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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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Wir sprachen kein Wort. Und machten keine Umstände. Wir schliefen einfach miteinander - leidenschaftlich und verzweifelt ... zwei arbeitslose Theaterleute mittleren Alters in einem schäbigen Hotelzimmer.
    Es war später Nachmittag. Schatten tauchten auf dem Teppichboden des Zimmers auf. Immer noch hatte keiner von uns beiden ein Wort gesagt. Wir standen wohl beide noch unter dem Schock dessen, was geschehen war.
    Schließlich sagte Tony: »Weißt du, Schwedenmädel, seit ich dich vor all diesen Jahren zum ersten Mal gesehen habe, habe ich erfolglos versucht, dich zu verführen - und jetzt tauchst du hier auf und verführst mich.«
    »So war es aber nicht, Tony.«
    »Wie war es denn?«
    Ich antwortete nicht. Ich wußte es auch nicht. Wir hatten irgendwie beide die Kontrolle verloren. So etwas konnte man nicht erklären. Vielleicht war das die Romantik des mittleren Alters. Ich blickte auf den Teppich, wo meine hastig hingeworfenen Kleider lagen.
    »Warum bist du hergekommen, Alice?«
    »Ich brauche deine Hilfe, Tony.«
    »Wie du siehst, bin ich im Moment niemandem eine große Hilfe.« Er streckte seine Hand aus und streichelte mein Profil. »Ich habe dich immer geliebt, Schwedenmädel.«
    Ich wollte nichts davon hören. Was zwischen uns geschehen war, war Leidenschaft oder Verzweiflung oder Blödsinn oder alte Zuneigung - aber es hatte nichts mit Liebe zu tun.
    Ich streckte meine Hand aus und holte den kleinen Umschlag aus Manilapapier aus meiner Tasche, den ich aus dem Retro-Ordner genommen hatte. Darin befanden sich kleine Abzüge der Fotos der Opfer - mit Beschriftung.
    Ich legte sie einzeln, ohne bestimmte Reihenfolge, auf die Decke, unter der wir lagen.
    »Was machst du da? Wer sind diese Leute?«
    »Tote, Tony. Sie sind alle tot. Sie sind alle von einem Verrückten umgebracht worden, der an jedem Tatort eine Spielzeugmaus für die Katze des Opfers hinterlassen hat.«
    Tony sah mich ungläubig an. Er nahm ein Foto, dann das nächste.
    »Ich brauche wirklich unbedingt deine Hilfe«, bat ich ihn.
    Und dann erzählte ich ihm alles, was man bisher herausbekommen hatte. Er hörte mir aufmerksam zu. Wir waren beide wieder völlig tugendhaft geworden, wie wir da nackt in diesem Hotelbett lagen. Vollkommen tugendhaft.
    Als ich meine Geschichte beendet hatte, fügte ich hinzu: »Ich weiß, daß es dir im Moment ziemlich dreckig geht, Tony, aber ...«
    Er unterbrach mich fast heftig: »Na sag schon, was soll ich für dich tun?«
    »Ich habe eine Liste aller Verwandten und Freunde der Opfer, die von der Polizei verhört worden sind. Ich möchte, daß du zu ihnen gehst, und sie dazu bringst, dir irgend etwas zu erzählen, das sie der Polizei verschwiegen haben. Ich muß einfach mehr über diese Leute erfahren, Tony ... Kleinigkeiten oder wichtige Fakten. Verstehst du?«
    »Und was hast du vor?«
    »Ich werde noch einmal ganz von vorne anfangen - oder ganz hinten. Ich werde an den letzten Tatort gehen - in die Wohnung der Tyre-Brüder.«
    Er setzte sich ruckartig auf und suchte vergeblich nach einer Zigarette. Dann drehte er sich zu mir um, und ich sah den Ausdruck von Furcht, aber auch von Liebe auf seinem Gesicht. »Ich weiß nicht, was mit uns passiert ist, Alice, und ich weiß nicht, warum es passiert ist, aber ich bin sehr glücklich. Weißt du, wie ich das meine? Es ist, als ob wir beide wieder mit dem Theater-Workshop angefangen hätten - wie damals, als die Zukunft noch vor uns lag, mit all ihren Möglichkeiten. Kannst du dich noch an all diesen Unsinn erinnern, Schwedenmädel, an all das Gerede von Schönheit und Wahrheit und Authentizität? Weißt du, was ich meine?«
    Ich sammelte die kleinen Abzüge ein. Ja, ich wußte genau, was er meinte. Und ich war mir sicher, daß er mir helfen würde. Aber was nun eigentlich wirklich zwischen uns passiert war, im Bett - nun, das war ein ungeklärter Fall.

8
    »Wie lange soll das denn noch dauern?« fragte Arcenaux ungeduldig.
    Sein Ton riß mich aus meinen Tagträumen. Ich hatte darüber nachgedacht, wie nah meine Theorien wohl der Wahrheit kamen: daß die verschwundenen Katzen neben der Spielzeugmaus die einzige Gemeinsamkeit aller Mordfälle waren; und meine Überzeugung, daß die Daten des FBI-Agenten nur in der Hinsicht bedeutsam waren, weil sie, von der Jahreszeit und der Dauer her, mit dem Fruchtbarkeitszyklus der Katzen und ihrem Trächtigkeitszeitraum übereinstimmten. Vielleicht waren die Katzen ja gar nicht verschwunden. Vielleicht waren sie wirklich bei

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