Eine königliche Affäre
Kennst du die Geschichte?“
„Ja, die kenn ich“, erwiderte sein Vater mit belegter Stimme. „Sie heißt Cinderella.“
„Genau!“, rief Sam aufgeregt aus. „Ist Daddy nicht unglaublich klug, Mummy? Er kennt die gleichen Geschichten wie du.“
„Ja, mein Liebling, er ist wirklich sehr klug.“
Wenige Minuten später erhob sich Sebastian langsam von Sams Bettkante. Sein Sohn schlief tief und fest. Sein Atem ging gleichmäßig, und auf den kindlichen Zügen lag ein Ausdruck absoluter Zufriedenheit.
Als Cassie ans Bett trat und sich vorbeugte, um Sam auf die Stirn zu küssen, leuchtete ihr Gesicht vor Liebe, und Sebastian fühlte, wie seine Kehle ganz eng wurde bei dem Gedanken, was sie alles allein hatte durchmachen müssen.
„Hast du noch einen Moment Zeit?“, fragte er sie, sobald sie das Kinderzimmer verlassen hatten.
Cassie, deren Herz einen unverhofften Sprung machte, lächelte mit verhaltenem Spott. „Nichts habe ich mehr als Zeit, Seb. Du bist derjenige, der neuerdings Tag und Nacht beschäftigt ist.“
Er seufzte. „Verstehe … du fühlst dich also vernachlässigt. Aber dass ich momentan hier und nicht im Palast wohne, bedeutet nicht, dass ich meiner Pflichten enthoben bin und bis in die Nacht hinein arbeiten muss, da der Tag vornehmlich Sam gehört. Und jedes Mal wenn ich vor dem Zubettgehen in dein Zimmer schaute, hast du bereits geschlafen.“
„Du bist nachts in mein Zimmer gekommen?“, fragte sie verblüfft und spürte ein seltsames Ziehen im Magen.
Sebastian lächelte schief. „Warum überrascht dich das so, Caz? Ich dachte, ich hätte dir deutlich genug gezeigt, wie sehr ich dich will.“
Verlegen senkte sie den Blick. „Ja, aber ich nahm an, du … du hättest deine Meinung inzwischen geändert … oder so etwas …“
„Mein Problem ist nur, was ich mir am meisten wünsche, kann ich nicht haben, agapi mou “, sagte er leise und legte ihr die Hände um die Taille.
Unsicher blinzelte sie zu ihm auf. „Aber ich habe doch nie erwartet, dass es für immer ist, Seb.“
„Ich weiß“, gab er rau zurück. „Und das stört mich am allermeisten. Du und Sam … ihr verdient aber etwas, das für immer ist, und kein gestohlenes Glück auf Zeit.“ Es war nicht zu übersehen, wie er mit seinen Emotionen kämpfte, und instinktiv legte Cassie ihm eine Hand auf die Wange. Sebastian legte seine darüber und schloss gequält die Augen.
„Du bist ein fantastischer Vater“, sagte Cassie sanft. „Und Sam liebt dich sehr.“
„Und ich ihn. Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr.“
„O doch, mir ergeht es ja nicht anders.“
„Ich muss dir etwas zeigen, Cassie. Sie sind erst heute Nachmittag angekommen.“
Hand in Hand legten sie den Weg bis in sein Arbeitszimmer zurück, wo Sebastian ihr die Kopien aller Fotos aus den Alben zeigte, die sie ihm überlassen hatte. Sie steckten in kostbaren Lederalben, und auf jedem prangte das Wappen der königlichen Familie von Karedes.
Vor Überraschung und Rührung konnte sie zunächst keinen Ton hervorbringen und fuhr nur zaghaft mit der Fingerspitze über die eingeprägten und in Gold gelegten Insignien. Es zeigte ihr, wohin ihr Sohn wirklich gehörte und wohin sie ihm niemals würde folgen können …
„Na, was denkt du?“, fragte Sebastian stolz.
Ganz langsam hob sie den Blick, und als Cassie sprach, klirrte ihre Stimme wie Eis. „Ich denke, dass du systematisch versuchst, mich aus dem Leben meines Sohnes auszuschließen.“
„Wovon redest du?“, fragt er bestürzt. „Diese Alben sind für dich, Caz. Ich habe für mich einen zweiten Satz machen lassen.“
Unwillig verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Und wo sind die Originale?“
„Die habe ich entsorgt. Wie du mir erzählt hast, waren sie schon ziemlich alt und hätten sich ohnehin bald aufgelöst.“
Cassie ballte ihre Hände zu Fäusten. „Dazu hattest du kein Recht!“, warf sie ihm vor und kämpfte mit den Tränen. „Ich habe so hart dafür gearbeitet, mir diese Alben überhaupt leisten zu können! Weißt du eigentlich, wie ich mich jetzt fühle?“
„Ich glaube, ich beginne langsam zu verstehen …“, erwiderte er ernst und streckte eine Hand nach ihr aus, doch Cassie schüttelte vehement den Kopf und wich vor ihm zurück. „Cassie, obwohl du selbst so wenig besitzt, hast du trotzdem versucht, Sam alles zu geben, worauf ein Kind Anspruch hat. Es tut mir schrecklich leid, dass ich so unsensibel war … kannst du mir verzeihen?“
Nicht zum ersten Mal
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