Eine königliche Affäre
Gärtner des Waisenhauses beleidigt und sauer auf sie war, seit sie seine dreisten Annäherungsversuche zurückgewiesen hatte, schockierte es sie, dass er keine Skrupel hatte, seinem Frust auf diese perfide Weise Ausdruck zu verleihen.
Sie liebte ihren Job. Nicht wegen des Verdienstes, denn der war mehr als spärlich, sondern, weil sie auf diese Weise Kindern helfen konnte, die ihre Unterstützung und Liebe brauchten.
Ihre eigene kostbare Jugend hatte sie damit vergeudet, dass sie stets versuchte, mit den richtigen Leuten gesehen zu werden, in den richtigen Outfits den angesagten Partys und Events nachzujagen und eine gute Zeit zu haben. Und je mehr ihr despotischer und kontrollsüchtiger Vater versucht hatte, sie zu bändigen, desto toller hatte sie es getrieben.
Cassie hätte den Gefängnispsychologen nicht dafür gebraucht, ihr klarzumachen, warum sie sich so benommen hatte. Sie wusste es von der Sekunde an, als sie erfuhr, wofür ihr Geburtstag stand. Auf jeden Fall war es kein Festtag. Das hatte sie bereits in ihrer freudlosen Kindheit lernen müssen, in der es nicht eine Geburtstagsparty für sie gab.
Doch die Ironie des Ganzen wurde ihr erst bewusst, als sie vor Gericht stand und erfuhr, dass sie nicht nur ihren Vater, sondern auch ihre Mutter getötet hatte. Und zwar am Tag ihrer Geburt, weil sie auf die Welt kam …
Cassie drückte Sam ganz fest an sich. Ihr Herz quoll über vor Liebe zu ihrem kleinen Sohn. „Wir reden darüber, wenn Mummy zurück ist, einverstanden? Ich werde nicht lange weg sein, mein Schatz. Aber ich bin mit … einem Bekannten zum Lunch verabredet.“
Sam machte sich frei und schaute neugierig zu ihr auf. „Mit wem? Kenne ich ihn?“
Cassie schüttelte den Kopf und verstrubbelte sein dichtes schwarzes Haar. „Nein, du hast ihn nie getroffen“, erklärte sie und fühlte einen Stich im Herzen bei dem Gedanken, dass er seinen Vater wohl auch nie sehen würde. „Er ist eine sehr wichtige Persönlichkeit hier in Aristo … der zukünftige König.“
Sams Augen wurden groß und rund. „Kann ich dir ein Bild mitgeben, das ich gemalt habe, damit er es in seinem Palast aufhängt?“, fragte er schüchtern. „Glaubst du, er würde sich darüber freuen?“
Cassie zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde. „Das könnte ich mir sehr gut vorstellen.“
Sam grinste und stob davon. Kurz darauf erschien er mit einer farbenfrohen Zeichnung, auf der Cassie einen Hund, eine Katze und, mit viel Fantasie und Wohlwollen, noch ein Pferd erkennen konnte. Sorgfältig faltete sie das Blatt und verstaute es in ihrer Tasche.
„Wenn es ihm gefällt, kann ich ihm ja noch eins malen“, schlug Sam vor.
„Eine großartige Idee“, murmelte Cassie und verzichtete darauf, ihrem Sohn zu sagen, dass sie Sebastian nach dem heutigen Treffen wohl nie wiedersehen würde. Stattdessen umfasste sie seine kleine Hand und brachte ihn zu Sophie zurück, seiner Lieblingsbetreuerin, die schon vorsorglich ein Puzzle vorbereitet hatte, mit dem sie ihren Schützling gleich ablenken wollte.
Cassie drückte ihren Sohn noch einmal an sich, gab ihm einen Kuss und wechselte einen schnellen Blick mit Sophie, ehe sie ruhig den Raum verließ.
Der Palast wirkte im Tageslicht nicht weniger einschüchternd als in der Dunkelheit der Nacht. Durch sein prachtvolles Äußeres und die exponierte Lage mit Blick über die Bucht von Apollonia, des Casinos und des Hafens von Messaria wirkte die königliche Residenz fast wie ein Wahrzeichen.
Jedes Mal, wenn Cassie aus ihrem Zellenfenster im Gefängnis die funkelnden Lichter in der Ferne sah, dachte sie an den wachsenden Reichtum des Königreiches Aristo und daran, wie es unter der Ägide von König Aegeus, Sebastians Vater, zum Paradies der Schönen und Reichen wurde.
Erst als Cassie direkt vor den hohen schmiedeeisernen Toren des Palastes stand, fiel ihr ein, dass Sebastian ihr nicht gesagt hatte, wie sie überhaupt ins Innere gelangen konnte. Doch ihre Sorge war unbegründet, da sie bereits von Stefanos, Sebastians treuem Diener, erwartet wurde. Nach einem gedämpften Wortwechsel mit den Wachposten führte er sie auf dem gleichen Weg durch den Palast wie am vorherigen Abend, allerdings in einen Tagessalon, der einen fantastischen Blick über die Gartenanlage bot.
„Seine Hoheit wird in Kürze bei Ihnen sein“, wurde sie steif informiert, dann zog Stefanos sich zurück und schloss die Tür.
Cassie schaute sich neugierig um. Vor einem der großen Fenster des elegant
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