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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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endlich, was es verdient: einen geistesgestörten Schwätzer, der sich von Allah dazu auserkoren hält, über Seinen Namen zu wachen.
    Das klingt sehr vernünftig. Wieso bin ich nicht selbst darauf gekommen?
    Wen wird er zu seinem Stellvertreter ernennen?
    Bin ich auf einer Konferenz von Militärs oder in einer Dorfmoschee?
    Ich werde das Wort Gott bei mir zu Hause verbieten.
    Wer hätte gedacht, dass in dieser Uniform ein theokratisches Genie steckt?
    Könnten wir vielleicht jetzt mit der Tagesordnung weitermachen? Wir haben gerade die gewählte Scheißregierung gestürzt, wie zum Teufel wollen wir dieses Land regieren? Soll Allah herabsteigen und durch die beschissenen Straßen patrouillieren?
    Der Einzige, der seine Gedanken aussprach, war General Akhtar. Er war früher Mittelgewichtsboxer gewesen. Vielleicht war es die Stammesherkunft des glatt rasierten Mannes, die ihm so viel soldatische Würde verlieh, dass er auf jedem der fünf Kontinente hätte geboren sein können und dennoch General geworden wäre. Seine kriegerische Haltung und seine Begabung, Vorgesetzte um den Finger zu wickeln, war so legendär, dass er einem beliebten Grabenwitz zufolge durch Arschkriecherei eine ganze feindliche Einheit hätte außer Gefecht setzen können.
    Die anderen Männer stellten das Nachdenken ein und beugten sich vor, um General Akhtar zu lauschen. „Durch Allahs Gnade haben Sie das Land vor dem Abgrund der Zerstörung gerettet, durch Allahs Gnade haben Sie das Land gerettet, als die Politiker dabei waren, es über den Rand in den Abgrund zu stoßen. Ich will …“ Er unterbrach sich, da er beinahe „Gott“ gedankt hätte. Er faltete seine Boxerhände ehrerbietig über der grünen Mappe. „Ich will Allah danken und unserem vorausschauenden Stabschef, dem Allah die Weisheit geschenkt hat, die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit zu treffen.“ Er blickte in die Runde, bevor er fortfuhr. „Danken möchte ich auch unseren am Tisch versammelten vortrefflichen Oberkommandierenden, die den Putsch entsprechend den Befehlen unseres Führers so ordnungsgemäß durchgeführt haben, dass nicht eine einzige Kugel abgefeuert und kein einziger Tropfen Blut vergossen werden musste.“
    Plötzlich verschob sich das Gleichgewicht der Macht im Raum, und alle acht Männer gelangten ungeachtet ihrer verschiedenen Vorlieben, was Whisky, Frauen und englische Akzente anging, zu dem gleichen Schluss: General Akhtar hatte sie alle geschlagen. Sie hätten diese Worte sprechen müssen. Die nach Rosen duftende Luft im Konferenzraum fühlte sich auf einmal abgestanden an. General Beg putzte sich die Nase und steckte das Taschentuch ein.
    Man ging zu den Punkten der Tagesordnung über, zu den drängenden Problemen: Man musste die Landesgrenzen sichern, eine legale Rechtfertigung für den Putsch finden und vertrauenswürdige Politiker gewinnen, die das Militärregime unterstützen würden. General Zia versäumte es nicht, auf die Annehmlichkeiten hinzuweisen, die auf sie zukamen: „Ich brauche Gouverneure für die Provinzen, ich brauche Minister für die Ministerien. Auf wen könnte ich zählen, wenn nicht auf die Experten an diesem Tisch?“
    Die Männer erhoben sich und verließen beruhigt den Raum, aber keiner vergaß die Botschaft ihres Anführers. In den kommenden elf Jahren traten viele der Generäle in den Ruhestand. Einige wurden danach Provinzgouverneure, andere einfach durch Jüngere ersetzt. Zwei Punkte, die nicht einmal auf der Tagesordnung standen, überdauerten jeden Aufstand, der folgte: General Akhtar blieb bis zu seinem Tode General, und sämtliche Namen Gottes wurden aus dem nationalen Gedächtnis getilgt, als wäre ein Wind durchs Land gefegt und hätte sie davongeweht. Harmlose, vertraute Namen: das persische Khuda, das stets so praktisch für Ghazal -Dichter war, da es sich fast auf alle operativen Verben reimt; Rab, den die Armen in der Stunde ihrer Not anriefen; Maula, den die Sufis bei ihren Haschischsitzungen besangen. Allah hatte sich neunundneunzig Namen gegeben. Sein Volk hatte sich noch viele mehr geschaffen. Doch nun setzte ein langsames Aussterben all dieser Namen ein. Sie verschwanden vom offiziellen Briefpapier, aus dem Freitagsgebet, aus Leitartikeln, aus den Gebeten von Müttern, von Grußkarten, aus Gedenkschriften, von den Lippen der Quizmaster

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