Eine Koelner Karriere
an seine Augen und ließ sie leicht hin und her pendeln, als wollte sie ihn noch zusätzlich hypnotisieren. »Wie hast du’s denn gern?« fragte sie mit kunstvoll kehlig klingender Stimme. »Magst du’s Französisch?«
»Meine Fremdsprachenkenntnisse beschränken sich auf das schottische Wort für Lebenswasser«, sagte er, während seine Pupillen, wie von einem eigenen Willen beseelt, dem suggestiven Pendeln der rosa Nippeln folgte. »Aber ansonsten bin ich zu allem bereit.«
»Oder soll ich dir erzählen, wie es ist, wenn ich’s mit mir selbst mache?« gurrte sie. »Oder wie es war, als ich entjungfert wurde?«
»Klingt nach einem abendfüllenden Thema«, sagte er freundlich zu ihren hypnotischen Brüsten und mußte sich beherrschen, um nicht in das Stadium eines Säuglings zurückzufallen. »Aber leider werde ich heute abend noch auf dem Frühlingsfest der Nervenärzte erwartet. Die Kollegen von der Psychofront wählen die Miß Medizinball 1993. Ich dachte, unsere gemeinsame Freundin Astrid Pankrath wäre die richtige Kandidatin für den Job. Sie geht doch immer noch mit ihrer Krankenschwesternummer auf Freiersfang, oder?«
Das Pendeln hörte abrupt auf. Denise wich zurück, entzog ihre Brüste seinem reduzierten Blickfeld, rollte auf die Seite und griff nach der Champagnerflasche.
»Astrid?« sagte sie gedehnt, während sie die beiden Gläser füllte. »Woher kennst du Astrid?«
»Wir haben einen gemeinsamen Freund«, log er spontan. »Trucker. Ich hab’ eine Weile mit ihm die Zelle geteilt. Als ich vor ein paar Tagen entlassen wurde, meinte er, ich soll mich um seine Freundin kümmern. Er im Knast, und sie allein in der großen, feindlichen Welt … Er macht sich Sorgen um sie. Große Sorgen.«
Denise reichte ihm das perlende Glas Champagner und sah ihn über den Rand ihres eigenen Glases hinweg forschend an. »Du hast mit Trucker zusammen im Knast gesessen?«
»Auf der Schneepiste ausgerutscht.« Markesch nickte. Er nippte an seinem Glas und verzog das Gesicht; entweder wurden in der Champagne neuerdings auch Zuckerrüben gekeltert, oder an der Flasche war nur das Etikett echt. »Trucker muß noch ein paar Monate absitzen, und da ich der einzige Knacki mit vertrauenerweckendem Gesicht war, hat er mich ausgeguckt, für seine Liebste zu sorgen. Ich hab’ schon in Nippes nach ihr gesucht, aber die Wohnung an der Niehler Straße steht leer.«
»Ich habe Astrid schon seit über einem halben Jahr nicht mehr gesehen«, sagte sie reserviert. »Ich kann dir nicht helfen. Tut mir leid.«
»Gibt es sonst vielleicht jemand, den ich fragen könnte? Eine Freundin, die Putzfrau, vielleicht ihren Gesundheitsberater von der AOK? Jeder Tip wird von mir sofort vergoldet.«
Er wartete, aber sie sagte nichts, sah ihn nur an. Er schenkte ihr sein bewährtes Wenn-du-mir-nicht-vertrauen-kannst-dann-kannst-du-niemand-mehr-vertrauen-Lächeln und stellte den Zuckerschampus auf das Tischchen.
»Wenn ich sie nicht finde, wird Trucker verdammt enttäuscht sein«, fügte er hinzu. »Und ich möchte ihn nicht enttäuschen.«
»Sicher«, sagte Denise. »Ich kenne Trucker. Niemand enttäuscht ihn zweimal.« Sie griff nach ihrer Straps- und Seide-Kombination und schlüpfte hinein. »Vielleicht gibt es tatsächlich jemand, der dir weiterhelfen kann.«
»Der AOK-Berater?«
»Ein gemeinsamer Freund«, erklärte sie und wandte sich zur Tür. »Wenn ich telefoniert habe, wissen wir mehr.«
»Tausend Dank. Und bring mir auf dem Rückweg einen Scotch mit. Doppelt, ohne Eis und ohne Soda.«
Sie warf ihm ihr routiniertes Von-mir-bekommst-du-alles-was-du-willst-Lächeln zu und verschwand durch die Tür. Markesch verschränkte zufrieden die Hände hinter dem Kopf und gratulierte sich ausgiebig zu seiner eigenen Schlitzohrigkeit.
Der Einfall, sich als Truckers Knastbruder auszugeben und sich so Denises Vertrauen zu erschleichen, war in seiner Schlichtheit geradezu genial. Mit ein wenig Glück hatte er den Fall schon morgen gelöst und die zehntausend Mark Erfolgsprämie in der Tasche.
Ein paar Minuten später kehrte Denise mit dem doppelten Whisky zurück. Erleichtert griff er nach dem Glas und spülte den Zuckergeschmack hinunter, den der falsche Champagner hinterlassen hatte. Aber es gelang ihm nur halb. Die klebrige Süße war verschwunden, doch dafür hatte er jetzt einen bitteren Belag auf der Zunge. Offenbar war auch der Scotch gepanscht. Barbarisch.
»Nun?« fragte er, als Denise nichts sagte. »Wie sieht’s aus?«
»Noch
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