Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)
Geschichte ohne Dramatik, eine Geschichte, wie sie sich in jenem Herbst in allen Internaten der Welt sicherlich hundertmal zugetragen hatte. Zwei junge Menschen, die spürten, daß sie zusammengehörten, schafften es, den Anfang zu machen. An diesem Abend küßte Bill sie nicht, aber noch bevor die Woche um war, stahlen sie sich wieder zum Strand hinunter, und da schliefen sie dann miteinander. Ein anderes Mädchen hätte vielleicht Angst bekommen, weil alles so schnell ging, und hätte versucht, vorsichtig zu sein, aber Bridget hatte weder Angst noch ein schlechtes Gewissen und kein Bedürfnis, vernünftig zu sein. Sie und Bill waren füreinander bestimmt.
Die Friedensrichterin schwieg und nickte Matt zu. Er griff hastig in seine Tasche, nahm die Ringe heraus und hielt sie der Friedensrichterin auf schweißfeuchter Handfläche hin. Sie nahm sie und gab einen Bridget, einen Bill.
… als äußeres und sichtbares Zeichen der Liebe …
Vor dem Hinuntergehen hatte Bridget sich die Hände mit Vaseline Intensivpflegelotion eingecremt, Bill sollte kein Problem haben, wenn er ihr den Ring überstreifte. Sie hatte ja zugenommen, seit sie die Ringe gekauft hatten. Doch Bill meisterte die Aufgabe mühelos.
… alle anderen zu verlassen und einzig an ihr festzuhalten? …
In wenigen Sekunden würden sie und Bill wahr und wahrhaftig verheiratet sein. Sie wünschte, ihre Geschichte wäre einfach gewesen, klar und einfach von ihrer ersten Begegnung bis zu diesem Tag. Aber es war anders gekommen, die »kleine Betriebsstörung«, von der Jerry in seiner Rede gesprochen hatte, war erst nach über zwanzig Jahren behoben.
Der Gedanke, daß Bill ihr untreu werden könnte, war ihr nie gekommen. Er war der aufrichtigste Junge, der ihr je begegnet war. Sie war wie betäubt gewesen, als sie im Frühjahr ihres ersten Studienjahres seinen Brief bekommen hatte. Er schrieb, er habe sich in eine andere verliebt, ein Mädchen namens Jill. Ungläubigkeit wurde zur bleiernen Gewißheit, während Bridget den Brief immer wieder las, sicherlich ein dutzendmal, denn niemals hätte Bill, ein guter, anständiger Mensch, Bridget solchen Schmerz bereitet, wenn die Sache für ihn nicht eindeutig gewesen wäre. Wenn Bill schrieb, daß er sich in ein anderes Mädchen verliebt hatte, dann war es so.
Bridget hatte für theatralische Übertreibung nichts übrig, aber wenn sie sich an diese Zeit erinnerte, kamen ihr unweigerlich Worte wie »niedergeschmettert«, »katastrophal«, »Desaster« und »lebensmüde« in den Sinn.
Sie schrieb Bill nicht zurück. Ihre Mutter und ihre Zimmergenossin drängten sie, nach Vermont zu fahren, wo Bill studierte, und ihn zur Rede zu stellen, aber Bridget wollte nicht betteln. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß sie an Bills Tür klopfen und in seinem Zimmer die Frau namens Jill vorfinden würde, die er jetzt liebte. Sie war überzeugt, daß sie eine solche Begegnung nicht überleben würde; daß ihr, wenn doch (denn natürlich würde sie überleben), etwas auf immer verlorenginge. Die Erinnerung? Das Vertrauen? Die Fähigkeit, an die Liebe zu glauben?
Sie hatte also schweigend gelitten. Sie lag tagelang im Bett, die Decke über den Kopf gezogen; lief nachts durch die dunklen Straßen und wünschte, jemand würde sie überfallen. Sie erinnerte sich, daß sie fast nichts essen konnte, daß die Wochenenden besonders unerträglich waren, wenn sie Freunden und Verwandten erklären mußte, warum Bill nicht mitgekommen war. Am schlimmsten war der Schmerz über die verlorene Zukunft. So lange hatte sie mit den Vorstellungen von ihrer Gemeinsamkeit – der Hochzeit, dem Haus, dem ersten Kind – gelebt, daß ihr war, als wäre eine andere Zukunft unmöglich. Und natürlich weinte sie. Sie weinte so viel, daß sie wochenlang Kopfschmerzen hatte.
In der Bibliothek schob sie Bill den Ring an den Finger und sagte: Ja. Wie er .
Sie bemerkte, daß sich Josh jetzt neben Bill aufgestellt hatte, und hoffte von Herzen, sein Gesang werde nicht so peinlich sein, daß die Feier durch ihn einen blamablen Schlußakzent bekam.
Doch er hatte eine herrliche Stimme. Sie sah Bill an. Was war das für ein erstaunliches Lied?
Es störte sie jetzt nicht mehr, daß sie mit dem Rücken zu den Gästen stand. Joshs Stimme bewegte sie, weit mehr als die Worte der schlichten Feier. Dabei sang Josh italienisch. Da sie den Text nicht verstand, erfand sie sich selbst einen: Wir waren so viele Jahre getrennt, aber jetzt haben wir einander
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