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Eine hinreißend widerspenstige Lady

Titel: Eine hinreißend widerspenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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gedacht hatte, als sie das Klopfen hörte und Mr. Carsington in der offenen Tür stehen sah.
    Ihr fiel ein, wie er sie am Abend nach dem Abstecher zu den Ruinen von Memphis an ebenjene Tür gedrängt hatte.
    Der Kuss, der wundervolle Kuss. So zärtlich und verspielt, und welch eine Offenbarung war es gewesen - so, als sei nie zuvor auf dieser Welt geküsst worden.
    Und schon stürmten all die Erinnerungen, die sie zu verdrängen versucht hatte, auf sie ein und ließen ihr ganz elend werden vor sehnsüchtigem Verlangen.
    Sie hätte den Schmerz besser ertragen können, wenn er tatsächlich der Flegel wäre, als der er sich ausgegeben hatte. Doch kein Flegel hätte ihr dabei zu helfen vermocht, ihr Selbstvertrauen wiederzufinden oder sich seit langer Zeit endlich wieder normal - ja, sogar liebenswert - zu fühlen. Ein Flegel würde nicht mit dem Schirm bei ihr stehen und sie vor der Sonne schützen. Er würde nicht mit dem Baby spielen, zu später Stunde den Jungen Geschichten erzählen und sich von dem Mungo als Spielwiese benutzen lassen. Ein Flegel brächte es nicht fertig, dass er von allen geliebt wurde.
    So auch von mir, dachte sie. Wie dumm ich doch bin.
    „Daphne.“
    Sie blickte auf und erwartete fast, niemanden dort zu entdecken, war ihr Wunsch, ihn zu sehen, schließlich so stark gewesen, dass sie meinte, sich den Klang seiner tiefen Stimme nur eingebildet zu haben.
    Doch nein. Er stand in der offenen Tür, den Kopf leicht zur Seite geneigt, da der Türsturz etwas zu niedrig für ihn war. Der Wind hatte sein dickes dunkles Haar zerzaust. Seine Augen funkelten verschmitzt. Sie musste daran denken, wie er im Dunkel des Kerkers fröhlich gepfiffen hatte, Angst und Gefahr ins Gesicht gelacht hatte, als seien sie einzig dazu da, ihn zu belustigen.
    Nun wurde ihr bewusst, dass er Tag für Tag auch die Dunkelheit aus ihr vertrieb. Jeder Tag, den sie mit ihm verbracht hatte, veränderte sie. Durch ihn war sie mehr sie selbst geworden, hatte gelernt, sich wieder zu lieben und sich zu vertrauen. Mit ihm war Leidenschaft keine Schande mehr, sondern pures Vergnügen.
    Ich liebe dich, dachte sie.
    Nachdem er sie eine Weile angesehen hatte, huschte ein Lächeln um seine Mundwinkel. „Ah“, sagte er. „Schon besser.“
    „Was ist besser?“
    Er kam herein und schloss die Tür.
    „Du weißt schon“, meinte er.
    „Sie sollten die Tür nicht schließen“, erwiderte sie, derweil ihr Herz, frivoles Ding, in freudiger Erwartung pochte.
    „Du schaust mich in dieser T’ala-heneh-Art an“, sagte er.
    „Tue ich nicht“, log sie. Ihre Begierde pochte in ihrem Herzen und pulsierte in ihrem Blut: T’ala heneh. Komm her.
    „Warum nur habe ich dann vergessen, warum ich eigentlich gekommen bin?“ Er ließ sich neben sie auf den Diwan sinken. „Es war immens wichtig. Aber dieser Ausdruck in deinem Gesicht hat mich alles andere vergessen lassen.“ Er griff nach dem Notizbuch, das ihr aus der Hand geglitten war, als sie ihn gesehen hatte. „Vielleicht fällt es mir ja wieder ein. Was beschäftigt dich heute? Aber wahrscheinlich sollte ich besser fragen, wer dich beschäftigt, sehe ich hier doch ein Paar kryptischer Kartuschen.“
    „Kein Paar“, entgegnete sie brüsk. Sie saßen zu dicht beieinander. Er hätte die Tür nicht schließen sollen. An Deck stimmte die Mannschaft ein schwermütiges Liebeslied an. „Die Kartuschen stammen von zwei verschiedenen Orten.“
    So wie sie beide, rief sie sich ins Gedächtnis. Sie kamen aus verschiedenen Welten. Sie würde in der ihren bleiben und sich von ihm fernhalten müssen. Das wusste sie sehr wohl.
    Und doch rückte sie näher und deutete auf die Seite, während sie sprach, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre. Er konnte es auch so sehen, und eigentlich war es ganz einfach. „Das hier oben ist die Ptolemäus-Kartusche vom Rosettastein, das darunter die Kleopatra-Kartusche von Mr. Bankes Obelisk.“ Sie war ihm zu nah. Sein Geruch drang ihr in die Nase und umnebelte ihren Verstand.
    Er hob den Blick von dem Notizbuch und sah sie an. Sie sollte den Blick abwenden und sich konzentrieren, sonst würde er ihr am Gesicht ablesen können, was sie wollte, jeden verwegenen Gedanken, jedes verrückte Gefühl. Doch sie konnte den Blick nicht von ihm wenden. Sie wollte mit den Fingerspitzen die Konturen seines Gesichts nachzeichnen und ihre Wange an die seine schmiegen.
    „Über die Bildzeichen hast du Buchstaben geschrieben“, stellte er fest.
    „Ratespiele“, meinte sie.

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