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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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schließlich kein Tyrann, der
solches nötig hatte. Stattdessen hielt sich ständig eine Schar junger Leute
unauffällig in seiner Nähe auf, die noch unauffälligere Dolche unter ihren
Kleidern trugen. Philipp wollte sich volksnah geben, aber er war nicht lebensmüde.
    Während die Abgeordneten berieten, sah sich Alexander die
Stadt an. Der Schauspieler Thessalos, der gerade in Korinth gastierte, machte
den Fremdenführer. Sie besuchten das Brunnenhaus der berühmten Peirene-Quelle
und probierten das kühle, kristallklare Wasser. Dann schlenderten sie über die
Agora mit ihren weitläufigen Säulenhallen. Läden reihten sich an Läden,
Werkstätten an Werkstätten, und dazwischen drängten sich Menschen aus fast
allen Ländern der Welt, darunter die in Korinth allgegenwärtigen Prostituierten
beiderlei oder keinen Geschlechts. Der Apollon-Tempel von Korinth war eine
besondere Sehenswürdigkeit. Er war einer der ältesten Tempel in Griechenland,
die weder abgebrannt noch von den Persern zerstört noch von einem Erdbeben in
Trümmer gelegt worden waren. Seine gedrungenen dorischen Säulen stemmten sich
in die Erde wie die Beine eines altgedienten Ringers.
    Später stiegen sie den steilen Weg empor zur Akropolis von
Korinth, Akrokorinth. Auf einem der beiden Gipfel erhob sich die Festung, in
der nun eine makedonische Garnison stationiert war, auf dem anderen lag das
berühmte Heiligtum der Aphrodite. Vor dem Tempel fiel ihnen eine Frau auf, die,
von zwei Dienerinnen begleitet, auf dem Altar Opferkuchen niederlegte und Wein
darübergoss. Danach schlug sie ihren Schleier zurück und hob die Hände zum
Gebet, und die Sonne fiel auf ihr rötlich braunes Haar. Ptolemaios, der eine
Schwäche für weibliche Schönheit hatte, hielt sie für eine wohlhabende Bürgerin
und erkundigte sich nach ihrem Namen. Mit anzüglichem Grinsen erklärte
Thessalos, dass sie keine Bürgerin war, sondern eine der berühmtesten Hetären
Korinths. Ihr Name war Kallixeina.
    Abends gab es wieder ein rauschendes Symposion in Demaratos’
Haus. Thessalos rezitierte Verse aus diversen Tragödien, danach sorgten die
Hetären aus der Stadt für Unterhaltung. Eine von ihnen war Kallixeina, die sie
schon auf Akrokorinth gesehen hatten. Der König unterhielt sich eine Zeit lang
angeregt mit einem der Gäste. Dionysios, ehemals Tyrann von Syrakus, lebte seit
dem Verlust seiner Macht in Korinth im Exil und bestritt seinen Lebensunterhalt
als Schreiblehrer. Die gedunsenen Züge und die rot unterlaufenen Augen
verrieten, dass er zu viel trank. Alexander hatte erwartet, dass der Extyrann Interessantes
zu erzählen hatte, doch beschränkte dieser sich den ganzen Abend darauf, in
weinerlichem Ton seiner früheren Stellung nachzutrauern und über die Ungerechtigkeit
des Schicksals zu klagen.
    Alexander stand auf und verließ den Saal, um dem Ruf der
Natur zu folgen. Vor dem Eingang stolperte er fast über Pausanias. Seit seiner
Ankunft in Korinth war Philipp offenbar entschlossen, sämtliche Hetären der
Stadt persönlich auszuprobieren, und sein Favorit fühlte sich entsprechend vernachlässigt.
Nun hockte der Junge auf der Schwelle, starrte den Mond an und tröstete sich
mit einem Krug Wein. Alexander wechselte ein paar höfliche Worte mit ihm.
    Auf dem Rückweg in den Saal fing ihn Thessalos ab. „Ich muss
dir etwas zeigen. Etwas, was dich interessieren wird.“
    Der Schauspieler schleppte ihn in den weitläufigen Garten.
Sie folgten einem gewundenen Pfad zwischen Sträuchern und Blumenkübeln
hindurch. Schon von Weitem hörten sie ein Plätschern, dann standen sie vor
einem Brunnenhaus. Aus bizarr geformten Felsbrocken hatte man eine künstliche
Grotte geschaffen, aus der das Wasser hervorquoll, ehe es sich in ineinander
verschachtelten Becken sammelte. Die Anlage war nicht groß, aber geschmackvoll
und von geschickt platzierten Lampen dezent illuminiert. In der Grotte stand
eine kleine Bronzestatue, gleich neben dem Felsen, über den das Wasser rieselte.
    „Eine Quellnymphe“, erklärte Thessalos überflüssigerweise.
„Ich habe ihren Namen vergessen, aber sie ist von Praxiteles.“
    „Tatsächlich?“ Alexander trat näher, um das Kunstwerk zu
bewundern. Das war typisch für Demaratos. Jeder andere hätte damit angegeben,
ein Werk von Praxiteles sein Eigen zu nennen, doch der alte Mann versteckte es
in einer abgelegenen Ecke seines Gartens. Alexander ließ sich auf dem
Beckenrand nieder und beugte sich vor, um im schummrigen Lampenlicht einen
besseren

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