Eine Koelner Karriere
nicht überanstrengt«, erwiderte er mit völlig untypischer Rücksichtnahme, die er dem segensreichen Einfluß des Gartens zuschrieb. Oder dem Scotch, den er im Café Regenbogen gekippt hatte. »Ich habe sowieso nur ein paar Fragen an Sie.«
Er zog den Stuhl heran und setzte sich. Während er die Geschichte abspulte, die er sich zurechtgelegt hatte – daß er für eine große, überregionale Tageszeitung an einem Artikel über den Kölner Klüngel arbeitete, im Zuge seiner Recherchen auf belastendes Material gegen Walter Kress gestoßen war und es für seine Bürgerpflicht hielt, dem unseligen Treiben dieses Mannes ein Ende zu machen –, bereute er seinen Besuch bereits. Ganz gleich, wie sehr Schrattner Walter Kress hassen mochte – in seinem Zustand war er kaum in der Lage, ein aufwendiges Erpressungsmanöver zu inszenieren.
»Das Problem ist Kress’ Einfluß«, schloß er. »Natürlich könnte ich das belastende Material veröffentlichen, aber damit ist nichts gewonnen. Kress hat schon manchen Skandal überstanden. Vielleicht wird er auch diesen überstehen.«
»Sie sollten es trotzdem tun. Steter Tropfen höhlt den Stein, wissen Sie.«
»Möglich.« Er nickte. »Aber ich dachte, vielleicht könnten Sie mir helfen. Es muß noch mehr Schmutz geben, dunkle Punkte in Kress’ Vergangenheit, menschliche Schwächen, die nur Insidern wie Ihnen bekannt sind. Ich bin bereit, meinen Informanten unbedingten Quellenschutz zu gewähren.«
Er wartete, doch Schrattner sagte nichts.
»Ich habe bereits mit Zosch gesprochen«, fügte Markesch hinzu. »Leider wollte – oder konnte – er mir nicht helfen. Er fürchtet Kress’ langen Arm.«
Schrattner lachte kurzatmig, röchelte dann, spuckte blutigen Speichel aus. »Zosch war schon immer ein Feigling, ohne Rückgrat. Ein Karrieretyp für Schönwetterperioden. Schlägt ihm Widerstand entgegen, zieht er sofort den Schwanz ein.«
»Immerhin hat er versucht, gegen Kress zu putschen …«
»Unsinn! Er hat versucht, seine politische Position zur Bereicherung zu mißbrauchen, wie die meisten anderen meiner ehemaligen Kollegen aus dem Stadtrat.«
»Sie meinen die Geschichte mit der Mehrzweckhalle?«
Schrattner nickte. »Zosch propagierte das Konzept einer Investorengruppe, an der sein Schwiegervater beteiligt war. Hätte er sich durchgesetzt, wäre die Familie um ein paar Millionen reicher geworden.«
»Aber Zosch behauptet, nichts von der Beteiligung seines Schwiegervaters gewußt zu haben. Außerdem hätte dessen Investmentanteil nur ein paar hunderttausend Mark betragen …«
Schrattner gab erneut sein kurzatmiges, in rasselnde Atemnot übergehendes Lachen von sich. »Seien Sie nicht so naiv, junger Mann. Die Mehrzweckhalle war ein reines Zosch-Projekt. Gut getarnt, aber nicht genug für die scharfen Augen von Walter Kress. Zosch war sein politischer Ziehsohn. Muß schmerzlich für ihn gewesen sein, als der sich als mißraten entpuppte und in seinem eigenen Revier wilderte.«
Markesch runzelte irritiert die Stirn. »Das Zerwürfnis hatte also keine politischen Hintergründe? Es war kein Machtkampf, hier der korrupte Kress – da der ehrliche Politeinsteiger Zosch?«
»Zosch ist genauso korrupt wie Kress, und das war das Problem. Sehen Sie, in dieser Stadt sind die Pfründe seit Jahren verteilt. Städtische Aufträge werden immer an dieselben Unternehmen vergeben, die zufälligerweise von der Kress-Clique beherrscht werden.« Schrattner hustete. »Öffentliche Bauprojekte, die Rechtsvertretung der Stadt Köln, die lukrativen Versicherungsverträge mit den Stadtwerken, die Instandhaltung der Rheinbrücken … alles fest in Kress’ Hand. Zosch wollte an die Pfründe ran, und Kress hat ihn fertiggemacht.«
»Aber der innerparteiliche Putsch …«
»Quatsch«, röchelte Schrattner. »Der Putsch war ein reiner Sturm im Wasserglas. Er brachte ihm immerhin eine gute Presse – und darauf kam es ihm wohl an. Als er merkte, daß er gegen Kress keine Chance hatte, verbündete er sich mit ein paar frustrierten, finanziell zu kurz gekommenen Hinterbänklern im Stadtrat und spielte den Anti-Filz-Kämpfer, um von seinen eigenen Klüngeleien abzulenken. Eine billige Politshow, sonst nichts.«
Sieh an, dachte Markesch. Dann ist es nicht verwunderlich, daß Zosch nicht offen gegen Kress antreten will. Vielleicht fürchtet er nicht nur bürokratische Schikane, sondern auch, daß Kress weitere schmutzige Details aus seinem kurzen Wirken in der Politik enthüllt. Aber vielleicht hat
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