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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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Staubtüchern an Haken und einem Stapel Teller auf dem Boden des Schrankes.
    Es waren sehr alte, angeschlagene Teller mit großem, ausgeblichenen Tulpenmuster.
    Ich lächelte traurig. Wenigstens war dies der erste Hinweis darauf, daß die Brüder auch normale Seiten gehabt hatten. Diese Teller waren ein Zeichen von Sentimentalität.
    Hatten diese Teller ihrer Mutter gehört? Alt genug waren sie bestimmt.
    Ich ging in die Hocke und nahm vorsichtig den ersten Teller von dem Stapel.
    Dann trat ich erstaunt einen Schritt zurück.
    Zwischen dem Teller, den ich abgehoben hatte, und dem nächsten Teller auf dem Stapel lag ein Blatt.
    Ich nahm es auf. Nein, es war kein einzelnes Blatt. Es waren drei Blätter aufeinander, die an den Stielen durch ein dickes rotes Gummiband zusammengehalten wurden.
    Das war sehr seltsam. Ich kannte natürlich diese alte, romantische Methode, Blätter zwischen den Seiten eines Buches zu pressen. Aber zwischen Tellern? Ich nahm den zweiten Teller hoch. Da war ein weiteres Bündel Blätter. Und noch eines! Zwischen allen Tellern lagen ähnliche gepreßte Blätter.
    Sonderbar. Hatte Jack Tyre Blätter gesammelt? Aber er war doch ein Angestellter beim Gartenamt. Er arbeitete in einem Büro in der alten Waffenfabrik. Aber auch wenn er Blätter sammelte, warum sollte er sie dann zusammenbinden und pressen?
    Ich stellte die Teller zurück, nahm eines von den Blattbündeln und ging zurück zu meinem Sessel. Ich setzte mich und drehte das Bündel in meinen Händen. Es war genau wie all die anderen. Obenauf ein Gingkoblatt. Dann ein Eichenblatt. Zuletzt kam ein Blatt, das wahrscheinlich von einem Ahorn stammte. Und sie waren alle mit diesem dicken roten Gummi zusammengebunden .
    Ich saß da und drehte die Blätter in meiner Hand.
    Ich hielt sie in das Morgenlicht. Sie waren wunderschön! Es war ein wundervoller Strauß. Mit dem roten Gummi wirkten die Blätter wie ein Liebesgruß zum Valentinstag.
    Ich grinste, als mir endlich klar wurde, was ich da betrachtete. Ein Valentinsgruß. Ein Liebesbrief. Jemand hatte Jack Tyre diese Blätter geschickt. Sie waren für ihn wirklich Liebesbriefe, und deshalb hatte er sie zwischen den alten Tellern seiner Mutter gepreßt.
    Und was sollte das? Was hatte das zu bedeuten? Weder der Mörder noch die Polizei hatten die Blätter gefunden, und falls sie sie gefunden hatten, hatten sie ihnen keine Bedeutung beigemessen. Was hatte ein merkwürdiges Blattsträußchen mit einer Spielzeugmaus, einer verschwundenen Siamkatze und all den anderen Mordfällen zu tun?
    Ich hörte, wie die Tür geöffnet wurde. »Sind Sie soweit? Sind Sie fertig?« bellte Arcenaux.
    Ich steckte das Blattsträußchen in meine Tasche. Es war besser, die Spur dieser Blätter weiterzuverfolgen, gleichgültig, wie absurd sie auch waren, als Stunden bei Retro zu verbringen und mich - die komische Katzenlady - dem Spott der anderen Mitarbeiter auszusetzen. Außerdem konnten mich diese Blätter irgendwohin führen. Genauso wie Basillio. Und alles, was dieser Computer herausfinden würde, war doch letztlich das, was dieser komische Zwerg namens Bert Turk ihm herauszufinden auftrug.
    »Ich bin fertig«, sagte ich, und wir verließen die Wohnung.

9
    Das Telefon klingelte, als ich mich gerade auszog, um ins Bett zu gehen. Es war früh für meine Verhältnisse, so gegen zehn Uhr. Aber es war ein langer Tag gewesen. Bushy lag schon auf meinem Kopfkissen, völlig erschöpft von einem Tag, den er schlafend auf dem Teppich im Wohnzimmer verbracht hatte.
    Es war meine Agentin. Sie sagte, daß eine japanische Filmgesellschaft eine Sendung über die Rezeption des Kabuki-Theater bei Theaterleuten im Westen produzieren würde. Ob ich interessiert sei. Es gäbe auch ein kleines Honorar. Ich sagte, ich sei nicht interessiert. Sie meinte fröhlich: »Okay. Ich melde mich wieder.« Und das war’s.
    Acht Minuten später rief Basillio an. Der Klang seiner Stimme am anderen Ende der Leitung beunruhigte mich. Er hörte sich an, als ob er angerufen hätte, um meine Meinung zu dem zu hören, was in diesem Hotelbett passiert war. Was waren wir denn: ein Liebespaar? Nein. Mir war immer noch nicht klar, was passiert war und was als nächstes passieren würde, wenn überhaupt etwas passierte.
    »Ich habe jemanden gefunden, den du kennenlernen solltest, Alice. Er möchte dich sofort treffen.«
    »Jetzt?«
    »Er heißt Karl Bonaventura.«
    »Jill Bonaventuras Mann?«
    »Nein. Ihr Bruder.«
    »Komm mit ihm vorbei«, rief ich und legte

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