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Eine Koelner Karriere

Eine Koelner Karriere

Titel: Eine Koelner Karriere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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entlocken. Die Vorstellung, daß in Köln kriminelle Orthopäden ihr Unwesen trieben und nichtsahnenden Patienten die Gehwerkzeuge amputierten, schien den jungen Mann mehr zu erschüttern, als der Verkehrssicherheit guttat – als sie nach rasender Fahrt und einer mörderischen Gewaltbremsung vor dem Café Regenbogen hielten, hatte Markesch ein halbes Dutzend Mal dem Unfalltod ins Auge gesehen.
    Mit bleichem Gesicht und zitternden Knien zahlte er und stieg aus.
    »He, Mann, brauchen Sie mich heute noch?« rief Junior ihm nach.
    »In ein paar Minuten. Aber nur, wenn Sie mir versprechen, sich in Zukunft deutlich unterhalb der Lichtgeschwindigkeit zu bewegen.«
    Der Taxifahrer lachte. »Alles klar, Mann. Ich zieh mir nur ’nen Big Mac rein und bin gleich wieder da. Passen Sie bloß auf Ihre Füße auf!«
    Er hupte fröhlich und brauste mit rauchenden Reifen Richtung Sülzburgstraße davon, wo die Sülzer Filiale von McDonald’s die Armen und die Reichen gleichermaßen mit Fast Food abspeiste. Markesch wandte sich schaudernd ab und stiefelte zum Café, um seinen Temposchock mit einem dreifachen Whisky zu bekämpfen, doch das Regenbogen hatte sich auf gespenstische Weise verändert: Die breite Fensterfront war mit grüner Folie verklebt, der Neonregenbogen über dem Eingang abmontiert, und ein handgeschriebener Zettel an der ebenfalls verklebten Tür verkündete, daß das Café »wegen Totalrenovierung und Neuorientierung« für eine Woche geschlossen blieb.
    Markesch stöhnte auf.
    Die Renovierung! Er hatte sie völlig vergessen!
    Wie sollte er jetzt zu seinem Scotch kommen? Wo sollte er seine Klienten empfangen? Warum blieb ihm eigentlich nichts erspart?
    Er spähte durch eine Ritze in der grünen Folie, aber ein ganzer Berg von blauen Müllsäcken versperrte ihm die Sicht. Prüfend rüttelte er an der Tür, und zu seiner Erleichterung schwang sie auf. Er drängte sich an den Müllsäcken vorbei, doch der Anblick, der sich ihm bot, verwandelte seine Erleichterung umgehend in Entsetzen. Die gutsortierte Bar hinter der Theke war leergeräumt, sogar seine Privatflasche Scotch war verschwunden. Die Bodenfliesen waren herausgerissen, statt Tischen und Stühlen standen überall Leitern, Farbtöpfe und Tapetenrollen herum, und von den zahllosen üppig wuchernden Topfpflanzen, die dem Regenbogen einen Hauch von Dschungelatmosphäre verliehen hatten, fehlte jede Spur.
    Selbst am unantastbaren Heiligtum des Cafés, seinem Stammtisch unmittelbar vor dem Tresen, aus guten Gründen am Boden festgeschraubt, machte sich eine haarige Kreatur im Boss-Anzug zu schaffen – der Aap, Archimedes’ Innenarchitekt. Grunzend bemühte er sich, den Tisch anzuheben, rüttelte an ihm, beschnüffelte ihn.
    »Pfoten weg von meinem Tisch!« herrschte Markesch ihn an. »Oder es geht ab ins nächste Tierversuchslabor!«
    Der Aap sprang vor Schreck auf den Tresen und gab einen ohrenbetäubenden, gutturalen Schrei von sich. In der Küche polterte es, gefolgt von einem griechischen Fluch, dann stürzte Archimedes in den Raum. Wild sah er sich um.
    »Theo mu! Was ist passiert?«
    Der Aap deutete auf Markesch und grunzte eine langatmige Anklage.
    »Ist schon in Ordnung«, beruhigte ihn Archimedes. »Das ist Markesch. Er gehört zum Inventar. Und du«, fuhr er Markesch an, »hörst sofort auf, meinen Innenarchitekten zu quälen. Der Aap ist Künstler. Er ist sensibel.«
    Der Aap wackelte zustimmend mit dem haarigen Kopf, schien aber dem Frieden nicht ganz zu trauen, denn er schwang sich eilends vom Tresen und trabte mit über den Boden schleifenden Händen in die Küche, vielleicht, um sich mit einem Sack Erdnüsse zu trösten.
    »Wo ist mein Scotch?« fragte Markesch. Er schob den Griechen grob zur Seite und beugte sich suchend über die Theke, fand aber nur Staub und ein paar traurige Spirituosenflecken. Wütend richtete er sich wieder auf. »Ein eklatanter Fall von Mundraub! Ich verlange, daß man mir sofort meinen Scotch zurückgibt!«
    »Malaka, was ist los mit dir? Probleme bei deinen Ermittlungen?« Archimedes griff hinter den Müllsackberg, zauberte eine angebrochene Flasche Whisky hervor und drückte sie ihm in die Hand. »Hier, Filos. Du solltest mehr Vertrauen zu deinen Mitmenschen haben.«
    »Seit ich mit diesem Overkill-Taxi fahre, kann ich das Wort Vertrauen nicht mal mehr buchstabieren.« Er stärkte sich mit einem großen Schluck und berichtete mit knappen Worten über seinen Besuch in der Spedition und die Schmuggelware im

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