Eine Krone für Alexander (German Edition)
handeln.
„Das Mausolleion ist nicht weniger großartig als der Zeus
des Pheidias oder der Parthenon auf der Akropolis in Athen. Wenn du einmal nach
Halikarnassos kommst, wirst du es mit eigenen Augen bewundern können.“ Dabei
blinzelte er Alexander verschwörerisch zu, denn natürlich war der alte
Bildhauer auch in politischer Hinsicht auf dem Laufenden.
Als Alexander das Herumstehen in der prallen Sonne zu viel
wurde, verdrückte er sich und besichtigte zusammen mit seinen Freunden die
Altis, den heiligen Bezirk von Olympia, mit ihren Sehenswürdigkeiten. Sie
heuerten einen der einheimischen Jungen an, die hier überall darauf lauerten,
den Touristen ihre Dienste als Fremdenführer anzudienen.
Philotas fand, die Altis sei noch mehr mit Statuen und
Denkmälern vollgestopft als Delphi und die Akropolis zusammen. „Zu den üblichen
Weihegaben kommen hier noch die Standbilder, die zu Ehren der Sieger bei den
Spielen aufgestellt werden. Das bedeutet alle vier Jahre ein paar zusätzliche
Wagenladungen Kunstwerke.“
Mit viel Geheimnistuerei lotste der Junge sie durch den Statuenwald,
um ihnen schließlich ein bronzenes Reiterstandbild zu präsentieren. „Das ist
euer König Phillip!“, behauptete er und blickte von einem zum anderen, voller
Stolz auf seine fremdenführerische Leistung.
Neugierig trat Alexander an die marmorne Basis und
entzifferte die Inschrift. Dies musste das Standbild sein, dass Philipp zur
Feier seines Olympiasieges vor vielen Jahren hatte aufstellen lassen. Alexander
rückte die erhoffte Belohnung heraus, und der Junge schleppte sie zu einer
weiteren Figurengruppe. Diesmal stand Philipp hoch auf einem Wagen, der von
vier Bronzepferden gezogen wurde.
Am Abend beim Symposion sprach Alexander seinen Vater auf
die Standbilder an.
„Stimmt, das Reiterbild habe ich gestiftet, als mein Pferd
in Olympia gewonnen hatte“, sagte Philipp. „Das war in dem Jahr, in dem du
geboren wurdest. Ich erinnere mich noch genau. In diesem Jahr hatten die
Athener die Barbaren im Norden gegen uns aufgehetzt. Wir knöpften uns erst die
Paionen und Thraker vor, danach zog Parmenion gegen die Illyrer, und ich
revanchierte mich bei den Athenern, indem ich Poteidaia belagerte. Am Abend,
bevor wir die Stadt einnahmen, erhielt ich drei gute Nachrichten auf einmal:
Parmenion hatte die Illyrer besiegt, mein Rennpferd hatte in Olympia gewonnen,
und du warst gerade geboren worden. Und darauf trinken wir jetzt! Fangen wir an
mit Parmenion und seinem Sieg über die Illyrer!“
„Auf Parmenion“, brüllten Philotas und seine beiden jüngeren
Brüder begeistert.
Alle tranken auf die Gesundheit des alten Feldherrn, der
sich sofort revanchierte. „Und auf Philipp, den Olympiasieger und Eroberer von
Poteidaia!“
Zum Schluss nutzte einer von Alexanders Freunden, Ptolemaios
oder Leonnatos, die Gelegenheit, einen Trinkspruch auf ihn auszubringen. „Und
auf die Geburt Alexanders, des Löwen von Chaironeia!“
Als sie getrunken hatten, fuhr Philipp fort: „Von da an
kannte jeder in Griechenland meinen Namen, und vier Jahre später siegte dann
auch noch mein Viergespann beim Wagenrennen.“
Jemand erinnerte an Alexander den Griechenfreund, den die
Schiedsrichter nicht zu den Spielen hatten zulassen wollen, weil sie die
Makedonen nicht als Griechen anerkannten. Der König hatte sich darauf berufen
müssen, dass seine Vorfahren aus Argos gekommen seien.
„Ja“, sagte Philipp, „es ist lange her, dass man uns
Makedonen nicht zu respektieren brauchte.“
Später am Abend machten Alexander und seine Freunde einen
Spaziergang hinunter zum Ufer des Alpheios. Auf unsicheren Beinen stolperten
sie kichernd über lockeren Sand und knirschende Kiesel und genossen die laue
Abendluft. Ptolemaios holte aus und warf einen Stein. Er schaffte es, ihn
siebenmal auf dem Wasser aufschlagen zu lassen. Dann hob er einen neuen Stein
auf und fragte Alexander: „Warum nimmst du eigentlich nicht auch mal an den
Spielen teil? Du bist doch ein verdammt schneller Läufer, sagen alle.“
„Das stimmt“, bemerkte Hektor. „Beim Wettlauf haben wir ihn
immer nur von hinten gesehen.“
„Wenn du in Olympia gewinnst, kannst du auch so ein Siegerbild
von dir aufstellen lassen“, meinte Philotas, „und wenn wir Makedonen dann so
weitermachen, stellen wir ihnen die ganze Altis voll.“
Alexander lachte. „Ich würde nur mitmachen, wenn ich gegen
Könige antreten könnte.“
Als die anderen ein Stück außer Hörweite waren, sagte
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