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Eine Koelner Karriere

Eine Koelner Karriere

Titel: Eine Koelner Karriere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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den Kölner Klüngel arbeitete.
    »Frau von Bohlen, wie ich Ihnen schon telefonisch sagte, geht es in meinem geplanten Artikel um …«
    »Walter Kress.« Sie sprach den Namen ohne jede erkennbare Gemütsregung aus. Als hätte sie statt ihres Mannes den Haß auf Kress begraben. »Aber warum kommen Sie zu mir? Alles, was ich zu Walter Kress zu sagen habe, habe ich bereits vor einem Jahr gesagt. Als er meinen Mann getötet hat.«
    »Ihr Mann hat Selbstmord begangen«, erinnerte er.
    »Kress hat ihn trotzdem getötet«, widersprach sie mit verstörender Leidenschaftslosigkeit. Sie setzte sich ihm gegenüber auf die Kante eines anderen Stuhls, die Beine geschlossen, den Rücken kerzengerade, und sah ihn mit großen, leeren Augen an. »Er hat Ludwig ruiniert, ins Gefängnis gebracht und in den Selbstmord getrieben«, bekräftigte sie mit derselben irritierenden Ruhe. »Walter Kress trägt die Alleinschuld am Tod meines Mannes.«
    »Ihr Mann hat giftigen Sondermüll als normalen Hausmüll deklariert und seiner Firma damit Millionen an Entsorgungskosten gespart. Ich sehe nicht, was Walter Kress …«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Entsorgung erfolgte mit Genehmigung der Stadtverwaltung. Ludwig hat nichts Verbotenes getan. Wenn ihm etwas vorzuwerfen ist, dann seine Naivität. Seine Arglosigkeit.«
    »Er soll den zuständigen Sachbearbeiter geschmiert haben.«
    »Wußten Sie, daß Kress und mein Mann Jugendfreunde waren?« fragte Corinne von Bohlen, ohne auf seine Bemerkung einzugehen, ohne ihn im eigentlichen Sinne anzusprechen, als würde sie nur in ihren Erinnerungen kramen. »Kress wäre ohne die Hilfe meines Mannes nie das geworden, was er heute ist. Er kam aus der Gosse, während mein Mann der Sproß einer angesehenen Kölner Familie war. Ludwig hat ihm den Weg geebnet, ihm die Verbindungen verschafft, die gesellschaftlichen Kontakte, die ihm den Aufstieg erst ermöglicht haben. Auch die Ehe mit seiner Frau Lieselotte hat Kress nur Ludwig zu verdanken. Lieselotto, wie Kress im Scherz immer sagte.
    Aber es war kein Scherz. Sie war für ihn tatsächlich eine Art Lottogewinn. Ihre Familie war reich, alteingesessen, das richtige Sprungbrett für seine Karriere, aber ohne Ludwigs Fürsprache hätte ihn Lieselottes Familie nie akzeptiert. Und zum Dank … zum Dank …«
    Ihre Stimme verlor sich. Markesch wartete auf ihre Tränen. Tränen wären die richtige Reaktion gewesen, doch er wartete vergeblich. Statt dessen lächelte sie wieder: schattenhaft, ausdruckslos.
    »Zum Dank hat er meinen Mann vernichtet«, beendete sie ruhig ihren Satz. »Aber all das spielt keine Rolle mehr. Nichts spielt eine Rolle …«
    »Vielleicht doch. Mein Artikel über Kress könnte helfen, Ihren Mann zu rehabilitieren …«
    »Rehabilitieren?« wiederholte sie. »Wozu? Es ist zu spät, mein Mann ist tot. Damals hätte ihm die Presse helfen können, als ihm der Prozeß gemacht wurde. Die Presse hätte die Lügen dieses Beamten aufdecken können, der behauptete, daß er von meinem Mann bestochen wurde, um die Gießereiabfälle als normalen Müll zu deklarieren. Aber mein Mann hat niemand bestochen. Es war eine Lüge. Eine Verschwörung.«
    Sie ist verrückt, dachte Markesch, paranoid. Der Tod ihres Mannes hat sie um den Verstand gebracht.
    »Warum hätte der Beamte lügen sollen? Er hat sich selbst belastet, sich nur geschadet. Soweit ich weiß, wurde er wegen passiver Bestechung verurteilt und von der Stadt entlassen. Es ergibt keinen Sinn.«
    »Er bekam nur Bewährung und eine Geldstrafe. Und was die Entlassung betrifft – wissen Sie, wo er jetzt arbeitet?«
    Markesch schüttelte den Kopf.
    »In einer Firma, die einem von Kress’ Freunden gehört. Er verdient jetzt doppelt oder dreimal soviel wie bei der Stadt. Und ich bin überzeugt, daß Kress auch die Geldstrafe für ihn bezahlt hat.« Sie stand auf und trat ans Fenster, als wollte sie hinausschauen, aber sie schob die Vorhänge nicht zurück. »Es war ein abgekartetes Spiel. Mein Mann hat für die Abfallentsorgung keine Bestechungsgelder zahlen müssen. Der zuständige Beamte war Kress’ Mann, Kress’ Parteifreund. Er tat, was Kress ihm sagte. Jahrelang wurden die Genehmigungen von ihm anstandslos erteilt.«
    »Aber warum …«
    »Mein Mann besaß einige Grundstücke am Stadtrand, zwischen Bocklemünd und Pulheim. Billiges Brachland. Kress wollte die Grundstücke für wenig Geld kaufen, doch mein Mann fand heraus, daß es im Bauausschuß geheime Pläne gab, das Gelände in wertvolles

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