Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)
Bridget.
»Und wann muß ich sie euch geben?«
»Das sagt dir die Friedensrichterin. Und wenn du ihr Stichwort verpaßt, gebe ich dir einen Schubs und zeige auf meinen Finger.«
Matt seufzte schwer.
»Es wird alles wunderbar werden«, versicherte Bridget und gab ihm einen liebevollen Klaps auf den Arm, obwohl sie gar nicht sicher war, daß Matt von der Feier, die gleich stattfinden würde, besonders begeistert war. Sie selbst zum Beispiel hätte darauf gut verzichten können. Es war nicht so, daß sie Bill nicht heiraten wollte, sie wünschte nur, sie hätte es einfach hier im Flur hinter sich bringen können. Wenn die Friedensrichterin die Trauungsformel schon vor der eigentlichen Feier sprechen konnte, warum das Ganze dann nicht gleich erledigen? Wozu ein Publikum? Doch im selben Augenblick fiel ihr Noras sorgfältige Planung ein, Robs schöne Musik, die Verwandlung der Bibliothek in einen feierlichen Raum, der auf die Trauung nur zu warten schien – also würde diese Feier auch stattfinden. Wenigstens würde es kein katholischer Gottesdienst wie bei ihrer ersten Trauung werden, das war damals ja das reinste Frühsportprogramm gewesen. Neunzig Minuten lang nichts als Stehen, Sitzen, Knien, ein unaufhörliches Auf und Nieder.
So etwas würde es bei dieser kurzen Feier nicht geben. Zehn Minuten, dann Champagner. Ja, heute abend würde Bridget ein Glas Champagner trinken. Sie wünschte, sie hätte jetzt eins.
Sie warf einen Blick zu Matts Freund Brian hinüber und lächelte. Der Junge, dessen Gesicht heute besser aussah – seine Haut wirkte wie mit Sandpapier geschmirgelt –, erwiderte das Lächeln. War er schon einmal auf einer Hochzeit gewesen? Sie würde ein Auge auf ihn haben, dafür sorgen, daß er sich nicht als Außenseiter fühlte.
»Matt.« Sie legte ihrem Sohn die Hand auf den Arm. Sie mußte unbedingt noch mit ihm sprechen. »Ich muß dir etwas sagen.«
Matt wurde blaß.
»Nein, nein«, beruhigte Bridget ihn hastig. »Es geht nicht um mich. Oder doch, eigentlich schon. Als Bill und ich uns wiedergetroffen haben, war er noch verheiratet.«
Matt schien ungeheuer erleichtert. »Aber das weiß ich doch, Mama.«
»Ich wollte damit sagen, daß Bill und ich –«
Matt hob die Hand. »Ist schon okay.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich.«
Bridget war nicht sicher, ob Matt wirklich wußte, was sie ihm hatte beichten wollen, aber es war klar, daß er nichts weiter hören wollte. Ihr war es recht. Sie hatte es versucht. Sie brauchte sich nichts vorzuwerfen.
Die Friedensrichterin berührte kurz Bridgets Ellbogen, zum Zeichen, daß es Zeit war, aus dem Flur in die Bibliothek zu treten. Bridget und Bill würden als erste hineingehen, dann kämen Matt und Brian und zum Schluß die Friedensrichterin. Bridget bekam Herzklopfen, und ihre Hände begannen zu zittern. Sie mußte die Lippen zusammenpressen gegen das Zittern, und prompt überfiel sie eine Hitzewallung. Die Röte schoß ihr zuerst ins Gesicht, dann breitete sie sich über Hals und Schultern aus. Bridget spürte die Hitze in den Achselhöhlen. Das Kostüm würde hinüber sein. Aber das machte nichts. Sie haßte dieses Kostüm sowieso. Sie sorgte sich, daß man den Einschnitt des Miederhöschens durch den Stoff des Rocks hindurch sehen könnte. Warum mußten sie und Bill überhaupt mit dem Rücken zu den Gästen stehen? Sie würden vielleicht von ihrer Perücke abgelenkt werden, die hinten am wenigsten überzeugend war.
Als sie in die Bibliothek trat, sah sie in der ersten Reihe ihre Mutter und ihre Schwester sitzen. Beide lächelten, und ihre Schwester winkte ihr kurz zu. Sie waren rechtzeitig zum Mittagessen angekommen, hatten es unter heftigem Klagen über die abenteuerliche Fahrt und den unmöglichen Zustand der Straßen eingenommen, wobei hinter der übertriebenen Aufregung wohl das Bemühen stand, an Bridgets Hochzeitstag auf keinen Fall das Wort »Krebs« auszusprechen. Es schien eine beinahe mittelalterliche Macht zu besitzen, hatte Bridget gedacht, bei den Menschen Furcht hervorzurufen. Sie wußte kaum ein anderes Wort, das es ihm gleichtun konnte. Terrorist ? Nein, zu unpersönlich. Atomkrieg ? Nein, zu allgemein. Tod? Zu abgedroschen, zu abstrakt. Es vermittelte nicht das Gefühl langsamen, qualvollen Verfalls. Unheilbar ? Ja, vielleicht. Eine Möglichkeit.
Beim Mittagessen hatte ihre Schwester zugegeben, daß sie unbedingt noch die Outlets aufsuchen wolle, ehe sie in den Gasthof zurückkehrte, um ihr Haar zu richten. Bridgets Mutter,
Weitere Kostenlose Bücher