Eine Krone für Alexander (German Edition)
Hephaistion
zu ihm: „Weißt du, dass du manchmal ein arroganter Arsch sein kannst?“
Am nächsten Tag traf ein Bote aus Asien in Olympia ein.
Artaxerxes Ochos, König der Könige, Herr aller Länder vom
Hellespont bis zum Indus, von Armenien bis herunter nach Ägypten, war tot.
Vergiftet von dem Chiliarchen, dem höchsten Würdenträger seines Reiches, einem
Eunuchen namens Bagoas. In einem schrecklichen Blutbad hatte der Königsmörder
fast die gesamte königliche Familie ausgelöscht. Nur den jüngsten Sohn, den
zwanzigjährigen Arses, hatte er verschont und zum neuen Großkönig ausrufen
lassen. Doch die wirkliche Macht lag in den Händen des Chiliarchen, und jeder
fragte sich, wie lange es dauern würde, bis er auch Arses aus dem Weg räumen
ließ.
Der alte Ochos hatte Ägypten zurückerobert, Aufstände und
Rebellionen niedergeschlagen und das Reich der Perser in den letzten Jahren mit
eiserner Hand zusammengehalten. Nun, da er tot war, herrschten wieder Aufruhr
und Chaos, und vielen Menschen in Griechenland erschien dies in dieser Zeit als
ein Zeichen der Götter.
10
Philipp feierte seinen Triumph im Süden mit einem monumentalen
Symposion im Palast des Archelaos. Reden wurden gehalten und Trinksprüche
ausgebracht; Tänzerinnen, Flötenspielerinnen und Akrobaten sorgten für
Unterhaltung, die Musik dröhnte, der Wein floss. Es war Langaros’ letzter Abend
in Pella. Am nächsten Morgen würde er in seine Heimat zurückkehren, und er war
entschlossen, sich im Kreise seiner Freunde (und auf Kosten des Königs) zum
Abschied noch einmal so richtig volllaufen zu lassen.
„Jetzt, wo es spannend wird, verdrückt er sich“, brüllte
Proteas. Zum ungefähr zwanzigsten Mal brachte er einen Trinkspruch auf seinen
besten Freund aus, dann schleuderte er seinen Becher hoch in die Luft und schaffte
es gerade so eben noch, ihn wieder aufzufangen. Weintropfen spritzen durch die
Gegend, und Protestgeschrei wurde laut. Jemand brachte das Gespräch auf
Kassandros, dem es immer noch nicht gelungen war, einen Keiler zu erlegen, und
der daher zur allgemeinen Erheiterung im Sitzen am Symposion teilnehmen musste.
„Kassandros wird es nie schaffen“, lästerte Laomedon. „Dabei
hat es sogar Harpalos schließlich hingekriegt.“
„Was heißt hier: sogar Harpalos?“, beklagte sich der Genannte und tat beleidigt. „Mein Problem besteht doch nur
darin, dass ich nicht gut zu Fuß bin. Aber mit ein bisschen Geduld und Spucke
kann man das mit dem Keiler trotzdem hinkriegen. Man muss nur warten, bis mal
einer in die richtige Richtung läuft, nämlich auf einen zu. Dann braucht man
nur noch eisern stehen zu bleiben und im richtigen Augenblick den Spieß zu
werfen ...“
„Und treffen!“, johlte Proteas.
„… und treffen. Und hin ist der Keiler. Kassandros dagegen
fängt an zu keuchen und zu japsen wie ein Fisch auf dem Trockenen.“ Harpalos
äffte Kassandros nach, und die anderen lachten sich fast tot. „Er wird es nie
schaffen.“
Je später es wurde, umso leerer wurde der Saal. Manche der
Gäste waren besinnungslos von den Klinen gerutscht, andere waren verschwunden,
und nur die Götter der Unterwelt wussten, was sie trieben. Alexander, der ebenfalls
die Wirkung des Weines zu spüren begann, lag auf seiner Kline, den Arm um
Hephaistions Schultern gelegt, der kurz vor dem Einschlafen war. Er nippte an
seiner Schale, während er die Wandmalereien betrachtete und zu raten versuchte,
welche mythologischen Szenen sie darstellten. Genau vor seiner Nase befand sich
eine leicht bekleidete Schöne, die an einen Felsen gekettet war. Im Geiste ging
er alle Jungfrauen in Not durch, die ihm aus der Mythologie geläufig waren.
Polyxena? Iphigenie? Schließlich kam er zu dem Schluss, es müsse sich um
Andromeda handeln, die ihrer Rettung durch Perseus harrte.
Theopompos tauchte auf, mit Eumenes im Schlepptau. Die
beiden ließen sich auf verlassenen Klinen in der Nachbarschaft nieder. Der Geschichtsschreiber
war rot im Gesicht und wirkte aufgebracht, während Eumenes stocknüchtern war
und wie üblich wie aus dem Ei gepellt.
„Unglaublich, was in dem anderen Saal los ist!“, ereiferte
sich Theopompos. „Die Hetairen des Königs führen sich auf wie wilde Tiere. Man
hat das Gefühl, in die Höhle von Zentauren oder Zyklopen geraten zu sein.“
Entrüstet blickte er sich im Saal um. „Und hier bei euch ist es auch nicht viel
besser!“
Die Musik dudelte, unmelodische Trinklieder waren zu hören
sowie Geschrei aus allen
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