nicht. Sie passen sich nicht an, wenn
die Magie es verlangt. Vor allem, weil sie in ihrer Art mit der Zeit
festgefahren sind. Aber eine gute Hexe kennt ihren Platz, und eine große Hexe
versteht, dass Erfahrung genauso oft eine Bürde wie eine Gabe sein kann.«
Um den Seelenlosen Gustav zu
besiegen, musste ich nur alles vergessen, was ich gelernt hatte, aber das
Verlernen ist die größte Gabe von uns Hexen. Vielleicht war ich gar nicht so
sehr außerhalb meines Elements wie ich dachte.
Ich erwartete auf der anderen
Seite des Hügels alles und nichts. Aber die Landschaft bestand weiterhin aus
gewöhnlichen Phantomfeldern mit Gras. Die Pflastersteine endeten an einem
glänzenden Silberwürfel.
»Was ist das?«, fragte Molch.
»Das Herz einer Welt, die nicht
existiert«, antwortete ich.
Die Gesichtsform des Seelenlosen
Gustav drückte sich durch die schimmernde Oberfläche. »Du solltest dich geehrt
fühlen. Du bist die Erste, die das wundervolle Schicksal sieht, das dieses
Universum ersetzen soll.« Er warf einen Blick auf meine Begleiter. »Ich hatte
dich allein erwartet.«
»Die Ente ist mein Vertrauter. Die
Füchsin ist lediglich eine Beobachterin.«
»Für die Nachwelt, was? Eine
hervorragende Idee. Tretet ein und seht meine Herrlichkeit.«
Sein Gesicht schmolz in den
Würfel, und ich trat durch seine nicht spürbare Oberfläche. Eigentlich trat ich
weniger ein, vielmehr dehnte sich der Würfel um meine Wahrnehmungen herum aus.
Zuerst kam die Illusion der Zeit, um einen Augenblick vom anderen unterscheiden
zu können. Dann kam die Phantasie des Raums. Danach die anderen Details der
Schöpfung des Seelenlosen Gustav. Die zahllosen unwichtigeren Einzelheiten, die
ein Phantomuniversum ausmachen, fügten sich zusammen. Ich stand an der Schwelle
eines Miniaturkosmos. Dutzende
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