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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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versprechen, niemals auf den Koran zu schwören, auch wenn ich die Wahrheit sage. Ganz besonders nicht, wenn ich die Wahrheit sage“, erkläre ich müde. Meine Finger fühlen sich taub an auf dem Samteinband des Koran.
    â€žIhr Vater hat in seinem ganzen Leben nie gebetet.“
    â€žDas stimmt, Sir, aber er war ein sehr spiritueller Mensch. Er achtete den Heiligen Koran und zog ihn nie in weltliche Angelegenheiten hinein“, sage ich, während ich mich frage, wie es Colonel Shigri gefallen hätte, als spiritueller Mensch beschrieben zu werden.
    Der Colonel hatte eine hektische spirituelle Phase durchgemacht, in der er seine Whiskysitzungen aufgab und stattdessen die Nächte damit verbrachte, im Koran zu lesen. Und er hatte mir wirklich verboten, jemals auf das Heilige Buch zu schwören. Doch sein Ausflug in die Spiritualität dauerte nicht lange genug, um zu klären, ob es sich – mit seinen eigenen Worten – um einen „Wandel oder nur eine Abwechslung“ handelte. An dem Morgen, als man ihn an seinem eigenen Bettlaken am Ventilator erhängt auffand, lag sein Koran aufgeschlagen auf dem Schreibtisch in seinem Arbeitzimmer.
    Deckenventilator.
    Bettlaken.
    Aus den Höhlen hervorquellende Augen.
    Der Colonel wog eine verdammte Tonne. Was war mit den physikalischen Gesetzen?
    â€žManche Menschen bestehen darauf, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln.“ Der 2. OIC nimmt mir den Koran aus der Hand und legt ihn zurück auf den Ständer.
    â€žIch weiß es wirklich nicht, Sir, aber das heißt ja nicht, dass ich Ihnen nicht helfen könnte, es herauszufinden“, sage ich in dem verzweifelten Versuch, ein eigenes Überraschungselement ins Spiel zu bringen.
    â€žVerd …“, hebt er an, bevor ihm einfällt, dass er in einer Moschee ist.
    â€žRaus mit euch und vor der Moschee antreten!“, schreit er die Stärkeopfer an.
    â€žIch weiß nicht, warum der Kommandant den ISI hinzuziehen will“, sage ich. „Wie Sie wissen, Sir, ist Obaid mein Freund, und ich will ebenso sehr wie Sie herausfinden, wieso und wohin er verschwunden ist“, sage ich und stampfe über alles hinweg, was Sunzi einen angehenden Krieger lehrt.
    â€žHalten Sie die Klappe!“, bellt er. „Ich bin an Ihren Gefühlen nicht interessiert.“
    Er tritt ins Freie und nimmt sich die Kadetten in Weiß vor.
    â€žIhr macht das Haus Gottes zu einer verdammten Spielhölle …“

    E in Gutes haben Besuche in der Moschee. Sie vermögen sogar hartgesottene Sünder wie mich zu beruhigen. Alles liegt nun in Seiner Hand, wie Colonel Shigri in seiner religiösen Phase zu sagen pflegte.
    Die zweite Nacht in der Zelle, und ich fühle mich schon ganz wie zu Hause. Das Abendessen wird serviert. Ich stecke dem Erstsemester einen Fünf-Rupien-Schein zu und mache mich über Hühnchencurry, Reis und Gurkensalat her. Als ich fertig bin, ist der Kadett auch schon mit einer Flasche Cola und zwei Gold-Leaf-Zigaretten zurück. Ich leere die Flasche in zwei langen Zügen und stecke mir eine Gold Leaf an. Die andere hebe ich mir für später auf.
    â€žHaben Sie irgendwelche Zeitschriften hier?“, frage ich den diensthabenden Kadetten.
    Er verschwindet und kommt mit einem ein Jahr alten Reader’s Digest zurück. Ich hatte auf etwas weniger Intellektuelles gehofft. Allerdings geht es natürlich auch nicht, dass Gefangene ihre eigenen Unterhaltungsmedien auswählen. Der Kadett vom Dienst bringt mein Essenstablett weg und vergisst, mir die Streichhölzer abzunehmen. Dieser Trottel wird sicher eines Tages vor dem Kriegsgericht enden.
    Ich drücke die Gold Leaf aus, lege Schuhe, Gürtel und Hemd ab und richte mich für die Nacht ein. Als Erstes lese ich Humor in Uniform . Nichts besonders Lustiges dabei. Die einzige abgebildete Frau findet sich in einer schwarzweißen Fotoreportage über Nancy und Ronald Reagan mit der Überschrift Als sie jung waren . Ihr Gesicht sah schon mit achtundzwanzig aus wie der Hintern einer alten Katze. Die Zensoren der Akademie haben ganze Arbeit geleistet, indem sie ihre inexistenten Brüste mit schwarzem Filzstift übermalt haben. Selbst in schweren Zeiten wie diesen überspringe ich die Fotos und beginne eine gekürzte Fassung der BBC-Dokumentation Flucht aus Colditz zu lesen.
    Zwischendurch unterbreche ich, um meine Situation mit der von Leutnant Anthony Rolt zu vergleichen. Ganz

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