Eine Koelner Karriere
Zeichnungen von Bayros. Dahinter bot sich dem Auge ein schwarzgekacheltes Minischwimmbad mit Whirlpool und Duschnische dar, die Schwarze Lagune in ihrer ganzen düsteren Schönheit. Eine kurze Treppe, halb unter einem schweren schwarzen Samtvorhang begraben, schien den Zugang zum eigentlichen Garten der Lüste zu bilden. Gedämpft, über dem aufgeregten Rauschen des Whirlpools kaum hörbar, drang animierende Popmusik an Markeschs Ohr.
»Willkommen in der Black Lagoon«, begrüßte ihn die verblühte Domina mit einer rauchigen Stimme, wie sie nicht einmal Zarah Leander in ihren besten Tagen gehabt hatte. »Sind Sie zum erstenmal bei uns zu Gast?«
»So ist es – und ich hoffe, ich kann für immer bleiben!«
»Wir schließen um sechs Uhr morgens«, meinte sie ohne jeden Funken Humor. »Aber bis dahin werden unsere Damen alles tun, um Sie zu verwöhnen. Die Stunde im Separée kostet zweihundert Mark, Getränke extra, plus eine Wäschepauschale von dreißig Mark. Die Pauschale ist sofort fällig.«
Sie bückte sich und zauberte unter der Rezeption einen kurzen weißen Bademantel und ein großes Handtuch hervor.
»Zahlen Sie bar oder mit Kreditkarte?«
»Kredit ist was für Arme«, brummte Markesch und raschelte mit seinem Banknotenbündel. Mit spitzen Fingern zog er einen Fünfziger heraus und ließ ihn auf den roten Samt flattern. »Der Rest ist für Sie. Seit ich meine abbruchreifen Häuser als Asylantenheime an die Stadt vermiete, kann ich das Geld gar nicht so schnell ausgeben, wie es hereinkommt.«
Er lachte dröhnend. Die Domina fiel mit wogendem Altweiberbusen ein; offenbar war ihr Humor geldfixiert.
»Unsere Damen werden Ihnen beim Geldausgeben schon unter die Arme greifen«, meinte sie optimistisch. »Nebenan können Sie sich umziehen und ihre Sachen im Spind verstauen. Die Spinde sind diebstahlsicher – aber lassen Sie Ihren Schlüssel nicht unbeaufsichtigt herumliegen. Zu den Damen geht’s dann die Treppe hinauf.«
»Heißen Dank, schöne Frau«, log Markesch galant, klemmte sich das Wäschebündel unter den Arm und verschwand im Nebenraum.
Die meisten Spinde waren unbenutzt, aber das wunderte ihn nicht. Gewöhnlich füllten sich derartige Etablissements erst um Mitternacht, wenn die Freier abgefüllt genug waren, um ihre AIDS-Angst und die daheim wartende Ehefrau zu vergessen. Er zog sich aus, schlüpfte in den Bademantel, deponierte Geld, Erpresserfoto und Kleidung im Spind und verschloß ihn. Der Schlüssel war praktischerweise an einem Kettchen befestigt; er hing ihn sich um den Hals, warf das Handtuch über die Schulter und ging ins schwarzgekachelte Minibad.
Einen Moment blieb er am Ufer der Schwarzen Lagune stehen und spähte mißtrauisch in die schaumig strudelnden Wassermassen, liftete dann entschlossen den Saum des Bademantels und stieg hinein. Das Wasser war handwarm und reichte ihm knapp bis zu den Hüften. Mit vier, fünf großen Schritten watete er ans jenseitige Ufer, und für einen Moment kam er sich tatsächlich wie das Ungeheuer der Schwarzen Lagune vor: monströs und von unheiligen Gelüsten erfüllt, gierend nach dem Fleisch unschuldiger Blondinen.
Jenseits des schwarzen Samtvorhangs lockte die Musik. Er zog den Vorhang zur Seite – und stand im Garten der Lüste.
Entlang einer verspiegelten Bar, die mit ihren endlosen Flaschenbatterien wie geschaffen war, um an ihr in glückseliger Trunkenheit die Ewigkeit zu verbringen, posierten rund zwei Dutzend Schöne der Nacht in Seidentangas, Spitzenhöschen und – natürlich – Strapsen. Es war ein Bild wie aus dem Wunschkatalog eines emanzipationsgeschädigten Erotomanen, der Archetyp der totalen weiblichen Verfügbarkeit. Einen Moment lang fühlte er sich wie ein kleines Kind in einem riesengroßen Bonbonladen, von der schieren Vielfalt der bunten Köstlichkeiten förmlich erdrückt, doch dann fiel ihm ein, daß er nicht zum Vergnügen hier war.
Er gab sich einen Ruck und trat an die Bar.
Zwei schwarzhaarige Nymphen mit naiven Gesichtern und kalten, geschäftstüchtigen Augen rückten sofort an ihn heran. Sie sahen so jung und unschuldig aus, als hätten sie am Morgen noch die Schulbank gedrückt, aber so, wie sie sprachen, mußten sie die Unschuld schon vor Jahrzehnten verloren haben.
»Hallo, Süßer«, gurrte die eine und drückte ihm ihre spitzen Brüste gegen den Arm, »wie wär’s mit einem kühlen Drink für zwei heiße Mädchen?«
»Oder mit einem kleinen Abstecher ins Separée?« schlug die andere vor und lüftete
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